Bemerkungen zur Funktion und Existenz einer Kinemathek [1947/48]
Von Jean Grémillon
Allein der Gedanke, daß das Kino als Kunst gelten kann oder soll, und die Filme als Kunstwerke, stößt zu Anfang auf ein unerwartetes Hemmnis. Die Literatur, die Malerei – um diese als Beispiele zu nehmen – verfügen über gesicherte und festverankerte Einrichtungen zum Erhalt der Denkmäler ihrer Vergangenheit. Die Bibliothèque Nationale mit ihren verschiedenen Abteilungen, die bewundernswerte Umsicht, die bei der Konservierung der Manuskripte, der Inkunabeln wirkt – oder der Louvre mit seinen Restaurierungswerkstätten – oder die Bibliotheken des Konservatoriums, die Aufbewahrung und Instandsetzung der historischen Instrumente -, sie erscheinen uns als nationale Einrichtungen oder als notwendige Grundlagen für den Erhalt der Zierden unseres nationalen kulturellen Erbes. Nichts Außergewöhnliches ist darin zu sehen, und niemand käme auf den Gedanken, die Verwendung beträchtlicher Mittel auf diese Zwecke zu bemängeln.
Vielleicht ist es die Form der kinematographischen Darbietung – die man als vergänglich bezeichnet und die den wechselnden Gesetzen sogenannter Premieren und danach dem Niedergang des Nachspielens in der Provinz und in den Vororttheatern unterliegt – oder eine gewisse Verachtung dem Film gegenüber als Konsumartikel – ein Artikel, der durch die die Gewöhnung an das nie abreißende Schauspiel in jeder nur erdenklichen Richtung Absatz finden muß -, die die Meinung der Allgemeinheit dazu verleitet, die Hervorbringungen der kinematographischen Kunst völlig anders einzustufen.
Während sehr langer Zeit wurden die Filme, die das Ende ihrer kommerziellen Karriere erreicht hatten, von fast allen als eine Ansammlung belichteten Zelluloids betrachtet, das von keinerlei weiterem Nutzen war; dies ging soweit, daß – nicht selten – Negative und Kopien, die aus dem Verkehr gezogen waren, als Makulatur an Fabrikanten abgegeben wurden, die Kämme, Seifenschalen oder Salatbestecke aus Plastik herstellten, wenn nicht gar an Munitionsfabriken, wie dies im Krieg von 1914-1918 der Fall war.
Die Konservierung alter Filme sieht sich somit völlig dem Walten des Zufalls unterworfen. Einige wohlhabende Firmen konservieren ihre Filme sorgfältig und systematisch, und doch bisweilen ohne sie zu katalogisieren. Was die mehr oder weniger kurzlebigen Gesellschaften betrifft, die nur wenige Filme produzieren – manchmal nur einen einzigen -, wer vermöchte zu sagen, was mit ihren Produkten geschieht, wenn sie aufgelöst, von einer anderen Gesellschaft aufgekauft oder schlicht und einfach der Schwindsucht erlegen sind?
Grausamer noch, weil vereinbart, erscheint die Auflage, im Falle des ‚Remakes’ eines Films oder des Verkaufs der Rechte an einem Stoff für eine Neuverfilmung Negative und Kopien des vorhergehenden Werks zu vernichten.
All dies ist lediglich zur Verdeutlichung der nur zu tragischen Lage des Kinos angeführt, welches so hervorragend alle Bedingungen in sich vereint, um sich als Kunst behaupten zu können, und doch in der Welt, in der wir leben und in der die Filme hergestellt werden, nichts weiter ist als eine Ware wie jede andere, deren Produktion und Zirkulation sich allein nach den unerbittlichen Gesetzen richtet, die die Herstellung, Verteilung und den Verbrauch von Waren in Hinsicht auf einen zu erzielenden Profit bestimmen. Die solchermaßen erstellten Werke, die Film-Artikel, die produziert wurden, sind voller Menschlichkeit – ob ihre Erzeuger dies beabsichtigt haben mögen oder nicht – und legen, in ihrer Gesamtheit, von ihrer Zeit das wertvollste und ohne jeden Zweifel anschaulichste Zeugnis ab.
