Mai 2010

Freitag, 21.05.2010

Fremd gestellte Blicke

„Unvollkommenheit als Menschenrecht“- diese schöne Lektion hat Romuald Karmakar aus seiner Zeit als Punk herübergerettet. So zitiert ihn Tobias Ebbrecht in seiner kleinen, feinen Studie. Er bringt nicht nur die politische Position des Künstlers in Erinnerung, sondern leistet eine genaue Abgrenzung von dem, was bei anderen filmischen Bearbeitungen „seiner“ Themen in den letzten Jahren so schrecklich falsch lief: „Karmakars Geschichten aus Deutschland unterscheiden sich fundamental von den zahlreichen Geschichtsfiktionen der letzten Jahre von „Napola“ bis zu „Der Untergang“.

Bilder hinter den Worten, 2010, Reihe Filit im Verbrecher Verlag, Band 5, 13 €

Dienstag, 18.05.2010

Langtexthinweis

* Stefanie Schlüter: „Around my way“ – Anmerkungen zu einem kleinen Juwel

Montag, 17.05.2010

‚You, me, watch.‘

„The legendary French film director Jean-Luc Godard, whose latest work, Film Socialisme, is showing at Cannes this week, has decided to run its subtitles in ‚Navajo English‘ as in old Westerns where the Native Americans spoke in choppy phrases. Because the drama takes place on a cruise ship where no one speaks the same language, Godard has fashioned his subtitles concisely to say the least. If a character is saying „give me your watch“, the subtitle will read ‚You, me, watch.‘ “

* Godard/Cohn-Bendit
[via cargo]

Sonntag, 16.05.2010

shomingeki 22

Die neue Nummer 22 von shomingeki ist da. Darin findet sich etwa ein Gespräch mit Tag Gallagher, dem großen John Ford-Forscher, – zeitnah zur Gelegenheit, im Kino Arsenal den Filmen des Regisseurs wieder zu begegnen.

www.shomingeki.de

Donnerstag, 13.05.2010

Paukenschlag

Einstellung aus dem Hubschrauber. Die Stadt. Ransprung in eine Übersichtsszene auf dem Boden, unterlegt mit einem soundbearbeiteten Paukenschlag und Blitzbildeffekt. Ransprung in eine nähere Einstellung des Geschehens mit Paukenschlag und Blitzbildeffekt. Ransprung an den Hauptdarsteller. Paukenschlag. Blitzbildeffekt. Zoomeinengung des Gesichts. – Lichtgeschwindigkeitssprünge. Bild- und Toneffekte künden davon, dass hier Großes vor sich geht. Und in IM ANGESICHT DES VERBRECHENS geht oft Großes vor sich. Die Bewegungslinie der Bildentwicklung sagt, dass mit diesen Effekten Einschränkungen von statten gehen. Nichts wird aufgestoßen, Türen fallen ins Schloss. Innerhalb des Molochs Großstadt soll uns diese eine kleine Szene interessieren, dieses eine Schicksal. Die Anstrengung dieser Konzentration ist mit sicht- und hörbaren Reibungsverlusten verbunden. Das kleine Problem steht immer in einem großen ganzen Zusammenhang. City that never sleeps. Wird mitgedacht. Soll.

Atemlosigkeit, besser: atemberaubend. Mittels Einstellungsüberflutung. Nach einem Dialogsatz wird für den Folgesatz in die selbe/gleiche Einstellung geschnitten. Der feine, aber wahrzunehmende Bruch verhindert, dass Langeweile sich breit macht. Keine Löcher. Keine Ruhe. Schauspieler halten. Auch beim Singen entscheidet sich an den ausgehaltenen Tönen, ob es sich um Schreien oder freie Resonanz handelt. Dagegen Riemelts ausgeglichenes Gesicht – schlauer zwar, aber gegenüber einer undurchsichtigen Welt ähnlich dauer-staunend wie Martin Sheen in APOCALYPSE NOW.

