2006

Freitag, 11.08.2006

Grass Valley Viper

Miami Vice (Michael Mann) USA 2006

Der Film vibriert unterhalb des Gefrierpunktes. Darin ist er groß, makellos ohnehin. Die Handlungsträger sind keine (warum auch) und erfahren eine Verdinglichung der besonderen Art: wie Objekte geführt, nach rein bewegungsdynamischen Parametern in die glamourös-zwielichtigen set pieces eingepasst. Es sind die schönsten ihrer Art. Kapitalintensive Star- und Bildpolitik: teure Dinge hantieren mit teuren Dingen. Surplus entsteht durch ästhetische Koppelung spekulativer und spektakulärer Bewegungen: Gong Li (motorische Exotik) + go-fast boat (exotische Motorik). Kinetische Schauspielerführung und postklassisch-dislozierte Kontinuitätsmontage als Modulation hybrider Bewegungs- und Farbanschlüsse. In Perfektion: Timing, Drive, Dynamik; wie sich die alternierend einmontierten 35mm-Bilder an der hyperrealistischen HD-Flächigkeit aufrauen. Und doch: eine audiovisuelle Fabrik, die in den Neon-Noir-Clubszenen zu sich kommt und im Vexier-Screen-Casino ihre gleichmütige Metapher findet. Das unheimliche kulturindustrielle Regime des Blockbusters wird bei Mann radikal veräußerlicht und zum ästhetischen Prinzip verdichtet. Konsum der Welt in Bildern war gestern; der Blockbuster umgibt sich nicht mehr mit einer Welt – der Film wird zu Ende sein, wenn kein Geld mehr da ist… Kolumbien, Paraguay, Tahiti, Kuba, you name it. Es soll ja Filme geben, die nur drei Farbfilter brauchen, um den internationalen Drogenverkehr zu sortieren. Die Emotion ist bei Mann besonders; sie ist immer gestiftet durch eine Identifikation mit den Aggregatszuständen des Bildes (die tropisch-fluoreszierenden Nachtansichten von Biscayne Bay und Downtown Miami), in die sich sein Wert verkleidet. Jeder Blick ist sein Geld wert. Mindestens das unterscheidet Michael Mann von Raoul Walsh – he had money to burn and the flames are beautiful to behold.

*

Fabelhafte Sachen macht Dion Beebe mit der am gefährlichsten klingenden HD-Kamera der Gegenwart: der Grass Valley Viper von Thomson. Der in Cape Town aufgewachsene Australier gilt seit den dunkel-pulsierenden Bewegungsblöcken von In the Cut als Hollywoods experimentellster Kameramann. 2004 holte ihn Mann zum Set von Collateral, um Paul A. Cameron zu ersetzen. In der immer großartigen Fachzeitschrift American Cinematographer sind die Experten zwar stellenweise sehr unter sich („The filmmakers discovered that any levels below 20 IRE at +3dB or 30 IRE at +6dB on the actors‘ faces rendered an unacceptable amount of noise on the projected film image. Respectively, 20 and 30 IRE are roughly equivalent to 21/3 stops and 11/2 stops below medium gray (about 55 IRE) on a video signal.“); der Artikel über den Collateral-Dreh veranschaulicht aber zumindest ansatzweise die handwerkliche Komplexität der digitalen Praxis und gibt außerdem Einblicke in den kühlen Professionalismus von Michael Mann.

Freitag, 04.08.2006

Parallax Gap

The Unbearable Heaviness of Being Divine Shit
Burned by the Sun.
Pick Up Your Cave!
Copernicus, Darwin, Freud and Many Others.
Toward a New Science of Appearances.
Resistances to Disenchantment.
When the God Comes Around.
The Desublimated Object of Post-Ideology.
Danger?
What Danger?!

Ontic Errance, Ontological Truth.
Gelassenheit? No Thanks!
Toward the Theory of the
Stalinist Musical.

The Obscene Knot of Ideology, and How to Untie It
The Academic Rumspringa,
or,
the Parallax of Power and Resistance.
Human Rights versus the Rights of the Inhuman.
Violence Enframed.
The Ignorance of the Chicken.
Who’s Afraid of the Big Bad Fundamentalism?
Over the Rainbow
Coalition!…

(Kapitelüberschriften aus: Slavoj Zizek: The Parallax View. MIT Press 2006)

Wen das nicht abschreckt: Die Einleitung gibt es hier; eine vorbereitende Publikation ist bereits 2004 in der New Left Review erschienen; von Pakula ist nirgends die Rede.

