Samstag, 25.12.2004

Bad Santa

Terry Zwigoff: Was offered $10,000 by the Gap to appear in a commercial about hip filmmakers, but turned it down, citing his dislike for big companies. Den Film über Robert Crumb von 1994 habe ich nicht gesehen. Angeblich wurde Zwigoff während des Drehs von solchen Rückenschmerzen geplagt, dass er einen Revolver unter sein Kopfkissen legte, um sich gegebenenfalls erschießen zu können. Die Waffe soll später als Druckmittel eine Rolle gespielt haben, als Crumb aus dem Projekt aussteigen wollte.

In „Ghost World“, über den Christian Petzold und Ludger Blanke vor gut drei Jahren den ersten Text hier posteten, ging ich völlig unvorbereitet. Nach fünf Sekunden hatte mich der Film auf seiner Seite, das passiert selten (bei „Elephant“ war es dieses Jahr ähnlich). Das Travelling außen entlang der Häuserwand. Drei-, viermal Mikrokosmos/Makrokosmos, innen/außen, parallel dazu Mohammed Rafis „Jaan Pehechan Ho“. Die Bollywood-Tänzerinnen und Enid, von der wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts wissen, schütteln alles von sich ab, was Alltag heißt (und der Film fängt diesen Alltag in den kommenden 90 Minuten wieder ein): es konnte nichts mehr schiefgehen.

Letztes Jahr hörte ich, dass Zwigoff einen neuen Film gemacht hat, „Bad Santa“, eine Weihnachtskomödie.

Ich weiß ja nicht.

Nicholson sagte ab, Murray zog „Lost in Translation“ vor, so dass jetzt Billy Bob Thornton den versoffener Loser spielt, der alle Jahre wieder den Kaufhausweihnachtsmann geben muss. Das geht mit viel Tristesse, Geschimpfe und Körpersekreten einher, und die Witze, die aus dem Kontrast zwischen Kinderträumen und der zynischen Frustration des unambitionierten Safeknackers herausspringen, sind so voraussehbar, wie man es vorausgesehen hatte. Da hat S. schon recht, wenn er sagt, der Film habe nach den ersten drei Minuten (Ranfahrt durch den leise rieselnden Schnee auf eine Kneipe, bis hinten durch zur Bar, an der Thornton in voller Santa-Montur sitzt und einen nach dem anderen hebt) alles gesagt und stelle danach nur noch Variationen dieses Bildes her. Trotzdem: mindestens drei schöne Dialogzeilen gibt es zu hören, und an der Stelle, an der der Sicherheitschef Bernie Mac und sein Spitzel John Ritter sich am Schreibtisch gegenübersitzen und sich über das weitere Vorgehen gegen die Chaoten unterhalten, musste ich an Heinz Emigholz‘ „Démon – Die Übersetzung von Stéphane Mallarmés ‚Le démon de l’analogie'“ von 1977 denken. In Emigholz‘ Film bekommt jeweils ein Mallarmé-Wort eine Einstellung und wird dreifach multipliziert: französisch, deutsch, englisch. Mallarmés Text wird auf drei Sprecherinnen verteilt und jedes Wort zum Bild- und Klangklötzchen. Auf einmal ist Sprache so irr, sprunghaft und kantig wie Sprache nun mal ist.

Bei Zwigoff ist es anders: Er schneidet so, dass immer der zu sehen ist, der gerade spricht, und weil der Dialog beständig an Geschwindigkeit zunimmt, gibt es ein zunehmend groteskes Ping Pong. Schuss-Gegenschuss in forcierter Plansoll-Übererfüllung: Hier macht sich jemand das luxuriöse Weihnachtsgeschenk, die ziemlich durchschnittliche Erzählung für ein paar schöne Momente über die Klinge des etablierten Verfahrens springen zu lassen. Frohe Weihnachten.

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