Sowohl im Beharren auf einem hartnäckigen Glauben an den künstlerischen Wert des Kinos wie auch im Erfüllen der Aufgabe des Soziologen, des Historikers oder des Chronisten wurde die Erhaltung der Werke der Kinematographie, die Erforschung des in der Vergangenheit Geschaffenen – und, daneben, aller Dokumente, die zu ihrer Erhellung beitragen können: Photographien, Plakate, Modelle, Artikel, Zeitschriften, Bücher -, […] *
Viele der Sammler verfügten oder verfügen noch über Filmkopien, über unterschiedlichste Instrumente und Apparate, über Dokumente jeder Art. Diese Sammlungen, ihr Ausmaß, ihr Zustand und die Maßnahmen zu ihrem Erhalt hängen untrennbar von Geschmack, Mitteln räumlichen Möglichkeiten, beziehungsweise Abneigungen und Manien des jeweiligen Sammlers ab – dessen Existenz dennoch eine Wohltat, ein Glücksfall und beinahe ein Wunder ist.
Aber keiner dieser Sammler besaß die Mittel, die Geduld oder die Bereitschaft, eine Zusammenstellung in Betracht zu ziehen, die systematisch, planvoll und weitblickend angelegt gewesen wäre und deren Geist sich wahrhaftig beträchtlich von jener Sammelwut unterscheiden würde, die sich mit der Freude am Exklusiven, Seltenen und Unvermittelbaren schmückt.
In der Tat stellt sich nicht nur die Einrichtung einer solchen großen Sammlung von größtmöglicher Vollständigkeit als notwendig dar, sondern ebenso das Schaffen eines Zugangs zu all diesen Schätzen für das Publikum und die Forscher.
Die Lust am Forschen, die Leidenschaft besser gesagt; Sachverstand, eine erschöpfende Kenntnis des Historischen, aber auch Freude daran, die gesammelten Schätze anderen zu übermitteln, ihnen die Flamme weiterzureichen, die sich an der Forschung entzündet – sie mußten sich auf dem Gebiet des Kinos jemandes bemächtigen, um eine wahre Kinemathek entstehen zu lassen.
Denn Kinematheken gab es bereits. Ministerien – das Landwirtschaftsministerium zum Beispiel -, Stadtverwaltungen beziehungsweise Vereine und ganz ohne Frage Filmklubs oder Weiterverkäufer von Filmen besaßen Teilsammlungen von Kopien in unterschiedlichem Zustand und von gleichermaßen vielfältiger Herkunft und Bedeutung, die das ‚Repertoire’ für Vorführungen bildeten, die unterschiedlichsten Zwecken dienten – kulturellen, erzieherischen usw. – und von ihnen veranstaltet wurden, und das bis zur Abnutzung des Materials. Der hauptsächliche Zweck dieser Kinematheken richtete sich in keiner Weise auf die Erhaltung der Filme. Auf gewisse Weise verhielt es sich eher gegenteilig.
Durch den Antrieb eines ganz jungen Mannes, Henri Langlois, unter der Mithilfe von G. Franju, dank der Unterstützung M. E. Harlés und mit der Hilfe einiger Regisseure, Kritiker, Schriftsteller und auch einiger scharfsichtiger Produzenten entstand in den Jahren 1935-36 die Cinémathèque Francaise – ein Zusammenschluß von Privatpersonen, die über keine anderen Mittel verfügten als über ihre Armut und ihren Enthusiasmus, dem es dennoch sehr schnell gelang, eine nicht unbedeutende Sammlung von Filmen jeder Art, von Originalpositiven und -negativen zu erreichen.
Die Cinémathèque Française wurde gewissermaßen zum zentralen Organismus, zur Sammelstelle für Archive, Dokumente und Filme, wo die verschiedenen nichtkommerziellen Filmvereine sofort alle Originalunterlagen finden konnten, deren sie bedurften.
Gleichzeitig knüpfte die Cinémathèque Française im Ausland mit Einzelpersonen oder Organisationen feste Verbindungen und gab so möglicherweise die erste Anregung zu vergleichbaren Organismen.
Solchermaßen zeichnete sich der Entwurf einer wahrhaften Internationalen Kinemathek ab.
