2009

Montag, 06.04.2009

Frühling

beweglicher süßklee und crookes photometer
In der neuen Ausgabe von SigiGötz-Entertainment verblieb versehentlich eine Abbildung von Süßklee in einem Text, aus dem ich die dazugehörige Passage entfernt hatte. In Ergänzung meiner Darstellung der spiritistischen Begeisterung des Physikers William Crookes (im vorangegangenen SGE-Heft) wollte ich die erstaunliche Beobachtung nachliefern, die Maurice Maeterlinck in seinem Aufsatz über „die Intelligenz der Blumen“ (1907) am beweglichen Süßklee (Hedysarum gyrans) gemacht hat: Dessen Blättchen seien „so empfindlich gegen das Licht, dass ihr Tanz sich verlangsamt oder beschleunigt, je nachdem Wolken den Himmelsausschnitt, in den sie hinaufschauen, bedecken oder freilassen. Es sind wie man sieht, wahre Photometer … lange vor Crookes Erfindung.
Sieht man näher zu, so ist es höchst wahrscheinlich, dass wir überhaupt nichts schaffen können. Als Spätgeborene dieser Erde finden wir einfach wieder, was stets bestanden hat, und legen wie verwunderte Kinder den Weg, den das Leben schon vor uns gemacht hatte, noch einmal zurück.

Donnerstag, 02.04.2009

Heute

Was Stefanie Schlüter hier über Abdellatif Kechiches Film L’ESQUIVE sagte, gilt auch für das Spiel der Schüler in der wunderbaren Theateradaption an der Lise-Meitner-Gesamtschule in Köln-Porz: Das Spiel rehabilitiert „nicht mit der naiven Behauptung, das Problematische sei nicht da, sondern zeigt in einer Bewegung der Abweichung, wozu diese Energie auch fähig sein kann.“

Die Proben zu Marivaux‘ „Spiel von Liebe und Zufall“ auf der Schülertheaterbühne einer französischen Vorstadtschule – aufgeführt auf der Schülertheaterbühne einer deutschen Vorstadtschule. Unter der Regie von Bernhard Weitzell, mit Ekaterina Shapiro, Veronika Fot, Seid Felec, Jessica Krosch, Sarah Mokry, Derbas Mohammed Ahmad, Julia Bulpa, Cecilia Adu, Denise Kubatz, Lukas Lorenz, Tanja Engels, Pascal Starke, Anes Hasanovic, Antonio Pangia, Sandra Schröter, Rodrigue Kabeya, Witali Rau und Sara Piel de la Revilla.

„Nicht ja – nicht nein“, nur noch heute um 19:00 Uhr, 3 Euro Eintritt, 1,50 für Schüler.

Mittwoch, 01.04.2009

The Philosphy of Seth Rogen

„Yeah, that’s really all it is: You could guess all day as to what other people would like, but you know what you like. So that’s what we try to do.“ (Screen Test: Seth Rogen)

Samstag, 28.03.2009

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Donnerstag, 26.03.2009

The Jewish Cowboy

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James Caan wird 69 oder 70, jedenfalls hat er heute Geburtstag.

Red Line 7000 (Howard Hawks 1965), El Dorado (Howard Hawks 1966), The Rain People (Francis Ford Coppola 1969), The Godfather (Francis Ford Coppola 1972), Slither (Howard Zieff 1973), The Gambler (Karel Reisz 1974), Un autre homme, une autre chance (Claude Lelouch 1977), Misery (Rob Reiner 1990), Poodle Springs (Bob Rafelson 1998), Elf (Jon Favreau 2003), …

Montag, 16.03.2009

Humbug, Grimasse und Tod

„Das war ein beliebtes Subgenre des Gangsterfilms in den 50ern, das Portrait amerikanischer Städte als Nester der Korruption, die bekanntesten Filme darunter PHOENIX CITY STORY und KANSAS CITY CONFIDENTAL, beide von Phil Karlson. Man braucht nicht mehr undercover gehen“, schrieb Hans Schifferle zu William Castles THE HOUSTON STORY von 1956. Das Sichtbarwerden von Korruption, das Offensichtliche von Gier und Gemeinheit ist ein ausgesprochen filmisches Sujet. Eine ausgeraubte Stadt, unterhöhlt, im Erdboden versinkend, während auf einzelnen Gesichtern die Strapaze des Leugnens als grässliche Verunstaltung offen zu Tage tritt – dazu drei Links: Späte Lüge (5:03) – frühe Neugier (8:13) – letzte Aufklärung (2:50).

