Dienstag, 19.04.2011

Telefon (8) – No, I’m not at any place where you can reach me

Romy ScheiderLes choses de la vie (Claude Sautet, 1970)

Michel Piccoli hatte ein paar Stunden vorher von einem Postamt auf dem Land angerufen. Romy Schneider war nicht zuhause und er hatte bei der Vermittlung die Nachricht hinterlassen, die sie hier hört. Bestellen Sie ihr bitte, sie wird heute Abend erwartet, in Rennes, im Hotel Duguesclin, und zwar sehnsüchtig. Augenblicklich wird sich Romy Schneider nach Rennes aufmachen, ihn zu treffen, das Versprechen einer Versöhnung mit Piccoli bestürzt sie, das Glück darin versucht sie festzuhalten mit beiden Händen. Aber in der Zwischenzeit, die vergangen ist zwischen dem Sagen der Nachricht und ihrem Empfangen, hatte er einen Autounfall auf einer Landstraße und wird gerade jetzt ins Krankenhaus eingeliefert, wahrscheinlich wird er sterben. Romy Schneider kann das nicht wissen.

Karen BlackThe Outfit (John Flynn, 1973)

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Karen Black telefoniert mit ihrem Vater. Sie sucht Zuflucht vor dem Drifterleben, in das sie gerutscht ist. Robert Duvall hat sie gegen Anfang des Films widerwillig die fünf Zigarettenbrandlöcher auf ihrem Unterarm gezeigt, mit denen die Gangster des Syndikats sie gezeichnet hatten. Gegen das Syndikat geht Duvall mit entschlossener Effizienz an, weil er findet, sie haben eine Rechnung mit ihm offen, eine unbeglichene Schuld, deren Anerkennung ihm verweigert wird. Seiner Existenz als Krimineller gibt sein Vorgehen Form, Richtung und Würde. Karen Black ist ihm dabei kaum Komplizin. Sie gibt ihm nur noch mehr Vorschub für den Kampf. In der Szene hier wird klar, dass es nicht ihr Kampf ist, es ist allein Duvalls, und sie will aussteigen, und erstmal fällt ihr nichts besseres ein als ihren Vater anzurufen. Operator, I’d like to call Pittsburgh… Vermutlich wurde für die DVD die Nummer entfernt, die Karen Black der Vermittlung nennt. Nachdem sie durchgestellt worden ist, wechselt sie ihre Stimmlage in die eines kleinen Mädchens. Listen Daddy, be it alright if I came home for a while. Sie wünscht sich zurück aus dem ziellosen Drift der Gegenwart in die behütete Vergangenheit des kleinen Mädchens und zärtlich streichelt sie ob der Möglichkeit der Wunscherfüllung das Metall der Telefonzelle. Es ist an ihrer Reaktion zu erahnen wie brüsk ihr Vater den Rückkehrwunsch ablehnt. Dem erhofften Schutz aus der Vergangenheit, für den sie ihre Stimme in die des kleinen Mädchens zurückverwandelt, das sie einmal war, und den sie zärtlich mit dem Streichen ihrer Hand über das Metall unterstützt, misstraut der Film von Beginn der Einstellung an. Karen Black ist nur ein gleichgültiger Bestandteil von vielen in diesem Bild, die Straße und die vorbeifahrenden Autos, die sich in der Glassscheibe spiegeln, die vorbeigehenden Passanten, die schwarze Frau in der zweiten Telefonzelle, die Geräusche des Verkehrs. In diesem Zuviel an Welt und Gegenwart sollte Karen Black keine Hoffnung hegen auf Rettung und keinen Trost erwarten von der Vergangenheit. No, I’m not at any place where you can reach me. Wenig später im Film sieht man Karen Black in einem beklemmenden Bild auf der Rückbank des Wagens Kaffee aus einer Thermoskanne eingießen für Duvall, aus dem vorgestellten Kind ist ein Muttertier geworden.

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