Freitag, 31.10.2014

Phoenix III

Sich als Auschwitzüberlebenden schuldig empfinden, jene perfide Volte der Geschichte, davon wusste Primo Levi zu berichten und wenn Nelly in Johnnys Keller vom Lager erzählt, zögernd, stockend immer leiser werdend, eine Entäußerung nach innen, zu sich selbst, vergewissernd, wie ein Eingeständnis, scheint sich alles für einen Augenblick zu verkehren, sie, die sich offenbaren will, eine Last loswerden, und er, der ihr wie abwesend zuhört.

Das ist mittendrin in dieser Geschichte von Zerstörung und Deformation und was das mit einem macht. Bei Nelly anfangs die Zerstörung äußerlich noch kenntlich durch Verhüllung der erlittenen Gesichtsverletzungen, und die weiteren, die wir uns denken, und ihre Ratlosigkeit gepaart mit dem Staunen angesichts des Neubeginns, das später sich in einem fast tonlosen Fragestellen äußert, wie bei einer anderen Nelly, die noch mal 2 Jahre später von den „Wohnungen des Todes“ schreiben wird, wirkt all das bei Johnny unsichtbar, wie verloren in einer Vergangenheit, die er nicht mehr als die Seine begreifen kann, pathologisch fast, dieses nicht Erkennen wollen, nicht mehr Erkennen können, das Verdrängen des Makels der Schwäche des Verrates, als habe er seine Sinne verloren, das Riechen wie das Tasten der einst Geliebten, aber nicht den Verstand, der ihn antreibt, das Bild zu formen von Jener, die er nicht wahrhaben will.

Vom Ursprung des Gesangs heißt es, er vertreibe die Raubtiere, und wenn Nelly am Ende lauthals „speak low“ singt, ist das auch ein Hinauswachsen über sich selbst, der Gesang als Preisgabe, das laute kraftvolle Singen wird zum Rettenden, sie, die sich frei singt, von all den Zurücknahmen, den selbstauferlegten, und dem Verlust der Liebe, die Sie am Leben erhalten hat, und die dann einfach abgeht, und ihn zurück lässt, und sein Erkennen ist das Erstarren, bewegungslos, aber nicht wie das Raubtier, lauernd, sondern gelähmt hilflos, ein Verworfener.

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