* langtexthinweis – Ekkehard Knörer zu Philippe Grandrieuxs „La Vie Nouvelle“ (Frankreich 2002)
Februar 2004
Freitag, 27.02.2004
Dienstag, 24.02.2004
Sonntag, 22.02.2004
Netz-Zynismus
Beim Anklicken eines Links auf der Elephant-Homepage auf ein Popup-Fenster stossen, das sich zwischen Zieladresse und Ausgangsklick schummelt und mit dem Slogan wirbt: „FIND YOUR OLD CLASSMATES. PLAN A REUNION“.
Donnerstag, 19.02.2004
Jean Rouch in Nigeria bei einem Autounfall gestorben. C, der im gleichen Haus wie Rouch wohnt in Paris, am Boulevard Montparnasse, ruft mich am Abend an. Rouch hätte noch einen letzten Film fertiggestellt, über Berlin, wo er stationiert war als Soldat der französischen Armee. Zur Berlinale hätten sie den Film nicht gewollt. Vor Jahren in Paris einmal, ein einziges Mal, in der legendären Samstagmittagveranstaltung in der alten Cinemathek gewesen. Rouch vor der Leinwand vor dem Film, die „Freunde“ begrüßend. An diesem Tag gab es Industriefilme zu sehen aus den 50ern und 60ern. Betonbauweisen, Brückenkonstruktionen; moderne, konstruktivistische Schnittverfahren, die mit den Stahlkonstruktionen wetteiferten. Auf sowas hat er wertgelegt in seinen Kommentaren. Alles konnte Film werden, nichts zum Genre. Die Veranstaltung moderierte er seit über 40 Jahren, jeden Samstagmittag. Ein paar Mal habe er gefehlt wegen Krankheit, ein paar Mal, weil er drehte. Die Schlußeinstellung aus „Chronique d’un été“, mit Morin gemacht, war für mich die Entdeckung, dass man im Kino etwas langsam aus dem Blick verschwinden lassen kann, ohne es damit zu verneinen. Die Aufforderung, Kino immer wieder neu zu entdecken, der Schitt von den Tulpen aus Holland auf die im Niger aus „Madame l’eau“. Der Baum aus „Moi fatigue debout, moi couche“. Der letzte Film, den ich von ihm sah, handelt über Henri Langlois und die Cinematheque und über die Kinderlust alter Männer, die sich beim Befassen der Gegenstände des Kinos wieder entfacht. Da mußte ihn beim Handkameramachen schon jemand stützen. Der Kurzfilm mit Depardon, über die unterschiedlichen Arten, die steinernen Löwen in den Gärten der Tuilerien aufzunehmen. Nie gesehen: „Moi un noir“. Soviele Filme von Jean Rouch nie gesehen.
semi-fiktiver email-dialog concerning the new virtual world order
A: ich weiss nicht, ob du diesen link hier kennst oder schon mal drauf hingewiesen hast auf den seiten. „cinefiles“ heisst das ganze, ist teil des „pacific film archive“, und dahinter verbirgt sich ein stetig wachsendes archiv von artikeln, programmheften etc., die eingescannt wurden und groesstenteils direkt abrufbar sind. viel zu garrel beispielsweise.
B: ja, beeindruckender link. vor allem für DSL-bourgeois wie du einer bist. laizismus verhärtet nur die privilegien, DSL serves capitalism. als modem-lumpenproletarier drückt man sich davor die nase platt an den schaufenstern, die (als links verkleidet) auf die jpgs der texte weisen. ladezeitenüberlegungen are the new class-criteria. aber hinverlinke nur darauf, wir werden dann umso belegbarer erkennen, wer als erster an die post-revolutionäre wand gestellt gehört. dein stalin.
Montag, 09.02.2004
24 mal Schwerkraft pro Sekunde
Nichts für mich, dieses Vielgucken. Jack-Ass Feeling, wie in der Sendung, in der zwei Leute Eier wettessen. Der eine kotzt bei 32 (und danach kontinuierlich immer wieder, was ihn nicht davon abhält, weiter Eier in sich reinzustopfen und in den bereitstehenden Eimer auszuspeien), der andere schafft über 40.