Die Erfassung, die Aufbewahrung und die Pflege der Filme – französischer wie ausländischer -, deren Negative gerettet werden konnten – oder bisweilen die einzige erhaltene Positivkopie -, verleihen dem Wirken der Cinémathèque Française einen beinahe industriellen Aspekt und erfordern Räumlichkeiten und beträchtliches Personal.Aber mit dem Hüten des Materials der Filme ist es nicht getan. Wenn der Wunsch besteht, daß die Kinemathek mehr sein soll als ein Lager von Filmrollen und daß der Werkcharakter der wiederentdeckten Filme ebenfalls erhalten werden soll, stellt sich die Gewähr regelmäßiger Vorführungen der eingelagerten Filme – natürlich nur zu nichtkommerziellen Zwecken – als Notwendigkeit. Das Ziehen neuer Kopien, die Lagerung, der Versand und die Kontrolle der Filme setzen darüber hinaus ebenfalls eine weitgehend industrielle Organisation voraus.
Diesen Pflichten, diesen Verantwortlichkeiten kann ein Unternehmen rein privater Natur, dessen Mittel äußerst begrenzt sind, nicht Genüge leisten.
Oder: den Besitzern der Rechte an den eingelagerten Filmen verbindlich zu garantieren, daß keine industriellen oder kommerziellen Gewinne durch die Filme erzielt werden, mit anderen Ländern den Austausch und die Zirkulation von Filmen auszuhandeln, die normalerweise, im kommerziellen Bereich, Zollformalitäten unterliegen, dies als Beispiel übersteigt die Kräfte eines Privatunternehmens bei weitem.
Aus diesem Grund wurde die Cinémathèque Française zuerst von den Filmproduzenten unterhalten, sodann vom Staat unterstützt und ist heute relativ eng an den Centre National de la Cinémathographie angegliedert. Dennoch verlangt allein schon die Frage der Lagerung unter optimalen Bedingungen – bedenkt man die Menge der geretteten Filmrollen und ihre große Empfindlichkeit – nach tiefgreifenderen Lösungen, zum Beispiel der Einrichtung eines nationalen ‚Blockhauses’.
Zur heutigen Stunde stellt sich die Cinémathèque Française als ein Verein dar, der formal dem Gesetz von 1901 entspricht und sich aus Deponenten von Dokumenten zusammensetzt, mit dem Ziel, in Frankreich sowohl ein Museum wie auch Archive der Kinematographie zu schaffen und die darin eingegangenen Sammlungen zu pädagogischen,, historischen und künstlerischen Zwecken zu nutzen.
Jedes Mitglied – jeder Deponent – beteiligt sich an der Verwaltung des Vereins. Er kann in der Generalversammlung in den Verwaltungsrat gewählt werden und verfügt damit über das Recht zur Kontrolle des Vereins.
Alle Deponenten bleiben weiterhin Eigentümer der Filme oder Dokumente, die sie hinterlegt haben, und können ihre Rückerstattung verlangen, wenn sie aus dem Verein ausscheiden.
Der Verein erhält Subventionen vom Centre National de la Cinémathographie, dessen Direktor Mitglied des Verwaltungsrates des Vereins ist.
Verschiedene Unterabteilungen unterstützen die Tätigkeit des Vereins:
1. Eine technische Abteilung gewährleistet, kontrolliert und leitet die Lagerung, das Ziehen und den Verleih der Kopien. Die Benutzung der eingelagerten Filme und das Ziehen neuer Kopien erfordern stets die Zustimmung der Deponenten.
2. Eine Abteilung für Forschung und für die Klassifizierung der Dokumente widmet sich sowohl dem Unterhalt und der Erweiterung einer Spezialbibliothek – der vollständigsten auf diesem Gebiet – wie auch der Einrichtung photographischer Archive, dem Erstellen von Katalogen, von Filmographien und darüber hinaus im weitesten Sinne der Erhaltung aller Dokumente, die sich auf die Geschichte der kinematographischen Kunst beziehen.
3. Ein Ausschuß für historische Forschung hat die Aufgabe, alle Dokumente zu sammeln, die von besonderer Bedeutung für die Geschichte des Kinos sind.
