Donnerstag, 07.08.2008

Etwas über die Malerei

In seinem Text „Quelque chose de la peinture“, genauer: in der Fußnote 3 dieses Texts, findet André S. Labarthe, ein launiger, eigensinniger und lesenswerter Autor, einen schönen Vergleich. Es geht um eine Szene aus Clouzots Film LES DIABOLIQUES: Einer Frau, die zusammen mit einer Komplizin den Mann getötet hat, der den beiden das Leben unerträglich machte, erscheint nun, später im Film, genau dieser Mann. Ihre Hand geht zum Herzen, die Augen weiten sich, der Mund öffnet sich zum erstickten Schrei. Dann bricht sie leblos zusammen. Sie ist gestorben, und zwar daran, wie Labarthe schreibt, dass „vor ihren Augen das Unmögliche stattgefunden hat“. Er fügt noch hinzu, dass in diesem Fall weniger der Herzinfarkt als vielmehr die Überraschung als Todesursache angesehen werden müsse. In der Fußnote versucht Labarthe diesen Tod dann nochmals anders zu fassen. Es sei ein „algebraischer Tod“, der daran denken lasse, dass der Ruin eines multinationalen Konzerns durch die Verschiebung eines Kommas verursacht werden könne.

[André S. Labarthe: Quelque chose de la peinture, in: Ders.: Du premier cri au dernier râle, Crisnée: Éditions Yellow Now 2004, S. 57-68]

Ein Kommentar zu “Etwas über die Malerei”

  1. Stefan Pethke schreibt:

    Das Kurzresummé stellt die Handlung von LES DIABOLIQUES anders dar als ich sie in Erinnerung habe, zumindest unvollständig: Der Mord am Mann, halb Unfall, halb in der Tat Erlösung von tyrannischer Herrschaft, ist fingiert. In Wirklichkeit sind nicht die beiden Frauen Komplizinnen, sondern der Mann und dessen Geliebte, die -von der Herzschwäche der Ehefrau wissend- den Schock eines Wiedergänger-Erlebnisses für die Gattin inszenieren, weil sie sich denken können, wie deren Körper auf diese Zumutung reagieren wird. Paul Meurisse und Simone Signoret machen gemeinsame Sache gegen Véra Clouzot (den ermittelnden Kommissar gibt Charles Vanel, in einer Nebenrolle tritt Michel Serrault auf).
    In einer Dokumentation über LE SALAIRE DE LA PEUR (oder über Clouzot im allgemeinen? ungenaue Erinnerungen…), in dem Véra Clouzot ebenfalls unter der Regie ihres Mannes ihr anstrengendes Filmdebüt gibt (Dreharbeiten in unwirtlicher Gegend mit heißem Klima; sie macht ihre Stunts ungedoubelt etc.) wird dann auch auf die Pikanterie hingewiesen, dass Véra Clouzot bereits 1960, nur 47-jährig, stirbt. An Herzversagen. Sie hat ausschließlich in Filmen ihres Ehemannes mitgewirkt.
    Entsprechend wäre den abstrakten, täterlosen Deutungen eines Labarthe hinzuzufügen: Eine besondere Rolle bei Todesfällen (nicht nur bei wirklichen oder ausgedachten Gewaltverbrechen) spielen Männer mit Ehrgeiz.

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