Schon nach wenigen Stunden Film, wohl auch weil der Schlaf in den letzten Nächten immer zwischen beschissen und inexistent schwankte, stellt sich bei mir ein Gefühl des Auf-Watte-Gehens ein. Man könnte das als Schweben bezeichnen, wenn nicht die unangenehmen Anteile eindeutig überwiegen würden und das Wort nicht fasst, wie sehr dieses Schweben herunterzieht. Entspricht ziemlich genau dem, was man „Jet-Lag“ nennt. Irgendwo weit weg angekommen oder von dort zurück, auf rohen Eiern unterwegs, wieder an Land, in dieser Hinsicht ist jede Reise, egal ob mit Bus, Bahn oder Flugzeug eine Schiffsreise. Einen Schritt weitergedacht: Was, wenn das wirkliche Jet-Lag gar nichts mit dem Wechsel der Zeitzonen zu tun hätte, sondern damit, dass an Bord ständig Filme gezeigt werden (ich erinnere mich dabei an meinen letzen längeren Flug, auf dem die Airline mutigerweise „Catch me if you can“ laufen ließ, den Film mit dem Hochstapler im Cockpit – niemand schien das komisch zu finden, nur ich witterte darin eine schöne Geste des Film-Programmierers, der sich, wie ich mir vorstellte, in den 60ern als Situationist bezeichnet hätte und jetzt solche kleinen old-school Irritationen in den Apparat einspeiste.) Wenn also die physiologische Verwirrung nur daher käme, dass man ständig zwischen der Zeit des Films und der eigenen hin- und herspringt. Und das nicht gescheit prozessiert werden kann auf Dauer. Und andersrum: dass bei einem Flug, auf dem man die Filme wegließe, auch das Jet-Lag ausbliebe, dass aber genau dieses Ausbleiben wieder eine andere Form von ungewohntem Zustand auslösen würde, eine Art Jet-Lag zweiter Ordnung.
Berlinale, 3. Tag: Für mich überwiegen die unangenehmen Seiten, vielleicht, weil ich die von S. propagierte Zen-Haltung nicht hinkriege: Auf den Film warten, der auf einen zukommt in Form eines zugeschobenen, freigewordenen Eintrittsbillets. Bei mir eher: Reinschieben in den Film, dann den Film reinschieben, dann wieder rausschieben aus dem Film. Blick auf die Uhr. Hier noch wen anrufen, da noch wieder nachschauen, wie lang die Schlange ist, ob man noch schnell was „sichern“ kann. Hysterically yours. Sich unter Druck gesetzt fühlen. Auf der anderen Seite der immer mitlaufende, aber manchmal unrettbar verschüttete Gedanke: Kann irgendwas davon abhängen, diesen oder jenen Film ausgerechnet jetzt um jeden Preis sehen zu müssen?
Nach Two Lane Blacktop wurde die allererste und allereinzigste nicht stofforientierte oder „How did you get the idea“-Frage gestellt, die ich bislang bei den ganzen Frage-und-Antwort Spielen gehört habe: „Why are there end credits after the film has burnt?“ Hellman wusste es auch nicht so genau, fand die Frage aber nicht uninteressant. Achtmal hat er denselben Pullover (da hätte ich gerne gewusst, wo er den gekauft hat).