Darüber hinaus leitet die Cinémathèque Française Veranstaltungen, Ausstellungen, filmgeschichtliche Seminare, organisiert Vorführungen und die Teilnahme an ausländischen Veranstaltungen. Sie ermöglicht auf diese Weise die Verbreitung der zusammengetragenen Dokumente. Daneben betreibt sie die Veröffentlichung verschiedener Publikationen, die ihre Veranstaltungen abrunden und vertiefen.
Und zuletzt – weil die Cinémathèque ständig neue Deposita auftut, also auch neue Deponenten, wirkt sie der Gefahr entgegen, daß die Filme verlorengehen, seien sie von gestern oder von heute.
Auf diesem Weg ist es der Cinémathèque Française gelungen, seit ihrer Gründung einen Bestand von mehreren Zehntausenden von Filmen zu schaffen – Stummfilme wie Tonfilme, französische und ausländische, unter denen sich ebenso alte wie bedeutende Werke von Georges Méliès befinden, F. Zecca, Emile Cohl, Durand, Monca, Max Linder, Feuillade und Pouctal etc., etc.
Durch die Unterstützung mit Wort und Tat, die ihr das Außenministerium, der Ministerpräsident und das Informationsministerium zukommen lassen, kann sie in den Jahren zwischen 1936 und 1948 in Frankreich und im Ausland eine einflußreiche Tätigkeit entfalten, deren ganzes Ausmaß sich ermessen läßt, wenn ich sie im folgenden grob zusammenfasse und nur einige Ereignisse herausgreife:
1936: Verbindungen zur Museum of Modern Art Library in New York; zur Svensk Filmindustri; Retrospektive der Filme von Méliès in New York.
1937: Verbindungen zum British Film Institute, zur Newfilmliga in La Haye, zur G.P.O. Film Unit, zum Centro Sperimentale in Rom und Einrichtung einer Filialkinemathek in Wien. Méliès-Galaveranstaltung auf der Weltausstellung in Paris, Galaabende zugunsten von Méliès und E. Cohl.
1938: Verbindungen zur Ciné-Grup in Warschau, zum Reichsfilmarchiv, zum ‚Bon Film’ in Basel; Einrichtung einer Kinemathek in Mailand; Méliès-Ausstellung in London; Retrospektive des amerikanischen Films in Paris und des französischen Films auf der Biennale in Venedig; Gründung der Fédération Internationale des Archives du Film [F.I.A.F., Internationale Vereinigung Filmkundlicher Archive].
1939: Verbindungen zur Filmschule in Moskau; Méliès-Ausstellung in New York; Retrospektive des französischen Films in New York, in San Francisco und in Lissabon; 1. Kongreß der F.I.A.F. in New York.
1940: Méliès-Ausstellung in Chicago, Philadelphia, Boston, Los Angeles und New Orleans.
Seit Juni 1940 galten die Bemühungen der Cinémathèque Française dem Schutz ihrer Sammlung, die der Krieg zerstört hatte. Vor der Vernichtung durch die deutsche Besatzungsmacht konnte sie über zehntausend ausländische Filme retten – in der Hauptsache amerikanische; bereits ab dem Herbst 1944 war wieder eine relativ normale Tätigkeit möglich, und die Cinémathèque befaßte sich mit der Wiederherstellung und Erfassung ihrer beschädigten, auseinandergerissenen und manchmal zerstörten Sammlungen und schuf neue Kontakte zum Ausland.
1945: Die Cinémathèque Française regt die Bildung der Fédération Française des Ciné-Clubs an, der sie beitritt; Ausstellung ‚Images du Cinéma Français’ in Paris, später in Lausanne; Teilnahme am Filmkongreß in Basel; Einrichtung eines filmgeschichtlichen Seminars für die Schüler des I.D.H.E.C. [Institut des Hautes Etudes Cinémathographiques].
1946: Kongreß der F.I.A.F. in Paris unter Beteiligung der neuen Kinematheken von Warschau, Prag, Brüssel, und Basel, deren Bildung durch die Cinémathèque Française ermutigt, wenn nicht hervorgerufen wurde. Teilnahme an der Filmausstellung in Prag; Zeichentrickausstellung und Ausstellung ‚Emile Reynaud’ in Paris. Vorführung eigener Programme auf den Veranstaltungen in Lille und Lyon; Einrichtung eines Fortbildungsseminars für Filmklub-Freunde (Pariser Studenten, Pariser Jugendorganisationen, Kurse in Filmgeschichte).
