DIE WELT FÜR SICH UND DIE WELT FÜR MICH. Film von Bernhard Sallmann (D 2013, 45 Minuten).
Ein Film, der mit schönen Aufblenden und Abblenden arbeitet – und dann gibt es da einen Schnitt (ins Schwarze hinein), ungefähr in der Mitte des Films, der heftig ist, fast wie ein Stich. Der sowohl eine Trennung, ein zerrissenes Band – zwischen Strindberg und Frau und Kind – wiedergibt, als auch den Film zweiteilt: in ‚Donau I – Labor und Leidenschaft’ und ‚Donau II – Hölle’. (Nach den Büchern „Kloster“ und „Inferno“ von August Strindberg.)
Ein Film also, der streng ordnet und zugleich, innerhalb der Episoden, sich fast schwelgerisch gehen lässt – in diese oberösterreichische Fluss- und Auenlandschaft hinein, Stimmungen und Jahreszeiten aufnehmend, mit Strindberg verbundene Orte. Die Erzählstimme (von Judica Albrecht), als Stimme Strindbergs (aus den genannten Büchern), scheint erstmal von aussen hinzugesetzt, legiert sich aber den Bildern und Tönen bis hin zu dem Punkt, dass man sagen kann: die Landschaft steht für die Texte und die Texte stehen für die Landschaft. – Strindberg in seiner Ehe mit Frida Uhl, der gemeinsamen Tochter, 1893 und danach, erscheint wie im Präsens (auch über das sparsam eingesetzte ‚Strindberg-Material’: Gemälde, Photogramm, Celestographie, alchimistisches Experiment, Porträts von ihm und dem Kind). Einmal, im ersten Teil, spricht er von sich in der „Er-Form“, im zweiten Teil in der „Ich-Form“: und jedesmal so, dass diese Gegenwart und die ländlich-beschränkten, auch gewalttätigen Verhältnisse überaus plastisch werden. (Der „schwedische Ketzer“, der Zuflucht bei den Schriften von Swedenborg sucht, war in dieser streng katholischen Gegend nicht wohlgelitten.) Ein ungemein genauer Erforscher von Befindlichkeiten und seelischen Zuständen, der auch das nicht ausspart, was er selbst an Wahnhaftem produziert.
Der ‚heftige Schnitt’: man hat sich, vor allem durch das ruhig fliessende Wasser der Donau, so sehr eingelassen auf den Rhythmus des Films, den Rhythmus der Strindbergschen Prosa, dass man diesen Schnitt eben so empfinden muss – ein bisschen, wie wenn einem der Atem genommen wird. Das schöne Klavierstück, das dann einsetzt, hat absolut nichts Versöhnlerisches, hebt allerdings das Geschehen auf eine andere, vielleicht objektivere Ebene. Gibt dem Film seinen freien Atem zurück: die Frauenstimme, die über dem Abspann (und darüberhinaus) zu hören ist – Strindbergs ‚Lied des Wassermanns’ vor sich hin summend – ist dessen Verkörperung.
(Uraufführung beim 56. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, 28.10. – 3.11.2013.)