Sonntag, 30.07.2006

Ein Seepferdchen, vielleicht

„LA CHAMADE,“ Alain Cavalier’s French screen adaptation of Francoise Sagan’s 1966 novel, is like a glass paperweight in which something small and exotic has been embedded—a seahorse, perhaps. It is elegant and lucid, something very pleasant to have around even though it’s not exactly an objet d’art of the first order.

Vincent Canby, NY Times, July 28, 1969

arte, 20.40h

Sonntag, 16.07.2006

Für alle

„Archives pour tous“ ist ein etwas zu vollmundiger Slogan für das, was auf den Seiten des Institut National de l’Audiovisuel“ (INA) zu finden ist. Immerhin knapp 100000 Beiträge aus 60 Jahren Radio und 50 Jahren TV (siehe unten) sind online zugänglich. Im Kleinformat kann man die Sachen umsonst angucken, wenn man sie dauerhaft und als Vollbildfassung haben möchte, muss man zahlen.

„Depuis sa création en 1974, l‘Ina conserve et exploite les programmes produits par les chaînes publiques hertziennes, soit 60 ans de radio et 50 ans de télévision. Grâce à un ambitieux plan de sauvegarde numérique de ses archives engagé en 2001, l’Ina est aujourd’hui en mesure de mettre en ligne à l’usage de tous près de 10 000 heures de ce patrimoine audiovisuel français.“

Ein Beispiel: „Tournage de Mouchette“ de Robert Bresson, Erstausstrahlung ORTF, 26. Januar 1967 (08m39s).

Montag, 10.07.2006

Zeitschriftenhinweis

montage/av hat seine ersten elf Jahrgänge (Ausgaben 1/1/1992 bis 11/2/2002) komplett als PDFs ins Netz gestellt. Praktisch.

Dienstag, 20.06.2006

The Passenger (1975/2006)

Tschad, frühe 1970er Jahre. Die politische Konstellation ist diffus; der Film vermittelt sie nicht, er abstrahiert. Man kann nachlesen, dass das Land 1960 seine formale Unabhängigkeit erlangt und kurz darauf in vorhersehbare postkoloniale Instabilität abgleitet. Ein Bürgerkrieg zwischen dem islamisch-arabisch geprägten Norden und dem christlich-schwarzafrikanisch geprägten Süden, aus dem der erste Präsident Francois Tombalbaye stammt, ruft neokoloniale Akteure auf den Plan und reaktiviert alte Strukturen des Austauschs. Der Reporter und der Waffenhändler bearbeiten mit unterschiedlichen Mitteln die gleiche weltpolitische Asymmetrie, was den Identitätstransfer, den der Film als Prozess der Desubjektivierung dramatisiert, auch auf einer anderen, symbolischen Ebene geradezu notwendig erscheinen lässt. Plansequenzen, die Räume und Zeiten ineinander schieben, als wäre jedes davor/danach nur eine Frage der Perspektive bzw. der Reproduktionsmittel (hier: ein Tonbandgerät). Die notorische Leere der Räume Antonionis wird plötzlich lesbar als Koordinatensystem einer politischen Geographie, die das Sahara-Hotel mit London, München und Barcelona verbindet. Darin zirkulieren Bilder wie Waffen. Robertson (Chuck Mulvehill), der einfach so wegstirbt, spricht noch von dieser Sehnsucht nach nicht-tautologischen Erfahrungen. Nicht zu haben in diesem vermachteten Raum, der nun wirklich keine Bühne mehr ist für jene alteuropäische Innerlichkeit, die sich in Industriellen-Villen zu Tode langweilt. Soll sie doch. „The Passenger“ ist filmgeschichtlich gesehen ein besonders produktiver Fall des Re-entry. New Hollywood gegengelesen durch das darin eigentlich schon prozessierte europäische Autorenkino, zusätzlich verfremdet durch Peter Wollens Script-Mitarbeit. Der Film war lange nicht verfügbar. Seit einigen Wochen gibt es ihn auf DVD; bis Ende Juni läuft eine makellose Kopie im NFT.

