Freitag, 19.01.2018

Inge Classen

Zwischen den Jahren zufällig beim Durchblättern der letzten Ausgabe „BLACKBOX – filmpolitischer Informationsdienst“, Nr. 270, Dezember 2017, sah ich zwei Traueranzeigen. Platziert zwischen den Mitteilungen der Förderentscheidungen Hamburg unter Gender-Gesichtspunkten in den letzten 10 Jahren und denen des BKM/FFA, Filmstiftung NRW für November 2017.
Eine Anzeige als Erinnerung der 3 SAT Redaktion, und an anderer Stelle die ihrer Lebensgefährtin mit den Lebensdaten der INGE CLASSEN, 15.02.1957 – 14.10.2017

Die schwarzen Rahmungen um ihren Namen, jeweils unten auf einer rechten Seite, und darüber, die Aufzählung von Fördersummen, wem was zugestanden wurde, um ein Filmvorhaben beginnen zu können, oder es mit Unterstützung auszuwerten, sah ich als ein Bild, das sagt, dass es weitergeht und dass Inge Classen damit zu tun gehabt haben muss.

(Und wie ihr Name da zu lesen war, erschien mir ihr nicht gerecht, zwischen den Zahlen, irgendwie darauf reduziert zu sein, als fehle da noch was.)

Im Internet fand ich dann noch andere Traueranzeigen, die zwei Monate zuvor im Oktober in überregionalen Zeitungen abgedruckt waren.
Am Tag ihres Ablebens war ich bei Dreharbeiten beschäftigt, eindrückliche Momente mit A. Schanelec, und denke jetzt an „Orly“, den Inge Classen seinerzeit noch mitproduziert hatte.

Und dass Sie drei Jahre nach Harun Farocki verstorben ist, dass beide Anfang der Achtziger in der FILMKRITIK über Truffauts „La Femme d’à côté“ geschrieben haben. Sie, die genau den Film Beschreibende, während Farocki, wie ein Sidekick, sich in seinem Text über die deutsche Synchronisation ärgert.
„Duras filmt“, eine Dokumentation der Dreharbeiten zu „Agatha“ und Margarete Duras zu ihrer Arbeit, protokolliert von Inge Claßen, kann man in der FILMKRITIK Heft 4, April 1982 nachlesen.

Da war Inge Classen 25 Jahre alt und das, was sie dann als Produzentin alles möglich machte, lag noch vor ihr. Eine Cinephile, die als Redakteurin später Regisseuren wie Peter Nestler und Harun Farocki die Arbeit, die Weiterarbeit ermöglichte und all den hier Nichtgenannten mit ihrem Engagement bar jeder Eitelkeit die Grundlagen verschaffte im deutschen Fördersystem Filme herstellen zu können.

(„Was zum Beispiel Inge Classen und andere auf 3sat zeigen, hat mit dem übrigen Sender nicht viel zu tun, der eine Abladestelle für allerlei Zulieferanten ist. Und was Werner Dütsch und die Filmredaktion beim WDR machen, das ragt ja wie ein Fremdkörper aus dem Übrigen.“ *)

2013, als sie schon sehr krank war, nicht mehr aktiv arbeitete, zeigte das Arsenal-Kino einige der von ihr betreuten, mit auf den Weg gebrachten Filme als kleine Hommage. Der Einführungstext dazu beschreibt ihre Haltung, ihre Arbeit.

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