Alle sehen dich an
Rainer Knepperges hat sich hier dem aus dem Film hinaus gerichteten Blick intensiv gewidmet, – als Ausnahme. Bei der Porträtmalerei ist es die Regel. Sind aber in einer Ausstellung nur solche Gemälde versammelt, wie derzeit in der Berliner Alten Nationalgalerie – „Anton Graff – Gesichter einer Epoche“ – ist es eine Überforderung, die mir nicht gleich bewusst wurde. Ich hörte jemand zu seiner Begleiterin sagen. „Es ist anstrengend.“ Einen Raum weiter hörte ich: „Die sehen dich alle an.“ Ja, das ist es, dachte ich, deshalb!
Und wie sie uns ansehen! „Nun aber ist es wichtig zu erkennen, wie sich dieser seelenvolle Blick aus dem strahlenden Herrscherblick des Barock und Rokoko entwickelt hat, aus den großen weit geöffneten Augen der Imperatoren, denen im Rokoko schon eine Dosis von gefallsüchtiger Liebenswürdigkeit, bei den Frauen von koketter Herausforderung beigemischt war. Es bleibt das Geheimnis des Malers, wie er diesen Blick durch stärkere Glanzlichter und Reflexe im feuchten Auge, durch stärkere Entspannung der Augenlider, durch Erweichung der Gesichtszüge überhaupt von dem stechenden Blick zum seelenvoll gütigen umgebildet hat.“ (Richard Hamann)
Nur noch bis zum 23.2. zu sehen. So viele seelenvolle Augen werden so schnell nicht wieder beisammen sein.