November 2013

Freitag, 22.11.2013

DIE WELT FÜR SICH UND DIE WELT FÜR MICH. Film von Bernhard Sallmann (D 2013, 45 Minuten).

Ein Film, der mit schönen Aufblenden und Abblenden arbeitet – und dann gibt es da einen Schnitt (ins Schwarze hinein), ungefähr in der Mitte des Films, der heftig ist, fast wie ein Stich. Der sowohl eine Trennung, ein zerrissenes Band – zwischen Strindberg und Frau und Kind – wiedergibt, als auch den Film zweiteilt: in ‚Donau I – Labor und Leidenschaft’ und ‚Donau II – Hölle’. (Nach den Büchern „Kloster“ und „Inferno“ von August Strindberg.)

Ein Film also, der streng ordnet und zugleich, innerhalb der Episoden, sich fast schwelgerisch gehen lässt – in diese oberösterreichische Fluss- und Auenlandschaft hinein, Stimmungen und Jahreszeiten aufnehmend, mit Strindberg verbundene Orte. Die Erzählstimme (von Judica Albrecht), als Stimme Strindbergs (aus den genannten Büchern), scheint erstmal von aussen hinzugesetzt, legiert sich aber den Bildern und Tönen bis hin zu dem Punkt, dass man sagen kann: die Landschaft steht für die Texte und die Texte stehen für die Landschaft. – Strindberg in seiner Ehe mit Frida Uhl, der gemeinsamen Tochter, 1893 und danach, erscheint wie im Präsens (auch über das sparsam eingesetzte ‚Strindberg-Material’: Gemälde, Photogramm, Celestographie, alchimistisches Experiment, Porträts von ihm und dem Kind). Einmal, im ersten Teil, spricht er von sich in der „Er-Form“, im zweiten Teil in der „Ich-Form“: und jedesmal so, dass diese Gegenwart und die ländlich-beschränkten, auch gewalttätigen Verhältnisse überaus plastisch werden. (Der „schwedische Ketzer“, der Zuflucht bei den Schriften von Swedenborg sucht, war in dieser streng katholischen Gegend nicht wohlgelitten.) Ein ungemein genauer Erforscher von Befindlichkeiten und seelischen Zuständen, der auch das nicht ausspart, was er selbst an Wahnhaftem produziert.

Der ‚heftige Schnitt’: man hat sich, vor allem durch das ruhig fliessende Wasser der Donau, so sehr eingelassen auf den Rhythmus des Films, den Rhythmus der Strindbergschen Prosa, dass man diesen Schnitt eben so empfinden muss – ein bisschen, wie wenn einem der Atem genommen wird. Das schöne Klavierstück, das dann einsetzt, hat absolut nichts Versöhnlerisches, hebt allerdings das Geschehen auf eine andere, vielleicht objektivere Ebene. Gibt dem Film seinen freien Atem zurück: die Frauenstimme, die über dem Abspann (und darüberhinaus) zu hören ist – Strindbergs ‚Lied des Wassermanns’ vor sich hin summend – ist dessen Verkörperung.

(Uraufführung beim 56. Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, 28.10. – 3.11.2013.)

Montag, 18.11.2013

Those who could believe, did

„Zum großen Erstaunen derer, die mich wegen Verunglimpfung der Religion verurteilt hatten, drehte ich Il vangelo. Das war zur Zeit des Pontifikats von Johannes XXIII., ihm habe ich den Film auch gewidmet. Es war so etwas wie ein realer Dialog, eine Beziehung zwischen einem Kommunisten, wenn auch ohne Parteibuch, und den progressiven Teilen des italienischen Katholizismus. Vom religiösen Standpunkt aus möchte ich, der ich immer versucht habe, die Eigenschaften der Religiosität mit meinem Laizismus in Verbindung zu bringen, festhalten: Die Menschlichkeit Christi entspringt einer dermaßen starken inneren Kraft, einem dermaßen unstillbaren Hunger nach Wissen und Verifizierung des Wissens, und zwar ohne jegliche Angst vor Skandalen und Widersprüchen, dass für diese Menschlichkeit die Metapher göttlich schon an die Grenzen der Metaphorik stößt, sie selbst wird ideell zur Wirklichkeit. Mehr noch: für mich ist die Schönheit immer eine moralische. Sie erreicht uns jedoch stets nur mittelbar: über die Poesie oder die Philosophie oder die Praxis: das einzige Beispiel einer nicht vermittelten moralischen Schönheit, habe ich im Evangelium gefunden.“
Pier Paolo Pasolini, so zitiert gefunden bei meiner verspäteten Lektüre von Thomas Meineckes Roman „Jungfrau“(2008), der unter dem guten Stern des Mottos steht: „Those who could believe, did“ (Jack Smith)