Erinnerung. Wir erinnern uns. Wir müssen uns erinnern an den zweiten Weltkrieg und deutsche Panzer in der Ukraine – heute wie die tote Mutter in THE NIGHT OF THE HUNTER auf den Seegrund verbannt, an den toten Bruder, an die Fortsetzungsfolgen zuvor. Wir erinnern uns viel. Erinnerung wird in Worten erzählt, aber auch ins Bild gesetzt. Ein-eindeutig. Eine Serie hat, zumindest wie man sie aus den USA kennt, Erinnerung eigentlich nicht nötig, entwickelt Gegenwart im Moment. Es ist ja auch keine. So wie BERLIN – ALEXANDERPLATZ auch keine ist. Auch dort immerzu Erinnerung.

Vorschlag zur Kategorisierung: Heimatfilm.

Parallel auf Arte eine wohl als Doku-Serie gemeinte Reihe: DEUTSCHLANDS KÜSTEN. Auch diese Produktion hatte einen Hubschrauber zur Verfügung. Wenn von der Aufsicht in eine Bodeneinstellung geschnitten wird, gibt es einen Wom-Effekt im Ton und eine Art Shutter im Bild.

Nach langem Zögern

Der Marquis de Saint-Cricq war eine Quelle unergründlicher Narreteien.
„So schritt er eines Tages in Holzschuhen an der Spitze eines von ihm formierten Zuges leerer Mietwagen über die Boulevards, befahl der Riesenprozession, vor Tortoni zu stoppen, ließ sich drei Portionen Eis aus dem Lokal kommen, aß eine davon und füllte sich nach langem Zögern mit den beiden übriggebliebenen die Schuhe.“
(Siegfried Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit)

Das neuste SigiGötz-Entertainment ist (schon seit einigen Tagen) im Umlauf.
Das Heft ist für 2,50 Euro (plus 1 Euro Versandkosten) zu bestellen bei Ulrich Mannes.

Sonntag, 09.05.2010

Premiere im Netz: FILM SOCIALISME

Internetpremiere von Jean-Luc Godards Film FILM SOCIALISME als Video on Demand, zeitgleich mit seiner Projektion in Cannes am 17. und 18. Mai auf dem Portal FILMOTV. Einen Tag später dann in Frankreich im Kino.

Langtexthinweis

Auf der Seite Lange Texte steht der Beitrag Carl Theodor Dreyer – Einige Dispositionen zu einem Klassiker von Wolfgang Schmidt zum Lesen bereit.

William Lubtchansky

26. Oktober 1937 – 4. Mai 2010

»Der Stil, das kommt ganz von allein. Man weiß, man hat eine 16mm-Kamera, man dreht aus der Hand, hat kein Licht, keine Schienen… das macht den Stil aus. Er wird hauptsächlich vom Regisseur bestimmt. Er sagt mir: hier fangen wir an, dann folgst du ihr bis dahin, dann eine Großaufnahme usw. – man sieht dann sehr deutlich den Stil des Films. Natürlich läßt Jacques [Rivette] mir trotzdem große Freiheit. Er schaut nur manchmal durch den Sucher. Bei Handkamera geht das nicht. Trotzdem weiß er sehr genau, wie das Bild aussehen wird. Er kennt die Objektive, er weiß, wenn ich einen Meter fünfzig Entfernung habe, dann hört das Bild hier auf, und bei zwei Metern dort.

[…]

Andererseits mag ich auch die andere Art zu arbeiten. Bei Duelle zum Beispiel hatten wir alle technischen Mittel, Licht, alles. Die Kameraarbeit war sehr sorgfältig vorbereitet. Alles andere auch. Die ganze Inszenierung, die Bewegungen der Schauspieler, bis zu den Kamerafahrten – das war sehr sorgfältig ausgearbeitet. Ich mag beides. Mit nichts zu arbeiten oder mit sehr viel technischer Ausrüstung.«

[Manfred Blank, Harun Farocki und Susanne Röckel: Gespräch mit William Lubtchansky, in: Filmkritik 9/1982, S. 426-427. Aus dem Französischen von Susanne Röckel]

Freitag, 07.05.2010

Langtexthinweis

Auf der Seite Lange Texte ist der Beitrag MIT HARUN LERNEN von Wolfgang Schmidt eingestellt. Dabei handelt es sich um den deutschen Originaltext des Artikels:

Learning with Harun
in: Ehmann, Antje; Eshun, Kodwo (Hrsg.):
Harun Farocki – Against what? Against whom?
Koenig Books Ltd., London 2009, S. 166-170


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