Januar 2015

Mittwoch, 28.01.2015

Reklame (Veranstaltungshinweis)

Ich möchte auf eine Veranstaltung in Berlin hinweisen, am Freitag, 30.01., 20 Uhr, im Roten Salon der Volksbühne, wo Christoph Hochhäusler und Nicolas Wackerbarth (von Revolver) mit mir über »Filme über Filme« sprechen wollen und ich Video-Essays zeige, die produziert wurden von Studenten in Seminaren, die ich in den letzten Jahren an Universitäten und Filmschulen durchführte.

Hier gibt es eine längere Beschreibung; Karten kosten 8 Euro (ermäßigt 6).

Dienstag, 27.01.2015

Hier wächst Qualität für die Frische-Märkte von Reichelt

Als ob nicht meine Existenz schwer genug auf mir lastete, habe ich mir die zentnerschweren Existenzen der „Kinder von Golzow“ (Barbara und Winfried Junge, 1961–2007) aufgeladen. Es war mir nicht nach Operette. Der Reiz dieser 43-stündigen Dokumentation liegt nicht so sehr darin, dass sie über 40 Jahre lang das unerquickliche Geschäft eines Lebens in Deutschland, das Leiden und Dulden der Unteren, beobachtet, sondern in der vollkommenen Verkehrung der Voraussetzungen des Projekts. Das Projekt beginnt als ein Versuch, sozialistische Normalität und sozialistisches Ideal miteinander zu vergleichen, schönfärberisch zuweilen, oft erhellend, es endet mit der kapitalistischen Katastrophe, die auch Filmproduktion und Ästhetik mit sich reißt. Nun wird der Film zu einer radikalen Selbstrevision, er zeigt zuvor zensierte Passagen, er deckt schwierige Produktionsbedingungen auf, von einer inszenierten und – insbesondere von Hans Dumke, einem früh verstorbenen Kameramann der Defa-Wochenschau – glänzend fotografierten Geschichte wird er zu einer Folge von eiligen Improvisationen. Vor allem aber wird er Teil unserer kapitalistischen Situation, er stellt sich nicht nur mit seinen Protagonisten, sondern auch mit uns in die Schlange am Arbeitsamt. Indem Golzow kapitalistisch wird, golzowisiert sich der Film. Er hat uns Westlern dabei eine Enttäuschung voraus, er hat einen Sinn, eine Ideologie verloren. Die Ideologie in Winfried Junges Akzentuierung lautete etwa, der Aufbau des Sozialismus werde schwierig werden, nicht alles werde gelingen, aber, keine Angst, für jeden gebe es einen Platz. Mit 1989 gibt es nicht nur faktisch, sondern auch ideologisch für niemanden mehr einen Platz, für die Protagonisten nicht, für den Film nicht, auch für die Zuschauer nicht, es gibt bestenfalls befristete Stellen und ABM-Maßnahmen, es gibt nur noch Hetze und Hohlheit, und selbst da, wo zuvor gar keine tönenden Parteilosungen standen, steht nun z.B.: „Hier wächst Qualität für die Frische-Märkte von Reichelt“. Wenn Rüdiger Neumanns Zufallsfilme die äußere Schäbigkeit des Landes zeigen, zeigen die „Kinder von Golzow“ seine innere.

Sonntag, 25.01.2015

Wozu nur diese schwarze Katze?

die katze - film  juni 1968

Freitag, 16.01.2015

Lügenpresse

Das durch Nazigebrauch stigmatisierte Wort darf also nicht mehr auf eine Presse angewandt werden, die von einem Tag auf den andern aufgehört hat, Neonazis Neonazis zu nennen, als die zu Ministern und Generalstaatsanwalt ernannt wurden (ich spreche von der Ukraine); die nicht mehr auf die Maidan-Ereignisse beim Umsturz in Kiew zurückkommen wollte (die hatte jener Generalstaatsanwalt in Verwahrung genommen) und die Toten allein auf die eine (für sie richtige) Seite schaufelte; die auch den Besuch von Vize Joe Biden in Kiew im April 2014 im folgenden zu erwähnen ‚vergass’ (drei Tage vorher war der CIA-Chef dagewesen), obschon doch die provisorische ukrainische Regierung sich auf ‚amerikanische Rückendeckung’ berief, als sie daraufhin ihre Armee gegen die Separatisten in Marsch setzte; die Bilder fälschte und auf Bilderfälschung hereinfiel (bei der angeblichen ‚Schändung’ der Absturzstelle des Flugzeugs der Malaysia Airlines MH17). Etc.
Ich verwende also das Wort ‚Lügenpresse’ nicht und sage einfach: unsere politische Presse (inklusive TV-Nachrichten und Magazine) hat einseitig berichtet, immer wieder ein bisschen ‚nachgeholfen’, taktisch verschwiegen, hie und da (zum Beispiel in Talk-Shows) auch ganz schön ‚gewütet’ wie der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk vor versammelten Journalisten (so etwas wie die US-amerikanische Interessenvertretung in der Ukraine übernehmend, damit der Konflikt nicht etwa abkühle).

Samstag, 10.01.2015

Ein Mensch-Versuch

Der Regisseur schreibt an Tito: „Sehr geehrter Herr Präsident, ich wende mich an Sie mit der Bitte, mir in einem Fall zu helfen, in dem ich mir selbst nicht helfen kann.“ Wieder einmal sei einer seiner Filme verboten worden, diesmal habe es „Resni človek“ (Der General und der ernste Mensch; 1962) getroffen. „Jemandem gefalle ich nicht.“ Dabei sei sein Kurzfilm „scharf, modern, und ich schäme mich seiner nicht. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Zeit finden, um ihn anzuschauen. Das ist umso wichtiger, da man mich beschuldigt, mit diesem Film hätte ich Sie beleidigen wollen.“ Dieser und andere Briefe von Vlado Kristl finden sich in dem erfrischenden Band Noch – immer nichts. Briefe und Zeichnungen. Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen. Verbrecher Verlag. Kristls Briefe sind verspielt, kühn, traurig, prächtig, bunt. Das wunderschöne Buch bietet sie in farbigen Faksimiles, fein begleitet vom Herausgeber. Es wird am Dienstag, 13.1., im Fahimi, Berlin, Skalitzer Str. 133, 1. OG, ab 20:30 Uhr in der „Verbrecher Versammlung“ vorgestellt. Eintritt vier Euro.
Hier eine Besprechung von Dieter Wenk.


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