Donnerstag, 14.11.2013

Harvey

„Ein Bild von sich selbst besitzen, auf dem zu sehen ist, dass man nicht alleine ist“ so schrieb Rainer Knepperges in „Aufgehoben“, um eine Szene aus „Harvey“ von Henry Koster in seine Überlegungen einzufügen. Dieser Film, den ich (wie wohl viele meiner Generation) nur synchronisiert und im Fernsehen laufend als „Mein Freund Harvey“ kenne, begegnete mir kurz darauf in einer hübschen Nacherzählung: „…James Stewart als Elwood P. Dowd brilliert 1950 in Harvey als fleißiger Martini-Trinker in Begleitung des zwei Meter großen gleichnamigen Hasen, dessen Anwesenheit allerdings ausschließlich für Elwood sichtbar ist. Ob es sich bei „Harvey“ um die Auswirkungen einer jahrelangen Trinkerkarriere oder einen keltischen Kobold in Tiergestalt handelt, bleibt bis zum Ende offen. Der einzige Ort, der den unsichtbaren Freund toleriert, ist Charlie’s Bar, wo der Keeper stets anstandslos zwei Martinis für die Buddies serviert. … Elwood ist durch Erbschaft reich, hat sich aber gegen Ehrgeiz und Ambition für Freundlichkeit, Stil und perfektes Benehmen gerade gegenüber den unteren Schichten der Gesellschaft entschieden. Briefträgern, Pförtnern und Krankenschwestern überreicht er mit ausgesuchter Höflichkeit seine Visitenkarte…Die Familie versucht ihn in eine Irrenanstalt einzuweisen. Der Arzt fragt bei der Aufnahme vorsichtig, ob Elwood, wie eigentlich jeder, hin und wieder einen trinken würde. Elwood: „ Yes, I do, doctor. As a matter of fact, I’d like one right now.”
Zu finden im Gin-Kapitel des lehrreichen Buches „Die Schule der Trunkenheit“ von Kerstin Ehmer und Beate Hindermann, Metrolit Verlag, Berlin, 2013,

Montag, 11.11.2013

Freizeichen / Phantomzeichnung

Die Bande des Schreckens
Die Bande des Schreckens (1960 Harald Reinl)

„All die stillen Objekte, die unser Heim konstituieren, die Flure, Treppen, Winkel, Türen, (…) die nur auf den Weckruf ihres tönenden Anführers warten, um endlich ihre Knechtschaft abzuwerfen.“
(wayward cloud: „Das Telefon sagt du„)

Als Frühaufsteher unter den Dingen sind die Puppen die Ersten, die den kinematografischen Weckruf hören: das Tote möge lebendig werden. Zum Leben erwachen, um zu töten.

1949 - Follow Me Quietly - Richard Fleischer

„Die Polizei hat eine Phantomzeichnung des bewaffneten Mannes veröffentlicht, der am Donnerstag den Besitzer eines Juwelengeschäfts auf der Jamaica Avenue in Queens erschossen hat.“

Anhand von Beschreibungen wird eine lebensgroße, gesichtslose Puppe hergestellt und Photografien davon werden vervielfältigt.

1949 - Follow Me Quietly - Richard Fleischer.

Follow Me Quietly (1949 Richard Fleischer) ist ein Polizeifilm, der sich dem Realismus nicht verpflichtet, eher zum Surrealismus hingezogen fühlt. Auf der Suche nach Groschenheften streifen die Fahnder durch Antiquariate. (Ich musste an Peter Cushings schwedischen Buchladen denken.)