Sonntag, 18.06.2006

Rolle vorwärts (Ils travaillent le pantalon)

Die hier von mir vorläufig so benannte „alberne Phase“ Godards ist glaube ich in der Godard-Hagiographie unterrepräsentiert. Aus der Erinnerung würde ich folgende Periodisierung vorschlagen: Ab ca. Nr. 118 in der Filmographie-Bibliographie-Discographie Chronologique, die im Katalog des Centre Pompidou abgedruckt ist (= „Meeting W.A.“) bis Nr. 142 (= der letzte der insgesamt 17 Werbeclips für CLOSED, die Jeans-Marke von Marithé und Francois Girbaud). Auf die Zeitachse umgeschlagen hieße das: von 1986 bis 1988. Ein paar unschlagbare Albernheits-Highlights: Wie JLG als Fürst Myschkin eine Hechtrolle vorwärts durch das Beifahrerfenster in den gelben Ferrari hineinmacht („Soigne ta droite“). Wie er im gleichen Film mit den gestapelten Filmdosen auf dem Arm auf der Gangway des Flugzeugs angerempelt wird. Der skurrile Kabel-Helm, den er in der Rolle des Narrs in „King Lear“ trägt. In „King Lear“ auch seine Stimme aus dem Off, für die er sich (hab ich mir das ausgedacht oder irgendwo gelesen?) Ping-Pong-Bälle in den Mund gesteckt hat. Die so erprobte und offenbar zufrieden stellende Technik scheint er auch in meinem Lieblings-CLOSED-Spot in Anschlag gebracht zu haben, der gemeinsam mit „On s’est tous défilé“, dem oben erwähnten Film mit und über Woody Allen, „Lettre à Freddy Buache“ (1982) und „Métamorphojean“ (1990; nochmals Clips für M + F Girbaud) auf der Katalog-DVD enthalten ist.

Hier eine sicher nicht exakte Transkription des Off-Kommentars: „En général, les gens sont travailleurs en pantalon. Eux, c’est spécial: Ils travaillent le pantalon. Ils travaillent le pantalon. Pratiques américains, pantalons pratiques américains. Husch Husch Ui Husch Husch Hui“ (Die letzten Laute sind aus der simulierten Perspektive des übergebügelten und ob der Hitze aufjaulenden Jeans-Trägers gesprochen). Im Nouvel Obs no 1206, 12-24 Dezember 1987, kurz vor dem Kinostart von „Soigne ta droite“ ist ein Text unter dem Titel „ABCD…JLG“ erschienen, in dem Godard zum Stichwort „BURLESQUE“ sagt: „Das ist ein Genre, das ich immer geliebt habe. Einer der größten zeitgenössischen Künstler ist Jerry Lewis. Seine letzten Filme sind kaum bemerkt worden. In seinem Land wurde er immer verkannt. Das Fernsehen dagegen ist nicht sehr komisch. Das hat nicht den Sinn für Humor wie ihn Swift, Brecht, die Surrealisten oder Coluche hatten.“ (im Katalog S. 328) Coluche kannte ich gar nicht, aber man findet mit zwei, drei Clicks schöne Zitate von ihm: „De tous ceux qui n’ont rien à dire, les plus agréables sont ceux qui se taisent.“

Freitag, 16.06.2006

Mach dich grade, stolze Elfenbeinküste!

Nina Schwabe ist: Nina.
Ein Film wie ein Strich – das tröstet.

Klaus Lemke, „Träum weiter, Julia“ (GER 2004), ARD, 00.20h

PS: Das Technicolor der schweissnassen Puma-Trikots (vorhin CIV, jetzt ANG[1]) lässt uns hier alle sprachlos. Bitten um Verständnis.
[1] Länderabkürzungen courtesy Wörterberg