Wild Angels, Corman: Hat das Zeug zum Lieblingsanfang: Ein Junge, vielleicht vier Jahre alt, der auf seinem Dreirad um einen Sandkasten herumfährt, durch den Holzzaun durchgefilmt, auch die Kamera in Bewegung. Dann rumpelt er durchs Gartentor nach draußen, fährt immer schneller an einem schmutzigen Kanal entlang, die Kamera jetzt saugend vor ihm, und wird schließlich abrupt gestoppt vom Vorderreifen einer Harley, die von links ins Bild rollt: Peter Fonda. In diesem Überdeutlichen und Übereinandergeschichteten steckt schon viel des anschließenden Films mit drin, der 1966 bereits alle Zweiradromantik durchkreuzt, indem er das so weit dreht, das ganze leere Freiheitskarussell. Zu Beginn der Einstellung dachte man noch an die klassisch-biographische Backstory: Dreirad als Einstiegsdroge, in Wirklichkeit ist da der nächste Generationen-Konflikt schon mitgedacht, in dem es um nichts mehr gehen wird als um Zeichen (die Sex Pistols, die die Hakenkreuze der Hell’s Angels zitieren, die die Hakenkreuze von wem noch mal zitieren). Dominique Cabreras „Folle Embellie“, der 1940 spielt, während Frankreich von den Deutschen besetzt wird, zeigt deutlich weniger Hakenkreuze als Cormans Film (das sagt über beide Inszenierungsweisen gleich viel aus), in dem es von allem viel zu viel gibt. Zuviel Motorlärm, zu viele Posen, zu viele Zeichen und damit genau die richtige Dosis Camp: Eine Überdosis. Alle Latenzen des Fetischs Motorrad werden hier so ins grelle Licht des Technicolors gestellt, dass jede Bedeutung unter der Last wahlweise konkurrierender, überlappender, sich verstärkender Überdeterminationen erschöpft zusammenklappt. Camp-Phänomenologie des Motorrads: Erst Stier (eine Frau schwenkt ihre rote Bluse wie ein Torrero, während die Biker draufzufahren um die Bluse zu treffen), dann Streitross (mit Palmwedeln bewaffnet fahren zwei aufeinander zu, um sich gegenseitig vom Motorrad zu stoßen), dann wieder einfach „nur“ Motorrad (aber eigentlich immer alles zugleich). Eigentlich müssten die Hell’s Angels den Film gehasst haben damals, aber ich schätze, wahrscheinlich war das Gegenteil der Fall. Super auch Nancy „This-is-the-Film-that-ruined-my-acting-career-before-it-had-even-started“ Sinatra.
Vardas „Uncle Yanco“ fand ich toll. So eine zarte Ironie, eine Hommage, die voller kleiner Klugheiten steckt und Zuneigung, die nicht auf falsche Kumpanei mit dem Zuschauer aus ist. Eben nicht dieses „Guckt mal wie rührend mein Hippieonkel ist“. Varda bekommt das hin, sich mit den Gegenständen, die sie filmt, zu verschwistern, ohne dadurch in Familienkonflikte zu geraten. Über The Brown Bunny könnte man gut mal ein Gespräch machen oder den Film einspeisen in die Enthusiasten-Videogruppe, es hat Spaß gemacht, den kurz vor 2LB zu sehen. Ich finde die Konstruktion mit der forcierten Uminterpretation am Ende gegen meine ersten Eindrücke auch notwendig. Ansonsten glaube ich, man kann Hellman / Gallo in vieler Hinsicht aneinander spiegeln und dann gucken, wofür die Differenzen stehen. (East / West; Kommunikation / Schweigen; etc.) Vielleicht würde Brown Bunny besser zu Bartleby passen.
Letzter Satz in David Holtzman’s Diary (Jim Mc Bride): „If I were Bartleby, I would prefer not to have made this movie.“
Freitag, 06.02.2004
die körper zu filmen
der letzte satz:
„The authentic, liberating outrage—political, social, sexual—that fueled such apocalyptic visions as Salò and Weekend now seems impossible, replaced by an aggressiveness that is really a grandiose form of passivity.“
http://www.artforum.com/inprint/id=6199&pagenum=0
ein ganz gut informierter, aber polemisch aufgebauter artikel aus dem art-forum zu „New French Extremity“, also „sex and violence in recent french cinema“, der ein wenig zu sehr auf die angeblichen vorläufer (von pasolini bis eustache und pialat) zurückgreift, um argumentativ gegen die zeitgenossen, also breillat, dumont und grandrieux etc überzeugen zu können. was er will. oder zumindest mich vom überzeugtwerdenkönnen abhält, wohl vor allem aufgrund dieses dauernd angebrachten rückgriffs auf jenen kanon der körperfilmer und dazu dann andauernd diese catchy journalistischen zusammeballungen substantivierter adjektive und verben. was, denke ich beim lesen von sowas, einfach so nicht geht.
und mich aber auf vs anmerkung von heute nachmittag beim besprechen der berlinalevorhaben und durchgehen der plotsynopsen und der entdeckung unterschiedlicher interessen –meine s+m vorlieben?– zurückkommen läßt. ich bemerke tatsächlich ein -ich denke:- durch vermehrtes kinematographisches vorkommen gesteuertes interesse an körperdarstellungen und deren energetik bei mir. was wohl auch an den im artikel zitierten französischen filmen liegt, die ich nur teilweise gesehen habe, denen ich aber andere, teilweise nicht-französische hinzufügen könnte: die sachen von assayas (irma vep, demon lover, fin d’aout…), larry clark und harmony korine, apichatpong, you name it… müßte man wohl längere oder häufiger sachen dazu schreiben, um dabei zu einem text zu kommen. deswegen auch bin ich gespannt auf gallos „brown bunny“ und apichatpongs „the adventures of iron pussy“.