1949 - Follow Me Quietly - Richard Fleischer..-

Würde man behaupten, dieser 60minütige Film markiere den Weg von Bunuel zu den Zucker-Brüdern, dann wäre mit gleichem Recht zu sagen, der Vogel Strauß sei: halbe Strecke – Huhn – Giraffe. Was ja auch nicht ganz falsch ist.

A Dandy in Aspic - 1967 - Anthony Mann 1

A Dandy in Aspic - 1967 - Anthony Mann 2
Gleisdreieck spielt Friedrichstraße, A Dandy in Aspic (1967 Anthony Mann)

Einer der Autoren von Follow Me Quietly war Anthony Mann. Als roter Faden geht durch dessen Werk: die innige Todesnähe. Ein Sarg bietet Schutz vor Attentätern in The Tall Target (1951), bei der Bergung einer Leiche wird der Tod nicht gescheut in Naked Spur (1953), ohne Leben sind die Befehlenden in Men in War (1957) und El Cid (1961). Während der Dreharbeiten zu A Dandy in Aspic starb Anthony Mann im April 1967 in Berlin.

1949 - Follow Me Quietly - Richard Fleischer...
Follow Me Quietly (1949 Richard Fleischer)

„Ein Mann rief gestern bei der Polizei an und sagte, er wollte sterben, oder reden. Als die Polizei kam und ihn retten wollte, sagten sie zu ihm: ‚Hey Pedro, was ist das Problem?'“
(Claudia Basrawi: Jamaica Avenue – Dérive)

„Die Welt ist dumm, die Welt ist blind.“ So lautet die Parole, die der Doppelagent in A Dandy in Aspic ins Telefon spricht, auf Deutsch. Worte von Heine, der Anfang eines Liebesgedichts. *

Lemke the plumber, Jamaica Avenue, Queens, Detail, Foto - Claudia Basrawi
Lemke the Plumber, Queens, Jamaica Avenue (Foto: Claudia Basrawi); Geheimnis des verkehrten „u“

„Wer vorgibt, die Zeit zu messen, mißt in Wirklichkeit nur Veränderungen im Raum. Die Zeit ist nicht homogen. Sie ist eine nicht umkehrbare Reihe. Eine Rückkehr zur vorherigen Situation ist unmöglich. Man kann sich nicht vorwärts und rückwärts in der Zeit bewegen, nicht so wie im Raum. Jeder Moment ist etwas Neues, Einmaliges, Unwiederholbares.“

Die Zitate sind Claudia Basrawis Blog entnommen, der frisch eröffnet und sehr zu empfehlen ist. Als Zugabe ist ihr legendärer psychogeografischer Diavortrag (2001 von Matthias Eder dokumentiert) auf vimeo zu genießen.

side street 1950 anthony mann
Side Street (1950 Anthony Mann), „the surrealist mystery of New York“

Das gab es vor dem Internet nicht: Ein Nachschlagewerk als Flaschenpost. Mit einem Register in Geheimtinte. Das Werk eines Lyrikers. Christopher Mulrooney. Unermüdlich und ein wenig ermüdend ist sein Wüten gegen die Zunft der Kritiker, das Dumme und Blinde. Aber mit wachsendem Interesse schlage ich nach, was Mulrooney dagegen ins Feld führt, was er zu sagen hat – zu Fleischer, zu Mann, zu Aldrich, Jacques Becker, William Castle, DeMille, Blake Edwards, Franju, Ben Gazzara (Regisseur zweier Columbo-Folgen)… Für Mulrooney ist das Kino (und das Fernsehen) ein Kosmos der Ähnlichkeiten, voll von Vorbildern und Vorwegnahmen. In die Texte eingeschrieben ist die Begeisterung, dass nichts einen Film besser kritisiert und interpretiert als ein anderer Film.

