Freitag, 06.02.2004

die körper zu filmen

der letzte satz:

„The authentic, liberating outrage—political, social, sexual—that fueled such apocalyptic visions as Salò and Weekend now seems impossible, replaced by an aggressiveness that is really a grandiose form of passivity.“

http://www.artforum.com/inprint/id=6199&pagenum=0

ein ganz gut informierter, aber polemisch aufgebauter artikel aus dem art-forum zu „New French Extremity“, also „sex and violence in recent french cinema“, der ein wenig zu sehr auf die angeblichen vorläufer (von pasolini bis eustache und pialat) zurückgreift, um argumentativ gegen die zeitgenossen, also breillat, dumont und grandrieux etc überzeugen zu können. was er will. oder zumindest mich vom überzeugtwerdenkönnen abhält, wohl vor allem aufgrund dieses dauernd angebrachten rückgriffs auf jenen kanon der körperfilmer und dazu dann andauernd diese catchy journalistischen zusammeballungen substantivierter adjektive und verben. was, denke ich beim lesen von sowas, einfach so nicht geht.

und mich aber auf vs anmerkung von heute nachmittag beim besprechen der berlinalevorhaben und durchgehen der plotsynopsen und der entdeckung unterschiedlicher interessen –meine s+m vorlieben?– zurückkommen läßt. ich bemerke tatsächlich ein -ich denke:- durch vermehrtes kinematographisches vorkommen gesteuertes interesse an körperdarstellungen und deren energetik bei mir. was wohl auch an den im artikel zitierten französischen filmen liegt, die ich nur teilweise gesehen habe, denen ich aber andere, teilweise nicht-französische hinzufügen könnte: die sachen von assayas (irma vep, demon lover, fin d’aout…), larry clark und harmony korine, apichatpong, you name it… müßte man wohl längere oder häufiger sachen dazu schreiben, um dabei zu einem text zu kommen. deswegen auch bin ich gespannt auf gallos „brown bunny“ und apichatpongs „the adventures of iron pussy“.

hua jai tor ra nong(the adventures of iron pussy) von apichatpong weerasethakul, thailand 2003, ist am 8., 10. und 11.2. im „forum“ der berlinale zu sehen.

update, 9.2.04: „The adventures of iron pussy“ ist nur bedingt von Apichatpong Weerasethakul. Apichatpong Weerasethakul (man sollte diesen Namen sich einprägen) hat dem Film und dessen Regisseur Michael Shaowanasi seinen guten Namen überlassen und fungiert als signierender Co-Regisseur. Was ich eine tolle Geste finde. Als hätte Hitchcock in den 60ern mit seinem Namen Filme von Kenneth Anger signiert, um diesen Rückhalt zu geben. Der Film selber beschränkt sich fast vollkommen in seinem queer- und Genre-Parodie-Sein. Mit allem Schönen, aber auch allem Redundanten.

jetzt stelle ich mir beide filme vor und dann beide zusammen, „the adventures of brown bunny and iron pussy“, ein mixed-material roadmovie, teilweise animiert, teilweise aus anrufbeantwortermonologen gespeist. die einen zu sehen als variationen einer vorvergangenen geschichte, während aus dem off die anderen als aktualitäten zu hören sind. aufgrund einer doppelbelichtung (wie bei den zeichnungen in apichatpong weerasethakuls „blissfully yours“) scheint die kamera derweil langsam durch leere räume zu schweben und fasst nach und nach gegenstände daraus in ihren blick, den sie für eine weile anhält und dann weiterschwebt, um fortzufahren mit ihrer untersuchung. im hintergrund hört man, leiser oder lauter, je nach der entfernung der kamera vom anrufbeantworter, die stimmen der anrufenden weitersprechen. und zwischendurch sieht man vincent gallo und chloe sevigny in einem gelackten boot auf dem thailändischen fluss aus „blissfully yours“ dahingleiten und in einem anderen strang den illegalen einwanderer aus apichatpongs film in mexiko ankommen in der bunkerhölle von assayas‘ „demon lover“. später…

ich schwiff ab. ich möchte fragen: wie diese körper-filme mich immer wieder neu zum überlegen über dessen status zwingen. was sie dramaturgisch mit den körpern machen und was in echt. woher diese vielen verfahren auf einmal (auf einmal?) kommen, die körper zu filmen und wieso es plötzlich (plötzlich?) so viele davon zu geben scheint…

… und bevor daraus eine wirkliche liste wird an sachen, die zu beschreiben wären, fällt mir…

– mich zensierend?: wieso taucht das wort „sex“ in diesem eintrag nur als zitat auf?, warum ist es selbst dann noch so schwer und kompliziert über sex zu reden, wenn man doch filme hat, von denen aus man dieses reden organisieren könnte? –

… fällt mir also die zigarette der prostituierten und ihre weitergabe an den puppenspieler ein aus hou hsiao-hsiens „puppetmaster“. der rauch, die frau, der mann, der zuschauer. „have you seen her doing this? she didn’t touch his skin“. weiter…

hsimeng jensheng(the puppetmaster) von hou hsiao-hsien, taiwan/japan 1993, ist -nach der berlinale- am 20.2. im zeughauskino/berlin zu sehen.

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