Montag, 05.06.2006

Über Scheiße

Natur, die durch uns hindurchgeht, uns von innen her betrachtet und anschließend als mehr oder weniger verdichtetes Stoffwechselprodukt verlässt, ist faktisch eher selten in Filmen anzutreffen. Nachdem man sechshundertfünfzig Jahre lang Hügel nur im Gedenken Petrarcas erklomm, um im Angesicht der Natur als Landschaft Gedichte und Reiseberichte zu verfassen, konnte man bass erstaunt sein, als Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts ein junger Mann in IM LAUFE DER ZEIT in einer Landschaftstotalen einen Hügel bestieg, die Hosen runterließ und für alle sichtbar dort hinschiss. Im Gegenlicht der Abendsonne entwich die Scheiße dem Körper eindeutig identifizierbar. … to find I’m king of the hill, head of the list, cream of the crop at the top of the heap (New York, New York) oder … an groten dutt schieten, wie es bei uns zu Hause hieß und meine Großmutter diesen Vorgang höchstwahrscheinlich beschrieben hätte. Viel stärker tabuisiert als Nacktheit und geschlechtlicher Verkehr handelt es sich hier um ein wohl heute noch atemberaubendes Ereignis, das im Zusammenhang des Films als ganz unschuldiger Anschluss an und Einordnung in Naturabläufe gemeint war.

In einer gewagten Analogie kann man vielleicht so weit gehen, den Schließmuskel, der diesen Vorgang kontrolliert und einen kontinuierlichen Fluss unterbricht, als die Flügelblende menschlichen Daseins zu betrachten. Beim Scheißen hält das Leben kurzzeitig inne – wie etwa beim Schwarz zwischen den Bildern. Dem Mythos der Kinematographie zufolge soll dabei ja irre viel passieren. Beiden Vorgängen ist gemeinsam, dass Vorher und Nachher gesellschaftlich determiniert sind, die Sache selbst sich aber jeder Kontrolle entzieht, zum einen im Dunklen bzw. in der westlichen Kultur zum anderen einsam vonstatten geht. Vor dem Muskel allerdings hat sich die Gesellschaft niedergelassen, die ihm den Auftrag der Zerstückelung diktiert. In der Art der Travestie spricht DER DISKRETE CHARME DER BOURGEOISIE von diesem Akt. Und in WEEKEND ist der sexuellen Besetzung dieses Unterbrechungsapparates die obszöne Beichte des Mädchens in BH und Höschen gleich am Anfang gewidmet. Analverkehr, damals wahrscheinlich noch unter pervers geführt, heute als sexuelle Praxis verbreitet und anerkannt – selbst SEX IN THE CITY widmete ihm eine Folge – und damit dem Stigma der Entartung entronnen, deutet hin auf den Wunsch nach Teilhabe an der Scheiße des anderen, auf das, womit er nichts anfangen kann, von dem er sich trennen und Abstand gewinnen möchte*. So ist die in BROKEBACK MOUNTAIN praktizierte Analpenetration – so der ingenieurtechnische Ausdruck für Arschfickerei** – auch als mehr denn als mechanisch naheliegende Notlösung zu verstehen. Es handelt sich nicht um zur Tugend gewandelte Notdurft, sondern die Sache hat ihren eigenen Sinn – Eigensinn eben. Die Leidenschaft der Cowboys zueinander entzündet sich im gegenseitigen Erzählen ihrer Jugendtraumata. Und da es sich in beiden Fällen um unüberwindbar erscheinende Geschichten von aggressiven Vätern handelt, die ihren Söhnen keinen Platz einräumen wollen, fallen diese Erzählungen jeweils auf fruchtbaren Boden, sie werden verstanden. Hier wird ein Anschluss hergestellt zur Scheiße des Gegenübers und Müll aufbereitet im Beisein eines Vertrauten – ein Vorgang, der ihnen im Hinblick auf ihre jeweiligen Ehefrauen verwehrt ist.

