Oktober 2007

Dienstag, 30.10.2007

Free Suhrkamp/William Raban

Wenn das Buch zum Film so debil ist wie der Film, hat dieses Verlagsprogramm künftig einen lokalisierbaren Tiefpunkt. Lange nicht mehr so armseliges deutsches Kino gesehen. Wie sich Weingartners bestenfalls unausgegorenes Kritikverständnis mit dramaturgischer Unfähigkeit, schäbigen Typisierungen und peinlichen Fassbinderumarmungsgesten mischt, ist fast nicht mehr beschreibbar. Zu den erfreulichen Entdeckungen des vergangenen Viennale-Wochenendes zählt Thames Film von William Raban. Ein Flussfilm, der ökonomie- und kulturhistorische Perspektiven ineinanderwebt; mit einer dichten Soundtextur, aus der immer wieder die Stimme T.S. Eliots auftaucht und Passagen der „Four Quartets“ rezitiert:

I do not know much about gods; but I think that the river
Is a strong brown god – sullen, untamed and intractable,
Patient to some degree, at first recognised as a frontier;
Useful, untrustworthy, as a conveyor of commerce;
The only a problem confronting the builder of bridges.
The problem once solved, the brown god is almost forgotten
By the dwellers in cities – ever, however, implacable.
Keeping his seasons, and rages, destroyer, reminder
Of what men choose to forget. Unhonoured, unpropitiated
By worshippers of the machine, but waiting, watching and waiting.
His rhythm was present in the nursery bedroom,
In the rank ailanthus of the April dooryard,
In the smell of grapes on the autumn table,
And the evening circle in the winter gaslight.

Samstag, 27.10.2007

Hoch lebe Lelouch

Jean Douchets Spruch, Claude Lelouch liebe zwar fraglos das Kino, dieses aber erwidere die Geste nicht, ist DAS unübertreffliche Fehlurteil in der Geschichte der Filmkritik. Die weit verbreitete Sitte, den erfolgreichsten (und jüngsten) Regisseur der Nouvelle Vague gering zu schätzen, verstärkt freilich nur noch die Freuden seiner Bewunderer. Denn die sagen höchst vergnügt: Das kann doch nicht sein, man muss des verrückten Rennfahrers experimentelle Blockbuster doch lieben.
Vielleicht trotzdem nicht überflüssig: der Hinweis auf mindestens zwei an diesem Wochenende offene Einstiege in die Lelouchliebhaberei.

Eine Katze jagt die Maus / LE CHAT ET LA SOURIS (1975), mit Michèle Morgan und Serge Reggiani. Im BR um 0:15 in der Nacht von Samstag auf Sonntag
und
Begegnung in Venedig / HASARDS OU COINCIDENCES (1998), mit Alessandra Martines und Pierre Arditi. In der ARD um 0:00 in der Nacht von Sonntag auf Montag

Donnerstag, 25.10.2007

John Ford: The Man and His Films

Das Standardwerk zu John Ford, 1986 erschienen. Jetzt hat Tag Gallagher es überarbeitet. „Tag estimates it is roughly 40% new material, large and small changes, and all the frame enlargements are new. The latter detail is saying quite a lot considering Gallagher is an artist with still frames and their placement.“ (Andy Rector, Kino Slang).
Das Buch als pdf-Datei: http://rapidshare.com/files/61830908/ford_tag3.pdf.zip [19MB].

Montag, 22.10.2007

Zeitschriftenhinweise

Soeben erschienen: Shomingeki Nr. 19

Erinnerungen an Kei Kumai (Rüdiger Tomczak)
Verteidigung der Zeit von Peter Nestler (Johannes Beringer)
Nicht versöhnt von Jean-Marie Straub (Stefan Flach)
Anstelle eines Nachrufs für Herbert Linder (Stefan Flach)
Hommage für Kiyoshi Atsumi (Claude R. Blouin)
Eine Nachlese zur Retrospektive Mikio Naruse (Barbara Wurm)
O Sangue (Das Blut) von Pedro Costa (Johannes Beringer)
Juventude em marcha (Jugend voran) von Pedro Costa (Johannes Beringer)
Weiße Serie (I) (Bettina Klix)
Erinnerungen an Indien (Rüdiger Tomczak)
Mansur mian-r ghora (The last Ride) (Rüdiger Tomczak)
Nishijapan (After the Night…Dawn) von Sandip Ray (Pradip Biswas)
Notizen zu einigen Filmbüchern von Pradip Biswas (Rüdiger Tomczak)
Notizen zu einigen Filmen der Berlinale 2007 (Rüdiger Tomczak)
State Legislature von Frederick Wiseman (Johannes Beringer)
Nachmittag von Angela Schanelec (Johannes Beringer)
Dann nehme ich eben alles (Schwarze Serie I) (Bettina Klix)
Inland Empire von David Lynch (Bettina Klix)
Beim Erwerb eines Buches – zu Helmut Färbers Buch Soshun (Julia Bantzer)

