2009

Dienstag, 27.01.2009

Zeitschriftenhinweis

„ZAUNGÄSTE – ZZA PLOTU beginnt vor einer Zoohandlung. Passanten kreuzen einzeln oder paarweise, gerade oder diagonal, die sonnige Straße. Und ein weißer Schmetterling fliegt durchs Bild. An diesem aber ist etwas Ungewöhnliches, das keinesfalls übergangen werden darf. Man könnte nämlich sagen, dass der Schmetterling genau den Moment abwartet, in dem die Szenerie plötzlich leer ist; als wolle er nicht, dass etwas von ihm ablenkt. Man könnte auch sagen, dass die Menschen und Autos dem Schmetterling kurz die Bühne überlassen – aus Respekt. Beides ist natürlich Unfug. Aber es ist das, was zu sehen ist: Eine sinnlos schöne, irrsinnig komplizierte Choreografie. Als begänne in diesem Ostseestädtchen wie selbstverständlich ein Oscarprämiertes Musical aus den Sechzigern, mit buntgekleideten Menschen und dressierten Insekten.“

Aus: 24 KINOZEITSCHRIFT. Das neue Heft ist gerade erschienen (und bei antidot.jofer@web.de für 4 Euro zu erwerben). Außerdem darin: Kuhn über RED ROAD, Jofer über JCVD, Göttler und Rotthaler über Helmut Käutners „Stock Company“, Biallas über das Festival UNDERDOX, Kriest interviewt Christian Petzold, und Mannes veröffentlicht endlich sein sagenumwobenes Gespräch mit Georg Tressler.

Montag, 26.01.2009

american short story

memories

Reynaldo: I picked this LP up on eBay three years ago … to me, the album is a unique and powerful work of music that has stood up after countless listens and that must be heard, which is why I want to share it with you in its entirety.

goatboy: I seriously don’t know what it is about this record but I have listened to it more than several times now and it continues to grow further and further under my skin.

Ric: I have been friends and bandmates with Jim Sullivan’s nephew for over 15 years. I used to see the gatefold album cover hanging up on my friend’s wall. When I asked him about it, he told me that his Uncle Jim had died when he was 3 years old. All he really had to remember him by was this unusual collection of songs and a story about Jim being abducted by aliens. The last he heard was that Sully had been murdered. This is indeed a strange story and I’d love to hear from anyone who has more information…

Beaver: The best thing I’ve heard in years, what an LP, it’s made my days brighter and put my weary mind at ease…

Ric: I have one more piece of trivia about this guy Jim Sullivan… he’s in a scene from “Easy Rider”, basically playing himself, a singer in a bar band.

eyeofthetigris: Just watched Easy Rider and did not see a scene with Jim Sullivan.

Ric: That’s a piece of info given to me by Jim’s nephew. My friend’s memories of his uncle were foggy to say the least, he was very young when Jim died. He thinks that his relatives concocted the alien abduction story to hide the ugly truth that Jim had been killed (how this would put a child’s mind at ease, I’m not sure!). The good news is that Jim’s nephew, Josh Steely, has carried the musical torch and is now a successful musician himself.

Jonny crystals: I spent a few months looking for a copy of U.F.O. and happened to stumble upon another self-titled Jim Sullivan record released in 72′ on Playboy Records. It’s a promotional copy, so it may have never actually been released to the public. There’s a brief biography on the jacket which says Jim was “A six foot three Nebraska born Irishman, who’s played his 12 string guitar in every beach bar from Acapulco to Big Sur.”

John Rankin: I was thinking about my friend Jim Sullivan and decided to google his name. I found this site and not much more. Jim’s wife Barbara was my secretary at Capitol Records (1968-69). I tried to get him signed but they thought he was too much like their new artist James Taylor at the time. I left Capitol and played bass for Jim in bars around L.A. for maybe a year on and off. Many years ago I heard that he had disappeared. I think it was in New Mexico. He was pulled over by a trooper because he was driving funny (swerving). The trooper found that he was just tired and told him about a motel just up the road. When they looked for him, they found his guitar on the bed and his truck still parked where he put it. But, no Jim. This is the story I was told by a very reliable source a very long time ago. By the way, he was in Easy Rider. I was at his house the day after they finished filming.

Linda C: I’m Jim’s sister in law (and Josh’s aunt). He was in Easy Rider, the commune scene wearing his “Lions” cowboy hat. He was an extrordinary writer and guitarist. He taught me a little guitar when I was in high school. After years of having some small successes and seeing some of his music stolen, he became a troubled soul who developed a drinking problem. He did disappear in New Mexico as John Rankin said. I still listen to his albums with tears in my eyes.

