Geständnisse
Etwa in der Mitte des Films geht ein leises, aber deutlich vernehmbares Raunen durch das West-Berliner Kino: Eben war eine Episode in der CIA-Parallelhandlung als „West-Berlin, Neunzehnhundertsoundsoviel“ eingeführt worden. Sam Rockwell – „Dangerous Mind“ – ist als Gameshow-Erfinder Chuck Barris wieder unterwegs in geheimer Mission. Wenig später robbt er durch eine Art unterirdischen Schützengraben rüber in den Osten. Dort liegt Schnee, er trifft seinen Verbindungsmann Rutger Hauer, in den tristen Straßen steht eine ganze Reihe von Wartburgs und Trabants. Vorher allerdings, noch in West-Berlin, gibt es einen
// Schnitt //
in einen Bierkeller: Stimmengewirr, gute Laune, eine dralle Bierzensi stemmt mehrere massähnliche Krüge durch das („urige“, würde man wohl sagen) Steingewölbe. Genau hier raunt das Publikum, als fühle es sich schlecht behandelt, weil das abrufbare Berlin-Bild des Zuschauers natürlich keine Maßkrüge oder Bierzensis vorsieht. Die Irritation, die aus dieser Regelverletzung folgt – unabhängig davon, ob dies „gewollt“ oder ein produktionstechnischer Unfall ist wie die Digitaluhr in Ben Hur – ist interessant. Klar, man fragt sich gezwungenermaßen, wie das zusammengeht, Berlin und Bierkeller, Trabbi und Hefeweizen, aber vor allem wird in der vermeintlichen Verletzung die Konvention sichtbar, von der sich – I confess – auch ich nicht frei machen kann. Es zeigt sich, wie sehr man selbst in Establishing Shots denkt und in Postkartenmotiven, die Orten wie „Berlin“, „Paris“, „London“ schnell zugeordnet werden können; wie jedes Bild zugleich eine Reihenbildung enthält, als Festlegung des Erwartbaren wirkt, Ausschlußmechanismen generiert.
Am Einfachsten wäre es, den „Fehler“ auf das undifferenzierte Deutschlandbild der amerikanischen Filmemacher zu schieben (auch wenn ich Clooney / Kaufman für cleverer halte und die Szene dementsprechend für kalkuliert). Vielleicht weist er aber auch auf Undifferenzierte im Blick des Zuschauers hin, der Erwartetes miteinander verrechnen möchte und auf der Suche nach gemeinsamen Nennern ist. Was spricht eigentlich dagegen, – auch in den 70er Jahren – in Berlin in eine bayerische Kneipe zu gehen oder in ein indisches Restaurant oder zu McDonalds? Noch dazu in einem Film, der scheinbare Unvereinbarkeiten zum Thema hat und in seiner gesamten Struktur zwischen den Genres springt. Gameshow und Geheimdienst, Herzblatt und Kopfschuß, Bayern in Berlin.