5 x 2
Der Titel klebt auf dem Film wie das Preisschild auf einer Ware. Eine etwas abgeschmackte Art ist das, Versuchsanordnung zu sagen oder Experiment. Auf einer Toilettenpapierverpackung wirkt das gut, fünf Rollen, zweilagig, wie das vom Penny um die Ecke, auf dem „Happy End“ draufsteht. Das finde ich immer grandios und es passt gut zu Ozons Film, der in einem Glück endet, das durch das schon Gesehene, das noch Kommende, bereits vollständig kontaminiert ist. 5 x 2, das klingt auch ein bisschen so, als gäbe es etwas umsonst – man kauft ein Paar und kriegt noch vier andere dazu. Hier also: Papa & Mama, Ich & mein One-Night Stand in der Hochzeitsnacht, der schwule Bruder meines Ehemanns & sein Freund, mein Mann & seine Ex. Und überall ist es gleich, es ist eine unnötige Vervielfachung des bedingt Interessanten, überall herrschen die gleichen Automatismen von Beziehung und Alltag, von Verletzen und Verletztwerden. (In einem typisch französischen Mittelklasse-Milieu noch dazu, das die Houellebecqs und Beigbeders dieser Erde frustrierter und deshalb meinungsfreudiger denunziert haben.)
Über schlechten Sex sind schon bessere Filme gemacht worden.
Das vermeintliche Rätsel, das sich mit dem Titel verbindet, ist läppisch, und aus der damit verbundenen formalen Entscheidung, die Geschichte in fünf Etappen rückwärts zu erzählen, springt erstaunlich wenig erzählerischer Surplus heraus. Gut, ein paar scheinbare Eindeutigkeiten geraten ins Schwimmen. Zum Beispiel ob der gemeinsame Sohn wirklich der gemeinsame Sohn ist (dieser Gedanke kam mir im gleichen Moment wie der Neben-, Gegen-, Ergänzungs- und Entwertungsgedanke „So what?“: für den Film hätte auch das überhaupt keine Folgen).
Bei jeder Einstellung der Verdacht, die Rückseite des Bildes sei interessanter.
Häppchenweise Psychologie bekommt man durch Marions Eltern eingeflößt. Dass das schon immer so… Und dass das halt zum Pärchen-Sein… Geschenkt. An diesen Stellen wird die Argumentation anthropologisch, aber in der verallgemeinernden Gleichung zugleich banal. Alltag = Beziehungskiller. „Alle diese Gleichnisse wollen eigentlich nur sagen, daß das Unfaßbare unfaßbar ist, und das haben wir gewußt. Aber das, womit wir uns jeden Tag abmühen, sind andere Dinge.“ Dabei behauptet der Film, er würde genau das zeigen, die alltäglichen Dinge eben, die in französischen Filmen so viel Spaß machen können. Aber die sind hier in keinem Bild enthalten und es wird schmerzlich bewusst, wie wenig Ozon mit dem Alltag anfangen kann: Wischi-waschig ein paar wichtige Papiere im Büro unterzeichnen und im Bistro um die Ecke mit entrücktem Blick Steak-Frites essen, während die Ehefrau im Krankenhaus entbindet. Ein Gesicht wird nicht zwingend dadurch aussagekräftiger, dass ich ihm langsam immer näher rücke mit der Kamera. Allerdings, das gebe ich gerne zu, mag ich Valeria Bruni-Tedeschis obere Schneidezahnreihe, wenn sie so von schräg halb-unten gefilmt wird.
Ein Film wie ein Vorwand für etwas anderes, das er selbst vergessen hat.
Was mir gefallen hätte als eine verächtliche Geste (und damit: überhaupt eine Geste) dem Publikum gegenüber und als wirkliche Überraschung: Wenn Gilles und Marion am Ende, der zugleich der Anfang ihrer Beziehung ist, in diesem unerträglichen Postkartenbild also, in dem beide in den italienischen Sonnenuntergang hinein schwimmen, plötzlich ertrinken. Dann hätte sich der ganze Film im Vor- und Nachhinein selbst gelöscht und ich wäre mit dem zufriedenen Gefühl der Bestätigung nach Hause geradelt, dass all dies wirklich nicht der Rede wert war.