Chelle L: We, his family, have always loved his music and have shared it with whomever would listen, but never on this scale. I think it’s magic, but I may be a bit partial.
Like my mom, Linda C, I cry to hear him. I was just a little girl when he disappeared, and he was my huge larger than life Uncle Sully…

Jim Sullivan: U.F.O. – – – waxidermy

Freitag, 23.01.2009

La leçon de guitare

Ich habe nie etwas geschrieben über diesen Film, weil er nicht meine Entdeckung war, ich wünschte, es wäre so, oder es wäre eben anders, so nämlich, dass man dies ignorieren könnte. Bei einem 17-minütigen Film wiegt dieses Entdecken, vielmehr Nicht-Entdeckt-Haben aber zu schwer. Danken kann man. Ein Film über einen, mit einem Gainsbourg-Song, den ich davor nicht kannte und nun, da ich ihn kenne, in den Interpretationen von Gainsbourg oder Jane Birkin nicht mehr hören will. Ein Lebensfilm. Über einen Mann, der ins Offene schaut. (Davor das einzige Fehlbild dieses Films, fast eine Diffamierung des Mannes: man sieht seinen Wecker, in Großaufnahme, sieht, wie spät er aufsteht.) Wie er schauen will & kann, was der Tag ihm bringt, aus zwei Fenstern daheim, im Café. Der Mann scheint nicht viel zu haben, aber gute Manieren. Nach dem Gitarrenkauf bei einem gebückten Luc Moullet, nach dem Titel, beginnt der Film noch einmal neu, beinahe, das Offene ist nun bald das Geheimnis, jenes der fremden Wohnung, der des Gitarrenlehrers. Vielleicht habe ich noch nie einen Film gesehen, der nicht von Jacques Rivette ist und doch so präzise mit diesem Geheimnis umgeht, sich davon umtreiben lässt. Die offenen Türen, die Routinen, schon vor dem Eintritt: die Spuren von abwesenden Kindern, die Frau, ihre Namen, ihr Vergessen. Der Mann schaut, manchmal scheint er zu staunen, aber das mag täuschen. Ich habe den Film inzwischen vielleicht neunmal gesehen, zweimal davon im Kino. Seine Präzisionen: der Bild-Ton-Schnitt, die geübten Akkorde in der Nacht; wie der Gitarrenlehrer die Tasse wegnimmt, um das Zupfen der Saiten vorzuführen; wie nach dem scheinbaren Blick auf den Fernseher, der Großaufnahme mit dem Motocrossrennen der ScheinGegenschuss die verwaiste Tür zeigt.

Montag, 19.01.2009

Poe-Jahr, Poe-Haus

Edgar Poe, wie ihn Arno Schmidt immer nur nannte, weil er dem Ziehvater Allan den Geiz & die Härte gegen den Ziehsohn sehr übel nahm, der Jubilar, der Autor, der Kosmologe, ist in Baltimore gestorben, am 7. Oktober 1849, und hat dort gelebt, von 1831 oder 1832 bis 1835, in einem kleinen Haus, N Amity Street 3, jetzt 203, das man besichtigen kann, wenn man von der Anrufbeantworternachricht des Hauses, die nachdrücklich davon abrät, zu Fuß dorthin zu gehen, nicht abgeschreckt wird. In den 30er Jahren wurden in der Gegend des Hauses, das in West Baltimore steht, die Poe Homes gebaut, ein (Public Housing) Project. Vor der Tür des Poe-Hauses steht nun immer ein Streifenwagen, wartet auf die vereinzelten Touristen und Besucher, die an der Tür des Hauses, in dem es wenig zu sehen gibt, von einem Mann empfangen werden, der sich bemüht, nach ca. 1840 auszusehen und zu klingen. Man hat ein Verhältnis zu den Projects von West Baltimore, merkwürdigerweise, jedenfalls, wenn man die Serie The Wire schaut. Sie hat dort ihren Ort, zu einem großen Teil jedenfalls. Edgar Poe interessiert The Wire wenig (so wie, das nebenbei, auch die Johns Hopkins University The Wire wenig interessiert, dies allerdings, einmal, als »Bunny« Colvin ein Gespräch mit einem Universitätsangestellten führt wegen des später, nach Colvins Hamsterdam-Experiment, zurückgezogenen Angebots, nach der Pensionierung die Campus Security zu leiten, auf eine sehr witzige Weise).

