Brigitte Hobmeier
Das Mieseste am Film ist sein blöder Anglotitel: „Identity Kills“, Sören Voigt, D 2003, 81 Min.
Brigitte Hobmeier, die sog. Hauptdarstellerin, steht an einem Glaskasten, in dem Figuren aus geschliffenem Kristallglas feilgeboten sind. Eine negroide Verkäuferin kommt dazu, sperrt die Vitrine auf und drückt ihr zur Begutachtung ein gläsernes Schildkrötelchen in die Hand. Über die Maßen lang steht B.H. mit dem Kleinod in Händen, ohne Zicken und Mucken. Die Verkäuferin im Vordergund frägt, als das Maß überschritten ist, ob ihr nicht gut sei – Zurechnungsfähigkeit in Frage gestellt.
B.H. hat, in meinen Augen, ein Püppchen-Gesicht, hütet sich aber vorm Mißbrauch, keine Faxen, kein Geschrei, das Expressive nach Innen gestülpt – dies scheint die Nöte der Dargestellten auszumachen.
Sie jobbt in einer Besteckfabrik. Man sieht, wie Blechplatten geschnitten, die Abschnitte auf ein Förderband sortiert werden, sie Stanzstücke von Hand unter die hydraulische Presse setzt, die das Blech ins Negativ einer Gabel drückt.
An einer Autobahnraststätte, beim Transport der Ware zum Kunden, hintergeht sie die Kollegin, die noch am Essen ist – ich schmecke geradezu das Besteck – und verscherbelt ein paar Gedeckkoffer an Automobilisten.
Im weidenen Wäschekorb lagert sie Geld und Reiseprospekt für einen Trip nach DomRep, von wo sie während der Kopfmassage beim Friseur erzählen hört. Die Karibikinsel, auf der es einen Hoteljob gibt, rutscht ihr in die Persönlichkeitsspalte und wird zum Spleen, den sie verfolgen möchte trotz Heirats mit einem Sportwagenfreund. Es hakt und hapert zwischen beiden; Beziehungsprobleme löst er, indem er den Einkaufswagen bedient. Auf den spröden Weidenkorb legt sie sich einmal, als wäre es ein plüschiger Kinderteddy.
Diese Frau, B.H., kommt mir in dem Film vor, wie eine Mutantin der Mouchette.
Zur Wesenswendung – kein Widerspruch – kommt es, als sie einen Plan faßt und eine Hintertreibung begeht, ein Spiel beginnt mit einer Hotelfachfrau, jener Parallelkundin beim Friseur, der sie – oh je, ganz ohne 19. Jahrhundert kommt das Drehbuch nicht aus – zufällig wiederbegegnet. Sie übernimmt den Part der eine Stelle feil bietenden Hotelmanagerin, nachdem sie sich eine Ausrüstung zusammenklaute – vom Kostümchen über den Aktenkoffer bis hin zur Sonnenbrille, die sie von einer zum Nachsetzen zu schwer bepackten Passantin pflückt. Sie inszeniert sich selbst, und man sieht ihr dabei zu, wie einer Verbündeten.
Nach dem nur hörbaren Mord an der Genasführten vollzieht sie den Rollentausch und zieht dieser die Kleider vom Leib. Sie drückt sich den Rock ins Gesicht, um den Duft der anderen in sich aufzunehmen.