Wir fuhren, wie auf der Flucht, von Köln weg, aus dem Regen raus, nach Brüssel. Doris Kuhn und die Filmkopien aus der Sammlung des Werkstattkinos kamen aus München. B-Film-Archäologe Jack Stevenson referierte über das „Gimmick“. Besucher standen Schlange, um zwei Filme zu sehen von William Castle. Und ganz nach dessen Willen wurde dann in der Nacht tatsächlich laut geschrieen im Kinosaal.

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„Schock und Thrill, Rock’n’Roll und makabre Scherze, darum geht es in Castles Horrorfilmen. Es geht aber auch um das Subtile im Grellen, um die Verknüpfung von Scherz und Ernst, von Realität und Magie, letztendlich um die Neugier des Menschen und diesen faszinierenden Hokuspokus der Kinematographie. Mit fast kindlicher Radikalität hat er sich in den frühen 60ern an Tabuthemen herangewagt wie der Transsexualität in HOMICIDAL (1961). Nichts ist so, wie es scheint, und doch ist der Schein alles. Castle ließ lange offen, ob der großartige Star des Films mit dem nom de plume Jean Arless Mann oder Frau ist.“

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„Wie ein gerissener Impressario hat Castle alte Hollywoodstars wieder vor die Kamera geholt, ein Impressario aber auch, der das Filmgeschäft kennt, der Respekt und Liebe empfindet den einst großen Darstellern gegenüber und Trauer über den Lauf der Zeit. Barbara Stanwyck und Robert Taylor spielen die Hauptrollen in NIGHTWALKER (1964), einem Thriller über die Wirklichkeit von Alpträumen. In STRAITJACKET stellt Joan Crawford eine Axtmörderin dar, die zu ihrer Tochter zurückkehrt. Dass die Zeit heilt, ist eine Lüge. Bei aller Freude am Experiment haben Castles Filme einen pessimistischen Zug. Sie zeigen die Erbärmlichkeit des Alters, die Grausamkeit der Jugend.“ (Hans Schifferle)

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MR. SARDONICUS (Guy Rolfe) gräbt, wo er nicht graben soll. Mit dem verstorbenen Vater ist ein Lotterielos beerdigt worden. Gestraft wird der Grabräuber durch eine bleibende Grimasse. Unter seiner Maske grinst er wie ein geifernder Hund. „In diesem Film wird besonders deutlich,“ schreibt Schifferle, „wie stark Castle beeinflusst ist vom Stummfilm, der Zeit, als das Kino noch unschuldig war und gefährlich.“

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In den späten 50ern sahen sich viele Kinobetreiber nicht in der Lage die hohen Verleihmieten für aktuelle Produktionen zu entrichten und anstehende technische Neuerungen zu finanzieren. In den Zeiten von Cinerama, Stereo und 3-D suchten sie im Stummfilmabspiel ein Nischendasein.
THE TINGLER entdeckt solch ein Kino als wirklich effektvollen Schauplatz.

Dankbar, wie selige Pilger streunten wir vor der Heimreise in der Mittagssonne noch gemeinsam zum „Cinema ABC“, dessen handgemalte Reklametafeln den Boulevard Adolphe Max mitsamt des alten Hotels „Manhattan“ in eine belgische 42nd Street verwandeln. Viele kleine „Striptease!“-Pappdeckel sitzen wie Schmetterlinge auf den verblichenen Pornofilmplakaten: Deutsche Titel aus dem Hause Constantin – aus besseren Zeiten. Wann sah ich zuletzt eine so verlockende Kinofassade. Eine Reliquie. Ein Tabernakel. Ein Trost.