Am Anfang der 2. Folge der 3. Staffel, »All Due Respect«, noch vor der Titelsequenz, kurz bevor sie von Omar, verkleidet als alter Mann im Rollstuhl, und seiner Komplizin/Pflegerin ausgeraubt werden, unterhalten sich zwei soldiers, zwei Bewacher eines Barksdale-stash houses. Der eine erzählt dem anderen mit großen Gesten von einer Begegnung mit weißen Touristen; dass »Poe« klingt wie »po’«, also »poor«, spielt eine Rolle: »Yeah, so we out on Carrollton, this ol’ white motherfucker and his wife roll up, he’s like, ›Young man, you know where the po’ house is?‹ I’m like, ›Unc, you kiddin’ me? Look around, take your pick.‹ So, the old man, he’s like, ›The Poe House. The Edward Allen Poe House.‹ […] I’m like ›I don’t know no Edward Allen Poe.‹ The man look at me all sad and shit like I let him down.« Dann werden sie überrumpelt. Soviel zu Edgar Poe und The Wire. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht enthält, vielleicht ist auch ein zentraler Mord in der ersten Staffel, der an der Studentin und ehemaligen Avon Barksdale-Gelieben Deirdre Kresson, eine diskrete Referenz. Wie der Rabe, The RavenThe Ravens, so heißt Baltimores Football-Team, für das sich The Wire gleichfalls nicht interessiert, warum auch – im Gedicht ans Fenster klopft, tapping, so Wee-Bey bei seinem, diesem Mord, einem Mord, dessen Verstehen, dessen Rekonstruktion am Tatort durch McNulty und Bunk zur großartigsten, buchstäblich einsilbigsten natural police-Arbeit der Fernsehgeschichte gehören dürfte. (»But the raven, […] spoke only, / That one word«) Fuck [CSI]. »Tap, tap, tap.« Lautmalerisch erzählt den Mord D’Angelo Barksdale, der log, als er ihn sich zuschrieb, später. (»Quoth the raven, ›Nevermore.‹«)

Dienstag, 13.01.2009

Langtexthinweis

Innen / Außen. Das Kino und seine Umgebungen: 1963

Ein Text von Volker Pantenburg über Rivette, Rohmer, die Cahiers du cinéma im Juni 1963 und die Monate danach. Auch Claude Lévi-Strauss kommt vor, aber anders, als Rivette sich das möglicherweise vorgestellt hatte.

Samstag, 10.01.2009

21/100

Die Geschichte vom theoretisch imprägnierten Filmpraktiker, der im Vorwort zu einer Neuauflage seines einflussreichen Buchs nicht ohne Koketterie die Revision vornimmt, dass „die feierliche Verkündigung, es gebe fünfzehn Arten von raum-zeitlicher Einstellungsverknüpfung mit Sicherheit zu den unnötigsten Informationen über das Filmemachen gehört, die je in einem gedruckten Werk vorgebracht worden sind.“

Donnerstag, 08.01.2009

Fernsehhinweis

Sieben Filme von Harun Farocki und einer von Christoph Hübner und Gabriele Voss über Farocki sind in den nächsten Nächten auf 3sat zu sehen. Darunter in Erstausstrahlung AUFSCHUB (2007), außerdem DER AUFTRITT, ERKENNEN UND VERFOLGEN, NICHT OHNE RISIKO, EIN BILD, AUGE/MASCHINE und GEFÄNGNISBILDER. Termine und Informationen hier.

Angekündigt ist bei ABSOLUTMEDIEN auch eine Farocki-Box. Voraussichtlich 5 DVDs mit voraussichtlich 20 Filmen.

Mittwoch, 07.01.2009

„I had always assumed that Matthew Barney pioneered the art of financing films by packaging props into more easily monetizable vitrines, but Fischli & Weiss had him beat by a full Documenta.“ (Gregg Allen)

Überlegungen zu DER LAUF DER DINGE, unsichtbar-sichtbaren Schnitten, das Tanzen auf Walter Benjamins Grab, der Aura und den Preisen zeitgenössischer Kunst.

Hier, dann hier und hier.

[via CARGO]

Dienstag, 06.01.2009

MEDICINE FOR MELANCHOLY

Wenn es bei der Jahresliste um schöne Überraschungen gegangen wäre und man nicht ohnehin immer alles mögliche vergisst beim Listenmachen, dann hätte MEDICINE FOR MELANCHOLY auf meine Liste gehört.

Klassische Festivalerfahrung: Irgendetwas verzögert sich, deshalb schafft man es nicht, den Film noch zu erreichen, den man eigentlich gern sehen wollte, stattdessen bleibt man semizufrieden, wo man grad ist, und manchmal, eher selten, ist es dann genau gut so, wie es kommt.

Angenehmes DV-Kino, mit sehr wenig Geld hergestellt, wenn ich mich an das Q&A richtig erinnere, haben sie auf eine ganz billige Kamera irgendwie eine 35mm-Optik draufgebastelt oder so ähnlich. Die beiden Hauptdarsteller (die Frau mit dem LODEN-T-Shirt und Micah) bewegen sich sehr schön, und auch sonst ist vieles richtig oder erinnert mich an Dinge, die ich mal richtig fand und die auch jetzt nicht ganz falsch sind.

Einmal war der Film scheinbar schon hier zu sehen, im Babylon. Am Freitag kommt er dort nochmal, im Rahmen des „Unknown Pleasures“-Festivals, wo er auch das Poster ziert.

FR 9.1., 20.00 Babylon Mitte

Medicine for Melancholy, USA 2007; R: Barry Jenkins; mit Wyatt Cenac, Tracey Heggins; Digibeta, 87 min, OV.


atasehir escort atasehir escort kadikoy escort kartal escort bostanci escort