Katalog
Da ein Redner (Ulrich Neymeyr) beim gestrigen ökumenischen Filmempfang zur Berlinale daran erinnert hatte, dass für den Philosophen Gilles Deleuze die Filmkünstler Denker sind, schlug ich nach langer Zeit Das Bewegungsbild (Cinéma 1. L’image-mouvement) wieder auf und fand im Vorwort den vergessenen Satz:
„Die Geschichte des Films entspricht einem langen Märtyrerkatalog.“
15.02.2012 02:36
Einen Film zu machen ist etwas anderes, als einen Gedanken zu entwickeln. Filmkünstler sind keineswegs gleichzusetzen mit Denkern. Dass Deleuze das nicht sieht, zeigt deutlich, dass er weder das mit dem Denken, noch das mit dem Filmemachen so ganz kapiert hat.
Die Geschichte des Films entspricht auch keinesfalls einem langen Märtyrerkatalog. Wie begründet er diese Aussage? Man muss wirklich nicht jeden Blödsinn zitieren, nur weil ihn ein sogenannter Philosoph von sich gegeben hat.
15.02.2012 21:34
Hatte immer den Eindruck, dass Deleuze hier das Scheitern des Filmemachers zur Sprache bringt, als eine, vielleicht die tragische, Konstante in der Geschichte des Films (also Filmgeschichte als Geschichte jener Filme, die niemals gedreht worden sind – gab es da nicht mal eine Zusammenarbeit zwischen den Cahiers und Wenders? ein Heft über nie produzierte Filme?); Scheitern nicht des Denkenden, sondern dessen, der seine Ideen in die Praxis umzusetzen beabsichtigt, und dabei z.B. Jahre ohne Erfolg bei Förderungen und Financiers um ein Projekt ringt (und damit konkret Lebenszeit einbüßt, statt etwas anderes zu tun), um es dann entweder völlig verkorkst zur Realisierung zu bringen, oder eben überhaupt gar nicht – so geht es hier u.U. also tatsächlich um die Kohle und ums Produzieren, dort liegt die Gefahr des Märtyrertums, nicht im Denken, auch wenn das nicht sonderlich romantisch klingt.