hua jai tor ra nong(the adventures of iron pussy) von apichatpong weerasethakul, thailand 2003, ist am 8., 10. und 11.2. im „forum“ der berlinale zu sehen.
update, 9.2.04: „The adventures of iron pussy“ ist nur bedingt von Apichatpong Weerasethakul. Apichatpong Weerasethakul (man sollte diesen Namen sich einprägen) hat dem Film und dessen Regisseur Michael Shaowanasi seinen guten Namen überlassen und fungiert als signierender Co-Regisseur. Was ich eine tolle Geste finde. Als hätte Hitchcock in den 60ern mit seinem Namen Filme von Kenneth Anger signiert, um diesen Rückhalt zu geben. Der Film selber beschränkt sich fast vollkommen in seinem queer- und Genre-Parodie-Sein. Mit allem Schönen, aber auch allem Redundanten.
jetzt stelle ich mir beide filme vor und dann beide zusammen, „the adventures of brown bunny and iron pussy“, ein mixed-material roadmovie, teilweise animiert, teilweise aus anrufbeantwortermonologen gespeist. die einen zu sehen als variationen einer vorvergangenen geschichte, während aus dem off die anderen als aktualitäten zu hören sind. aufgrund einer doppelbelichtung (wie bei den zeichnungen in apichatpong weerasethakuls „blissfully yours“) scheint die kamera derweil langsam durch leere räume zu schweben und fasst nach und nach gegenstände daraus in ihren blick, den sie für eine weile anhält und dann weiterschwebt, um fortzufahren mit ihrer untersuchung. im hintergrund hört man, leiser oder lauter, je nach der entfernung der kamera vom anrufbeantworter, die stimmen der anrufenden weitersprechen. und zwischendurch sieht man vincent gallo und chloe sevigny in einem gelackten boot auf dem thailändischen fluss aus „blissfully yours“ dahingleiten und in einem anderen strang den illegalen einwanderer aus apichatpongs film in mexiko ankommen in der bunkerhölle von assayas‘ „demon lover“. später…
ich schwiff ab. ich möchte fragen: wie diese körper-filme mich immer wieder neu zum überlegen über dessen status zwingen. was sie dramaturgisch mit den körpern machen und was in echt. woher diese vielen verfahren auf einmal (auf einmal?) kommen, die körper zu filmen und wieso es plötzlich (plötzlich?) so viele davon zu geben scheint…
… und bevor daraus eine wirkliche liste wird an sachen, die zu beschreiben wären, fällt mir…
– mich zensierend?: wieso taucht das wort „sex“ in diesem eintrag nur als zitat auf?, warum ist es selbst dann noch so schwer und kompliziert über sex zu reden, wenn man doch filme hat, von denen aus man dieses reden organisieren könnte? –
… fällt mir also die zigarette der prostituierten und ihre weitergabe an den puppenspieler ein aus hou hsiao-hsiens „puppetmaster“. der rauch, die frau, der mann, der zuschauer. „have you seen her doing this? she didn’t touch his skin“. weiter…
hsimeng jensheng(the puppetmaster) von hou hsiao-hsien, taiwan/japan 1993, ist -nach der berlinale- am 20.2. im zeughauskino/berlin zu sehen.
Donnerstag, 05.02.2004
im off
(…) Und überhaupt ist im Off ganz viel los, man sieht (vor dem geistigen Auge) die Make-Up-Artisten um Nicole Kidman scharwenzeln, Jude Laws Bart ein bisschen fester kleben und die Sprengmeister schwitzen Blut und Wasser. Kaum zu glauben aber wahr die Performance von Renée Zellweger, die man beim Casting hätte hochkant rauswerfen müssen. Sie bringt Nicole Kidman bei, was Arbeit heißt. Die lernt das, klar. Und Renée ist die Bodenständigkeit selbst, trägt ein Kleid, auf dem steht: Herz aus Gold und führt sonst Bauerntheater auf. Stars, wohin man blickt, wo einer stirbt, wächst einer nach. Der Sex findet statt, Nicole Kidmans Hintern ist zu sehen und auch eine Brustwarze. Jude Law spielt um seinen Oscar. Am Ende sind wir in einem Nazi-Film, Blut, Boden, freie Natur, Nicole als propere Mama. Der Hahn ist tot, der Hahn ist tot.