Der Film legt durch drei Rückblenden auf einer dem Übrigen enthobenen Ebene nahe, dass eine repressive Gesellschaft dem Glück der beiden letztlich im Wege steht. Wie in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD ist das Jugendtrauma in der Slow Motion Rückschau der zentrale Angelpunkt, wenn hier auch der Vaterbezug konträr besetzt ist. Diese Flash-Backs haften dem Film allerdings an wie Zugeständnisse an die Konvention politischer Korrektheit, letztlich überflüssig, denn im Parterre der Erzählung passiert etwas anderes. Das Zögern und letztlich die Weigerung von Ennis, seiner Liebe ein reales Leben zu geben, scheint nicht nur der Angst vor gesellschaftlicher Vernichtung zu gehorchen, sondern auch der Ahnung, dass der nicht viel Interesse an der Auflösung und Entsorgung von Scheiße haben kann, der seine Liebe auf die Trauer und Melancholie ihrer Unüberwindbarkeit begründet. Beide brauchen einander, um die Vergangenheit auszuhalten. Ist die einmal abgearbeitet, hätte ihre Verbindung keinen Gegenstand mehr, wäre nicht inzwischen ein tragfähiges Zukunftsprojekt formuliert. Selbst Jacks Unterfangen, das er vor seinem Freund im Geheimen betreibt, die Farm seines Vaters gemeinsam mit Ennis zu übernehmen, wäre nur einer Einrichtung im Status quo der verletzten Kinderseele gleichgekommen, einer Terra incognita, Betreten verboten und jedweder Entwicklung unhold.

Wenn John Travolta in PULP FICTION auf dem Klo sitzend erschossen wird, dann ist das sicher keinem Verismus geschuldet, sondern als Parodie zu verstehen auf die Leugnung des Tatbestandes, dass das Verzehren von Natur mit Abfall verbunden ist, und zwar in jeder Form. Scheiße zu thematisieren hieß einmal, gegen die Aufrechterhaltung des Warencharakters von Film und Filmfiguren zu arbeiten, die in der Konvention stets als geschlossene Entitäten daherkommen. (So habe ich als Kind z.B. aufgehört zu beten, als ich mir klarmachte, das Robert Wagner als AL MUNDY so einen Quatsch bestimmt nicht machen würde.) Dustin Hoffman durfte sich in MIDNIGHT COWBOYS noch kurz vor seinem Tod in die Hose scheißen, um seinen völligen Verliererstatus zu unterstreichen. Das Warenkritische daran dürfte sich inzwischen allerdings selbst verzehrt haben.

Zur Beugung:
im Netz hängen – diverse
in der Tinte sitzen – diverse
in der Scheiße sitzen – DIE 120 TAGE VON SODOM
Scheiße fressen – PINK FLAMINGO

* Die rein technokratische Ebene von Formen der Potenzierung von Lustgewinn wird hier nicht diskutiert.
**Wie bei allen sexuellen Begrifflichkeiten gibt es nie einen mit angemessenem Ton

Sonntag, 04.06.2006

Good on so many levels

[…] natürlich haben 26 WestWingFolgen keine ganze Woche vorgehalten: zwischen 1 & 2 eine Folge zum Tagesabschluss, und immer wurde es schnell 5.

– zu Allererst & Allerletzt immer wieder Erstaunen über dieses Strukturprinzip, die Intrige zugunsten der Integrität konsequent zu eliminieren, ganz banal die Verwunderung über mich selbst, diesen Entwürfen guter Menschen mich anzubinden, trotz o. wegen der ziemlich singulären Charakter & Sprechweisengruppierung, die das Sagbare weniger den einzelnen Personen zuweist, als immer auf eine Raum-Personen-Anordnung ausrichtet (vielleicht auch als gegen den auratischen Realismus z.B. der Sopranos gerichtetes Projekt: die Sprechgeschwindigkeiten, das permanente eloquente Stocken, das „Go away“ für Sam, das „Okay“ von Danny, Charlie, Toby, der diskrete Diskurs darüber, über die Zeichen, Signale, mitunter fast nervig klug).
– die Umstülpung des räumlich-arkanen der Politik, der „ummauerten Leere jeder sanktionierten Gewalt“ (die kurzen Wege, die missing links: eine Karte des WH könnte ich nach der Serie nicht zeichnen, aber alle Türen öffnen sich, und das Oval Office ist nur ein Zimmer hinter, unter anderen; das Spiel damit: die unendliche Verführungskraft der Nachbartür für die Gäste.)
– im Gegenzug die Ausgesetztheit des Staff in der Konfrontation mit dem Außen, die Umschlagsmomente zwischen Unsicherheit & Souveränität, Neurose & Virtuosität, die latente Unbeherrschbarkeit der Bewegungen – sowieso: das Prinzip des (körperlichen) Lapsus, des Aussetzers
– der modifizierte Familialismus einer Politik der Freundschaft
– die Geste
– C.J.
– etc.

[aus einer E-Mail von Daniel Eschkötter (filmtext.com)].


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