2004

Samstag, 28.08.2004

Freitag, 27.08.2004

Cammell – Wild Side (100 Worte)

Am Ende des Films kann ich mich nicht entscheiden, ob ich ihn mochte oder nicht. Die Überfülle an Überdrehtheiten fügt sich zu dem Mangel an klarer Motivation der Erzählung. Überraschendstes Element für mich bleibt auch zwei Tage danach immer noch die Liebesgeschichte zwischen den weiblichen Protagonisten: der Ehefrau Brunos und seiner Lieblingsprostituierten. Stoff für einen weiteren pathologischen Auswuchs mit Bruno als seinem Zentrum. Tatsächlich jedoch: die wahre Liebe im naturalistischen Gewand gefilmt, durchgehalten bis zum Schluss. Für M. der Tod einer jeden Erzählung, für mich ein bisschen von beidem: Erzählungskiller und Überraschungsstifter – der erwartete Twist, die nächste Intrige bleibt aus.

(Stefanie Schlüter)

Cammell – Wild Side (100 Worte)

Doch wieder kurz an Fred Jameson und die „new representational situation“ gedacht. Dass es Cammell in seinem Abschiedsgruß an die Produktionsökonomie ‚des Systems‘ um spätkapitalistische Dereferentialisierung geht, wäre zuviel gesagt. Nur weil sich die Hochfinanz exaltiert und ein wenig geerdetes Verhältnis zu den eigenen Kapitalressourcen kultiviert. Andererseits: cash- und lovestreams werden so penetrant enggeführt, bis sich dieses immer wieder eingeschnittene Geldbündel-Bild noch einen Dreh weiter aus allen erzählerischen Sinnzusammenhängen verabschiedet. Zeigt nicht mal mehr Fetisch oder Tauschökonomie an. Auf der Montage-Ebene geht es aber eine heimliche Allianz mit dem ziellosen Privatjet ein: I’m a frequent flyer, I’m a notorious liar.

(Simon Rothöhler)

Cammell – Wild Side (100 Worte)

In dem Film gibt es zwei Ökonomien: die neue, unsichtbare besteht darin, Zahlen in Telefonhörer zu sprechen, eine Visitenkarte über den Schreibtisch zu reichen, eine Diskette von Hand zu Hand gehen zu lassen. Diese Ökonomie bleibt, auch wenn alles auf sie hinorientiert ist, seltsam blass: Kommunikation. Die alte, eine Reminiszenz an B-Movies und Noir, ist die der Banknoten und Geldbündel. Es ist wichtig, die Scheine anzufassen, denn offenbar lassen sich Körper mit ihnen kaufen, vergewaltigen, tauschen. Der Film zeigt zwei Möglichkeiten, diesen Ökonomien zu entgehen: Lesbisch zu werden oder nach Mexiko auszuwandern. Wer auf Nummer sicher gehen will, tut beides.

camell: wild side (100 worte)

Nach ein paar Minuten schon gemerkt, dass der es nun auch nicht ist. Fataler Defekt, ständig Kinoevolution beobachten zu wollen. Im TV hätte ich den beim Raufundrunterzappen nur für sekundenbruchteile gestreift, viermal vielleicht, und wäre nicht mal irritiert gewesen davon. Umso unverstehbarer, dass, wie die Legende geht, Cammell sich wegen der Wegnahme des final cut dieses Films umbringt. Bewunderung aber für die anderen vorm Bildschirm. S, S und S, E, V und M, die beim Betrachten andere Fragen entwickeln können. Christopher Walken als Bruno, Tony erniedrigend. Dessen Calvin Klein Unterhose zerreissend. „Bend over. Bend over. Bend…over. Bendover. Ben Dover.“

wild side
regie: donald cammell
usa 1995/2000

Cammell: Wild Side (100 Wörter)

Du hast mich um 100 Dollar betrogen, sagt Alex zu Bruno. Das ist mein Kick, sagt er, und erstattet ihr 200 Dollar zurück. Tony gibt Alex 500 Dollar und vergewaltigt sie. Virginia, Brunos Frau, eröffnet in Brunos Auftrag bei Alex‘ Bank ein Konto für ihre Schuhproduktion in Höhe von 375.000 Dollar. Brunos Coup, geplant für 12 Uhr des nächsten Tages, soll 179.000.000 Dollar bringen, danach kann sich Mr. 13 Prozent zur Ruhe setzen. Was dazwischenkommt: die Liebe, Christopher Walkens overacting (Verausgabungsökonomie), eine rote Blende, eine blaue. Worauf es hinausläuft: die Dritte Welt, die Sonne, Erlösung, a buck is a buck.