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In meinem Heimatort, als mein Vater jung war, spielte man einem Betrunkenen, der am Kneipentisch einschlief, einen bösen Streich. Man löschte alle Lichter und tat in völliger Finsternis so, als streite man lautstark beim Kartenspiel. Der Geweckte musste glauben, er sei erblindet, und schrie vor Angst.

Die Brüsseler Cinematek zeigt am Dienstag MATINEE (von Joe Dante, 1993) und THIRTEEN GHOSTS (von William Castle, 1960), am Donnerstag STRAIT-JACKET (1964), am Samstag ZOTZ! (1962) und HOMICIDAL (1961), am Sonntag THE NIGHT WALKER (1964) und HOUSE ON HAUNTED HILL (1959). Im Juni wird das Münchner Filmmuseum Filme von William Castle zeigen.


Ein kleiner Hinweis in eigener Sache:

3sat sendet morgen, Dienstag 17.3.2009, um 22:55 DIE QUEREINSTEIGERINNEN

Sonntag, 15.03.2009

Videointerviews

Auf der Website der Sorbonne nouvelle (Paris III) sind zahlreiche, meist mehrteilige Gespräche mit Filmemacherinnen und Filmemachern zu finden. Darunter eine Reihe mit dem Titel „Le cinéma allemand à Berlin“ – Heise, Hochhäusler, Karmakar, Petzold, Schanelec, Trampe – und zwei Beiträge von Pierre Sorlin.

Samstag, 14.03.2009

23/100

Die Geschichte vom Schriftsteller – 45 Jahre später sollte einer seiner unvollendeten Romane von Orson Welles verfilmt werden –, der 1917 gemeinsam mit einigen anderen eine Zeitschrift mit dem Titel „Blätter zur Bekämpfung des Machtwillens“ gründen wollte, woraus dann aus verschiedenen Gründen nichts wurde.

22/100

Die Geschichte vom Visionär, der 1912 in einem Text mit dem Titel „The Future of Home Theaters“ prognostizierte, dass man bald ins Kino gehen könne ohne das Wohnzimmer zu verlassen, da ein, wie er es nannte, „elektrischer Sichtapparat mit Telefon“ dafür sorgen werde, dass „durch das Umlegen eines Schalters“ Bild und Ton von einer zentralen Plattform „in Millionen von Haushalten“ geschickt werden können.

Donnerstag, 12.03.2009

HOLLOW CITY STORY

warner brothers

5 Minuten vor dem Ende eines Kriminalfilms: Der Journalist legt dem Staatsanwalt die Beweise vor, die zur Verhaftung und Verurteilung der skrupellosen Räuberbande ausreichen. Aber der hohe Vertreter des Rechts zeigt sich nur desinteressiert, belästigt, er reagiert auf insistierende Fragen sogar zornig. Schauerlicher Moment der Erkenntnis: Staatsanwalt und Gangster stecken unter einer Decke! Alle Hoffnung auf Gerechtigkeit verfliegt. Dann jedoch wird dem mächtigen Mann plötzlich klar, dass der kluge Journalist die Situation vor Zeugen so eingerichtet hat, dass sich jedem sichtbar durch die Reaktion des Staatsanwalts die ganze Wahrheit enthüllt. Schöner Moment im Kino. Wie dieser Staatsanwalt gespielt werden sollte, nein, wie er verkörpert werden muss, dazu hat der Kölner Generalstaatsanwalt Jürgen Kapischke in dem am Montag gesendeten WDR-Film „Die Story: Wie Politiker und Investoren bei der Sparkasse Köln-Bonn abkassierten“ ein ganz exquisites Vorbild abgegeben. Wer sich nebenbei noch für Köln interessiert, dem seien nicht nur die letzten 5 von 45 Minuten sondern der ganze Film von Ingolf Gritschneder und Georg Wellmann empfohlen.


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