Ekkehard Knörer über „Cold Mountain“ im Berlinale 2004 Weblog
Montag, 02.02.2004
hände II
In his films, people are always extending their hands in hope of assistance, and very seldom getting it.
http://www.brightlightsfilm.com/42/hands.htm
(weitere hitchcockmotivgruppen über die verweise unten auf der seite)
videos archivieren
die videoliste war vor über einem jahr abgestürzt, nicht zu rekonstruieren. ich kam trotzdem über die runden, konnte mich vor dem regal stehend orientieren, irgendwarum wußte ich, wo der randolph-scott-western von bud boetticher steht. haptisches gedächtnis. meistens in der zweiten reihe.
letzte woche war der berg der nicht wieder eingeordneten cassetten zu groß geworden. am freitagabend fing ich wieder eine liste an …
- laufende nummer
- autornamem
- titel
- produktionsland
- produktionsjahr
- verliehen an…
… und heute bin ich damit fertig geworden.
merkwürdige beschäftigung. staubig, wieviel staub es gibt, staub auf den papphüllen, staub auf den cassetten, auf den etiketten, auf den regalbrettern und darunter, staub dann auf den fingern, dann auf den händen, auf dem pullover, auf der hose, angestaubt auch bald die tastatur.
ende der 80er waren die papphüllen der cassetten noch verstärkt, spätestens mitte der neunziger, als sie mit dem pappverstärken aufhörten, lagen die zeichen offen, hätte man wissen können, dass da schon wieder so ein speichermedium abgewickelt wird. immer mitmachen zu müssen bei sowas, deprimierend.
hätte man irgendwie anders ein besserer aufnehmer werden können? weniger großnamenfixiert? weniger auf diesen 50er 60er 70er früh80er stummfilm new-hollywood japan alles von „godardeustacherohmertruffautgarrel“ und diesen essaydokumentarexperimentalfilm bitte auch noch haben-wollen reflex getrimmt? weniger fit gemacht für die ichduweißtschon-diskurse, die leute wie wir halt so führen können mit namen? andauernd führen müssen, und immerwiederwerden unter uns, und zu den anderen auch. und was und wie hätte dieses andere gucken sein können?
und das erschrecken darüber, sich erst jetzt, als sich das alles als biographiematerial in nummern und namen verschriftlicht und wieder zu lesen ist als romankompress und éducation, zu fragen, ob man je vorher daran gedacht haben könnte, gelangweilt zu sein von seinen guckkriterien. und sich erst dann zu fragen, ob es einen bestimmbaren punkt gegeben hat, von dem aus man aufgehört hatte, einfach nur wie blöde gucken zu wollen und stattdessen das mit dem habenwollen angefangen hat.
ich mag keine sachen mehr aufnehmen, nimmermehr. ich möchte, wie v mir aus dem wenderstokyobuch erzählt, werner herzog werden wollen über den dächern von tokyo und von dort auf den mond, dort ungesehene bilder zu machen. aber ich jetzt, anders als herzog damals, will diese noch dort dann sofort kaputtmachen. dass ja keiner sie haben kann.
auch sind ein paar schöne bänder verschwunden, bênoit jacquots „la fille seule“ vermisse ich in einem kurzen schwachen moment des es war doch nicht alles falsch, und gleich darauf denke ich, wieder ruhig und gelassen geworden, dass das band dort, wo es jetzt ist, in besserer nachbarschaft stehen wird als in diesem staub hier. damit kann man nichts mehr anfangen. man kann damit nicht mehr neu anfangen, man kann jetzt damit auch überhaupt nicht weitermachen. man kann jetzt höchstens nachlesen, wie konventionalisiert und possessiv und gesamtausgabenfixiert und abgesichert und feist die augen geworden sind. und darüber verzweifeln, dass und weshalb sie das wurden. alles, alles ganz fürchterlich. räumt das ganze zeug hier bloß schnell raus. und gebt nicht dem tv die schuld…