2004

Samstag, 26.06.2004

L’enfant secret de la modernité

Morgen geht in der „Cinémathèque francaise“, Paris, eine umfangreiche Retrospektive mit Filmen Philippe Garrels zu Ende: Bis auf die Fernseharbeiten wurde dort so gut wie alles gezeigt, viele Filme der 70er Jahre in frisch restaurierten Fassungen. Von den Schwierigkeiten, den Zerfallsprozeß dieser Filme zu stoppen und der traurigen Ironie, dass es oft leichter ist, einen Film aus den 20ern in einer vernünftigen Kopie aufzutreiben als einen, der dreissig Jahre alt ist, spricht Garrel in einem zweiteiligen Gespräch (Teil 1/ Teil 2).

Über Sylvina Boissonnas, die ab 1968 viele Filme der „Groupe Zanzibar“ finanzierte, findet sich dort der schöne Satz: „C’était une fille de bonne famille qui, après mai 1968, s’est dit : ‚Mes parents ont tort et les artistes de ma génération ont raison‘.“

Begleitend zur Retrospektive ist auch ein Interview“ („On oubliera Chirac, pas Godard“) in „Libération“ erschienen: „En 1968, pendant dix minutes, pas plus, on s’est foutu du cinéma, de la caméra… On s’est dit, un temps : cette autre vie est plus importante que sauvegarder le cinéma. Mais non.“

Freitag, 25.06.2004

TV-Tipp: „Wolfsburg“, arte, 20.45h

Mittwoch, 16.06.2004

Absichtserklärung

Bald, demnächst, irgendwann (wenn der Kopf freier ist und die Augen offener als jetzt), vielleicht nie, möchte ich etwas über dieses Bild schreiben und über den Film, aus dem es kommt:

Vorher wäre herauszufinden, was genau mich daran anspricht. Es wird mit der Art und Weise zu tun haben, wie der Mann hier an einem Tisch sitzt und schreibt. Ein Brief entsteht, seine Hand bewegt sich erst flüssig, dann zögerlich, die Zeilen werden von einem kurzen Innehalten und Zur-Seite-blicken unterbrochen. Ein Augenblick der Sammlung, dann wieder Sätze. Aus dem Text, den er schreibt, genauer: aus der Schrift (wird man später erfahren), versucht der potentielle Arbeitgeber, an den sich sein Schreiben richtet, den Menschen herauszulesen. Er will das, was hier als Erzählung ins Bild gebracht ist, zurückübersetzen, als könne aus der Art der Linienführung, dem Druck, mit dem der Stift auf das Papier aufsetzt, der Enge oder Weite der Bögen, das Abbild vom Menschen rekonstruiert werden.

So klar dieses Bild erscheint und so einfach, habe ich doch den Eindruck, dass darin mehr steckt, dass es eine Diagnose enthält und man in ihm das Interesse eines Forschers erkennen kann. Aber was wird untersucht, auf wen bezieht sich die Diagnose? Arbeitsverhältnisse an der Schwelle zwischen den Siebziger und den Achtziger Jahren, damals, als man ein Bewerbungsschreiben noch mit der Hand verfasste? Verzweifeltes Ineinanderdenken von Existenz und Schrift, wie es im Jahrzehnt nach 68 Konjunktur hatte (wie man nachlesen kann)?

In diesem Bild etwas auszumachen, das auch schon den selbstgewählten Tod des Regisseurs ahnen lässt, der es ausgedacht und inszeniert hat, würde zu weit gehen. Trotzdem ist es für mich ein melancholisches Bild.