*

Soeben erschienen: SigiGötz Enterntainment, Die zwölfte Fügung

SigiGötz Entertainment fordert: Ehrenpreis der deutschen Filmakademie für Siggi Götz
Der andere Pornorama
SigiGötz Entertainment präsentiert: Der Kanon des Deutschen Films, 101 deutschsprachige Tonfilme ausgewählt und kommentiert von Stefan Ertl, Rainer Knepperges und Ulrich Mannes. Unterstützt von Olaf Möller und Hans Schifferle.
SigiGötz Entertainment Centerfold
Eine in sich geschlossene Kinogeschichte
Incognito Ergo Sum (Sepp Knarrengeier)
Und was tut sich bei den SUPERNASEN-FANS?
Gehört, gelesen, zitiert

Sonntag, 21.10.2007

Langtexthinweis

* Nicolas Wackerbarth, der unter anderem bei Revolver mitmacht, trifft Apichatpong Weerasethakul im Juli 2007 in Marseille auf dem Weg zum Flughafen und unterhält sich mit ihm. Die Transkription dieses Gesprächs findet sich jetzt auf der Langtextseite: BOARDING – Ein Gespräch mit Apichatpong Weerasethakul.

ANTHEM von Apichatpong Weerasethakul und HALBE STUNDEN von Nicolas Wackerbarth sind auf der seit Donnerstag laufenden Viennale in Wien zu sehen.

Donnerstag, 18.10.2007

ich_begehre

Langtexthinweis

* Olaf Möller war in Trst auf dem Filmfestival I mille occhi (22.-29.9.07) und berichtet davon auf der Langtextseite – Von schöner Unordnung.

Mittwoch, 17.10.2007

Hinweise, Peter Nestler in Berlin

Von Montag, 22.10., bis Donnerstag, 25.10., werden in der DFFB im Rahmen eines Seminars von Jörg Becker Filme von Peter Nestler gezeigt. Alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen. Programm und Anmeldung bei Frau Gräwe: graewe@dffb.de

Am 27.10. ist Nestlers neuer Film, VERTEIDIGUNG DER ZEIT, im Arsenal zu sehen. Anschließend gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur, geführt von Jörg Becker und Carlos Bustamante.

Sonntag, 14.10.2007

Langtext-Hinweise

* Volker Pantenburg: Moullet !

* Moullet über Moullet.

[Edit 16.10.: Wir wollten diesen zweiten Text – Moullet über Moullet – ebenfalls schon an Luc Moullets 70. Geburtstag auf die Seite stellen, warteten aber zunächst die Genehmigung der Viennale ab, in deren Katalog der Text 1998 zum ersten Mal auf Deutsch publiziert wurde. Besten Dank nach Wien für die Erlaubnis zum Wiederabdruck; VP.]

Donnerstag, 11.10.2007

Entdeckung

Vor 20 Jahren in Coney Island hatte ich den Atlantik schon mal gesehen, aber jetzt endlich sah ich ihn aus der richtigen Richtung, auch wenn man natürlich von San Sebastian eher nach Norden übers Meer schaut. Zumindest am letzten Tag der Reise, beim Besuch des alten Vergnügungsparks hoch oben auf dem Monte Igueldo, blickten wir entlang der spanischen Küste in den Sonnenuntergang, also gen Westen. Die große Retrospektive des Festivals war Henry King (1886 -1982) gewidmet, auf dessen Werk mich Peter Nau und Olaf Möller auf unterschiedliche Art sehr neugierig gemacht hatten. Aber auf das, was kam, war ich nicht vorbereitet. Ich sah 17 Filme von King, nichts anderes aus dem Festivalprogramm. Im Nachhinein ärgert mich lediglich, daß mir die übrigen 30 Filme der Retro entgangen sind. Die Vorstellung, den neuen Kontinent nur kurz besucht zu haben. Ganz Nüchtern ist zu berichten, dass es in Hollywood einen gab, der jahrzehntelang mit der Ruhe eines Ozu und der Weisheit eines John Ford vom Kampf des Lebendigen gegen das Leben erzählte. Nicht weil es gerade Mode ist, „Ford und Ozu“ zu sagen, sondern weil es hier wirklich mal passt – dennoch ist mir nicht wohl beim Vergleichen. Richtig wäre: ausführlich nachzuerzählen: STELLA DALLAS; DEEP WATERS; TWELVE O’CLOCK HIGH; THE GUNFIGHTER; I’D CLIMB THE HIGHEST MOUNTAIN; WAIT ‘TILL THE SUN SHINES, NELLIE; THE SUN ALSO RISES; BELOVED INFIDEL. Was ich sah, will ich wiedersehen. Jetzt zu interpretieren, käme mir vor, als hätte ich die Kaffeebohne, den Tabak und die Kartoffel aus der Ferne mitgebracht, und stünde vor lauter Aufregung im Begriff, mir aus allem zusammen ein Süppchen zu kochen.

Empfehlung

SUPERBAD (USA, 2007) Regie: Greg Mottola, Buch: Seth Rogen und Evan Goldberg. Mit Jonah Hill (Seth) und Michael Cera (Evan), “contemporary kids, sophisticated and sensitive to nuance“ (Carina Chocano). “This is the CITIZEN KANE of dick-joke movies.” (Nathan Rabin)

und am 17.10. Brotfabrik, Berlin 20:30
HÄXAN (Dänemark, 1922) Buch und Regie: Benjamin Christensen (in der englischen Tonfassung von 1968, Sprecher: William S. Burroughs); präsentiert von Jack Stevenson (Autor von „Witchcraft Through the Ages: The Story of Häxan, the World’s Strangest Film, and the Man Who Made It“)


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