Samstag, 21.08.2004

TV-Hinweis

Heute nacht (Samstag auf Sonntag), 00.30 Uhr, arte:

13 Lakes, USA 2004, Regie: James Benning

„Die Idee des Films ist ganz einfach. Es geht darum, auf die Seen zu blicken, auf den Himmel und wie das Licht vom Wasser reflektiert wird – und das an dreizehn verschiedenen Orten in den Vereinigten Staaten. Es ist im Grunde eine ästhetische Studie des Lichts – wie es auf das Wasser trifft und wie es sich bewegt. Die Einstellungen werden länger sein – ich denke sieben bis acht Minuten, damit man Zeit hat, über das Licht nachzudenken. Und weil die dreizehn Seen sehr verschieden sind, möchte ich sie so filmen, dass man das Licht auf dem Wasser vergleichen kann. Aber ich möchte auch, dass das Bild ausdrückt, was an diesem See besonders ist. Und das ist der schwierige Teil.“ (James Benning im Interview mit Reinhard Wulf, Auszug aus dem Dokumentarfilm „James Benning – Circling the Image“).

Bei der Berlinale 2002 hat Anna Faroqhi ein Gespräch mit Benning über die „California Trilogy“ geführt, ein Text zu seinem Film „Landscape Suicide“ ist hier zu lesen.

Auf Bennings eigener Seite kann man die Texte von acht Filmen (in Buchform erschienen unter dem Titel „Fifty years to Life. Texts from Eight Films by James Benning“, Madison, Wisconsin: Two Pants Press, 2000) herunterladen.

Donnerstag, 19.08.2004

Teil zwei des laufenden Sammlungsprojekts im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs „When film buffs become Busunternehmer“. Gesichtet am vergangenen Sonntag vor dem Grand Hotel Esplanade am Berliner Landwehrkanal.

[Abbildung ähnlich]

Ich sah – déformation professionelle – zunächst gar nicht den einer solchen Firma eher abträglichen Namen, sondern gleich die notdürftig getarnte filmgeschichtliche Referenz.

Samstag, 07.08.2004

Kino –
Kino –
Kino –
Das Kino.
Kino.
Take me to the Kino again.
Das Kino, Kino. Take me to the Kino again.
Das Kino, Kino. Take me to the Kino again – it’s easy!
Das Kino. Kino. Take me to the Kino again. It’s easy: ask me.

Take me to the Kino again.

(Life without Buildings – Daylighting)

Mittwoch, 04.08.2004

Die 53. Minute: California Split (Robert Altman, 1974)

Bill hat Spielschulden und also spielt er noch mehr. Sein Freund Charlie ist nicht aufzufinden, es geht jetzt auch nicht um den Spaß am Zocken, sondern das Geld muss her. Alleine schließt sich Bill einer Pokerrunde an – und verliert.
Während wir die beiden vorher während des Spiels gesehen haben, solange sie gewonnen haben nämlich, springt der Film an dieser Stelle von dem Moment, an dem Bill am Pokertisch Platz nimmt, sofort zum nächsten Morgen: Übernächtigt tritt er auf die Straße, die tröstenden Worte seines Gastgebers, dass er beim nächsten Mal dann der Gewinner sein wird, nimmt er kaum noch wahr. Lässt sich Gewinnen im Film einfach besser zeigen als Verlieren? Oder ist Gewinnen immer der Prozess selbst, während die Bedeutung des Verlierens erst anhand der Folgen deutlich wird? Am Ende des Films dann verschwimmen die Kategorien von Sieg oder Niederlage: Wieder vereint, gewinnen Bill und Charlie eine ungeheure Summe, aber sie gehen fortan getrennte Wege.

Was wurde eigentlich aus Elliott Gould? Was wurde eigentlich aus George Segal? Wie konnte es kommen, dass zwei Schauspieler, die Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre in einigen der interessantesten amerikanischen Filmen jener Zeit zu sehen waren, so völlig in zweitklassigen Video- und TV-Produktionen verloren gingen? Und: war Elliott Gould nun eine bewusste Antwort auf den jungen Belmondo, oder war das einfach eine dieser Ähnlichkeiten, wie sie immer wieder einmal, Kontinente und Kulturen übergreifend, vorkommen? Immerhin hat ja auch Belmondo nach einem so glänzenden Karriereauftakt bei Godard den Großteil seines Schauspielerlebens dann mit leichtgewichtigen bis dumpfen Rollen verbracht. Und was in diesem Zusammenhang auf jeden Fall auch noch zu fragen ist: Was wurde eigentlich aus Alan Arkin?


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