Dienstag, 01.06.2004

Typo

Vor ein paar Tagen, beim Schnelltippversuch, hier zu landen, stattdessen hier gelandet. One letter less that makes all the difference. Fast gleiche Adresse, deutlich andere Bewohner. Welcher Glauben da wohin umgelenkt werden soll. Grabtuch und Leinwand. Ans Kino glauben. Meine Lieblingskategorie: „Spiritual Warfare“. „Unsaved look like saved“ und „Voice of Satan“ klingen allerdings auch nicht schlecht. Zutiefst unklar, was das ganze mit Filmkritik zu tun haben könnte; der einzige Satz, den ich bislang in der Richtung ausfindig machen konnte: „Since it has been said that a picture is worth a thousand words, perhaps the best way to reflect a portion of the ministry is through pictures. See Ministry photos.“

Montag, 31.05.2004

zurechtrücken

Irgendwo in den unten angeführten Blogs war vor Tagen vom ‚Schanelec-Kameramann Reinhold Vorschneider‘ die Rede. Dazu:

Als Mick Jagger bei der Vorstellung der Bandmitglieder der Stones den Drummer mit den Worten einführte: – und das ist mein Drummer – hat der Drummer ihm sofort einen vor den Latz gehauen.

Samstag, 29.05.2004

„I will tell them ce soir. Fuck’m!“ (Helmut Berger 60)


R. Avedon, Luchino Visconti
(hastig aus einem Band mit 60er-Jahre-Arbeiten herausphotographiert, die Spiegelungen bitte wegdenken)

In Salzburg
(Photo: A.v.Schönburg; Cinetext; respektvoller Artikel in der Süddeutschen von heute)

Mittwoch, 26.05.2004

de la maison jump-cut

* newsblog
* filmfilter
* nichts als film

sowie

* cinema
* licht
* schrift/bild
* schaufenster
* still moving pictures

Rainer Knepperges schenkt uns einen Tipp:

Werkschau Louis de Funes – im Filmclub 813 in Köln
Zu entdecken: Gesicht und Körper eines Mannes, der in komplexester wie dümmster Situation stets ein – und zwar genau ein einziges – Gefühl ausdrückt, in unnatürlich kurzem Abstand aber dann das nächste, ganz andere, ebenso scharf akzentuiert. Und zwischen den Attacken seines pur artifiziellen Spiels – das Wunderbarste: die Pausen, um deren Bedeutung er weiß, und die er deshalb mit reiner Leere füllt.
Informationen unter Filmclub813.de

Mittwoch, 19.05.2004

Wenn man Stimmung nicht von Autobiographischem handeln lässt, ist es ein leerer Begriff

Ein Zitat:
„Es ist unsinnig, eine vorgeformte Mythologie, fertige Vorstellungen von den Dingen zu haben und das abzumalen statt der Wirklichkeit, Einbildungen statt dieser Erde.
Die falschen Maler sehen nicht diesen Baum, Ihr Gesicht, diesen Hund, sondern den Baum, das Gesicht, den Hund. Sie sehen nichts.
Nichts ist jemals dasselbe.
Ihnen schwebt immer ein eine Art feststehender, nebelhafter Typus, den sie einer den anderen weitergeben zwischen ihren Augen – haben sie denn Augen? – und ihrem Modell.
Es ist wie mit den Leuten, die sich für anständig halten, weil sie dem Gesetz gehorchen. Der anständige Mensch hat kein Gesetzbuch im Blut.“

PAUL CÉZANNE, „Gespräche mit Gasquet“.
Zitate entnommen aus „Cézanne“ von Jean Marie Straub/Danielle Huillet (1989).

Dienstag, 18.05.2004

Nadelöhr Film

„Möglicherweise nämlich ist der Kinofilm die einzige gesellschaftliche Technologie, die es erlaubt, 100 Millionen Dollar, einen äußerst laborierten Maschinenpark und die arbeitsteilige Aktivität mehrer tausend Beteiligter in einem einzigen Text von 90 Minuten Länge zu komprimieren; einem Text, der auf dieser Basis so attraktiv ist, dass er ein Massenpublikum anzieht, das ihn refinanziert. Der Film selbst ist, so betrachtet, das Nadelöhr, durch das die gesamte Anstrengung hindurch muss; die genannten Ressourcen werden im Produkt kondensiert, um sich dann – technisch reproduziert – an die Massen zu verteilen.“ (Hartmut Winkler: Diskursökonomie. Versuch über die innere Ökonomie der Medien, Frankfurt / Main: Suhrkamp 2004, S. 35)


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