1947: Ausstellung zum französischen Kino in Warschau und Brüssel; Austausch mit der italienischen Kinemathek; Ausstellung zum englischen Kino in Paris; Retrospektive des französischen Kinos auf der Biennale in Venedig.
Während dieses letzten Zeitabschnitts sind die Sammlungen von Filmen, von Photographien und von Dokumenten jeder Art beträchtlich angewachsen, und zu guter Letzt werden in den ersten Wochen des Jahres 1948 die ersten Räume eines ständigen Filmmuseums eröffnet.
Mag das Vollbrachte auch nichts Endgültiges sein, so steht sein Nutzen doch außer Frage. Es ist die Grundlage für ein neu erwachendes Interesse am Kino als künstlerischer Ausdrucksform, von dem die Wiedergeburt der Filmklubs in Frankreich und im Ausland, das Erscheinen eigener Zeitschriften und eine intensive Beschäftigung mit dem Thema beredtes Zeugnis ablegen.
Die Bedeutung der geleisteten Arbeit kann jedoch keineswegs über das Ausmaß dessen, was noch zu tun bleibt, hinwegtäuschen. Es genügt nicht, daß wir unseren Glauben an die Größe der Zukunft des Kinos versichern. Die Hauptaufgabe einer Kinemathek besteht darin, den Filmen, die entstehen, tatsächlich den Charakter des Kunstwerks zuzuerkennen, dessen die industriellen und kommerziellen Organe sie berauben. Die Erhaltung der Denkmäler der Vergangenheit, die Einrichtung und Verbreitung einer kinematographischen Kultur sind keine Phantastereien, und ebensowenig liegt es in der wahren Natur des Kinos wie dies behauptet wurde -, keine Vergangenheit zu kennen. Nur ein ganz bestimmtes Verfahren des Umgangs mit Filmen, das im unmittelbaren Konsum des Produzierten gründet, konnte den Filmen jenen Charakter schnellverderblicher Waren verleihen, der ihnen heute anhängt.
Die Ausrüstung einer idealen Kinemathek – für die wir uns klimatisierte ‚Blockhäuser’ erträumen, Kopierwerke, ‚Lesesäle’ zum Einzel- oder Gruppenstudium, Kurse in Filmgeschichte und Filmsprache, herrlich vollständige und geordnete Karteien, eine Stelle für die Auswertung der Pressedienste und sich ständig erweiternde Bibliotheken – werden wir nicht von heute auf morgen erwarten können. Und doch war sie vielleicht nie notwendiger als heute.
Mit geringen Mitteln und großer Zuversicht, mit der Hilfe der einen und dann der anderen., schließlich mit der Hilfe des Staates, hat die Cinémathèque Française unter Bedingungen, die von einigen etwas vorschnell als ‚pittoresk’ belächelt wurden, den Teil ihres Weges zurückgelegt, den sie von ihrer Anlage her zu bewältigen befähigt war. Noch kann sie auf diese Weise weiterbestehen. Aber selbst nicht voranschreiten, während um sie herum die industrielle Filmproduktion fortschreitet, das heißt mit jedem Schritt mehr in den Rückstand geraten.
Die Cinémathèque Française selbst ist zur ‚Ablösung’ bereit; sie kann der Idealen Kinemathek – die wohl oder übel aus ihr entstehen muß – unermeßliche Schätze übergeben. Doch der Schutz der künstlerischen Prärogative des Kinos erweist sich immer mehr als die Aufgabe eines machtvollen Gefüges von nationalem Interesse, dessen unabweisbare Notwendigkeit sich früher oder später nicht mehr leugnen lassen wird.
* Lücke im Typoskript.
Aus dem Französischen von Melanie Walz.
[Zuerst veröffentlicht in Filmkritik 329-339, Jahrgang 28, Heft 5-6, Mai-Juni 1984. Dank an Peter Nau und Melanie Walz für die Zustimmung zum Wiederabdruck.]