1968 - Dominique Webb

Dominique Webb hypnotisiert 3 Passanten. Auf welche Art das (1968 von Bernard Bouthier) gefilmt wurde, amüsiert und verblüfft mich. Es ist nicht herauszufinden, ob dieser Fernsehbeitrag ursprünglich schon nach 13 Minuten so wunderbar plötzlich endete.

Unser Doktor 1970

Man kann, wie Dominique Webb, mit einem Sack überm Kopf eine Autofahrt durch Paris unternehmen, aber ebenso gut auch mal, wie Martin Müller und Veith von Fürstenberg, raus aus der Stadt, tief in den Wald fahren, wo die Lichtspiele des Herbstlaubs stattfinden.

Angereiste aus Aachen und Nürnberg kamen am vorletzten Wochenende in den Kölner Filmclub 813, wo drei Kurzfilme von Martin Müller liefen: Die Kapitulation (1967), Zinnsoldat (1968), und Unser Doktor (1970)- produziert von Boris Marangosoff alias Marran Gosov.

The Fall of the Roman Empire - 1964 - Anthony Mann
The Fall of the Roman Empire (1964 Anthony Mann)

Das kleine Reservat, das Martin Müllers Regieschaffen in der deutschen Filmgeschichte zukommt, lässt sich beschreiben als munteres Quellgebiet, lichter Urwald, aus dem heraus vor langer Zeit zwei ungleiche Ritter namens Lemke und Wenders entgegengesetzte Richtungen einschlugen.

selestat sommer 2013 a
Sélestat, Elsass

Wir wunderten uns. Nicht weit entfernt von Sélestat entstieg dem Mont St. Odile eine gewaltige Nebelwolke. Dort, wo Odile Tränen vergossen hatte im Gebet, ihren verbrecherischen Vater aus dem Fegefeuer zu erlösen, liegt heute eine Kultstätte. Ein Treffpunkt verbrecherischer Väter? Vor Dieben wurde gewarnt, und Blaulicht umzuckte im Viertelstundentakt diesen Vulkan der Kälte.

Uns entging nicht, dass die Menschen südlich des Berges den Storch kultisch verehren; nördlich betet man den Schwan an.
Im Stadtpark von Lyon hatten wir auf unserer Reise viele Flamingos gesehen. Der Flamingo ist ein schlanker, rosa Schwan auf Storchenbeinen.

Sonntag, 03.11.2013

Zum TATORT „ Aus der Tiefe der Zeit“ von Dominik Graf , gestern in der Mediathek

Unser Lieblingslehrer in den Siebzigern liebte Knaben und Jünglinge und das ganze Fremde, Neue, was uns in der Adoleszenz begegnete, konnten wir parallel auch im Fernsehen entdecken. Der Aufbruch wie das Aufbrechen von Konventionen, Überschreitungen. Werner Schroeters Willow Springs wie Fassbinders Händler Der Vier Jahreszeiten liefen spät abends im ZDF und hatten mich umgehauen.
Unsere Schule war in der Ridlerstraße. In den Kneipen ringsum, die auch tagsüber immer dunkel und leer schienen, kickerten wir nach der Schule und tranken dabei mindestens eine Halbe. Man konnte davon in manchen Kommissarfolgen sehen, diese Wirtshäuser in Münchner Nebenstraßen mit ihren Durchfahrten. Wo dann im Hof noch irgend eine Remise war, wo die Armen oder Randgestalten der Siebziger wohnten, man konnte z.B. dem großartigen Paul Albert Krumm in den verschiedensten Ausformungen der gebrochenen Existenzen, die meist dort verortet waren, beim Zusammenbruch zusehen, denn das Verborgene wurde immer aufgedeckt. Diese Geschichten wollten wir damals erleben, als Schüler, ausbrechen, das Abseitige als das Reizvolle, aber da gab es später nur das Schwabylon …( was übrigens auch eine wunderbare Projektionsfläche wie Handlungsort diverser Kommissar / Derrick folgen war )
Und hinter der Landsbergerstrasse gab es die Bahngleise, die wegführten.

Am Herzog Ernst Platz machte die zweite Mc Donalds Filiale in Deutschland auf, unaufällig, abseits von Schwabing. Mindestens ein Jahr lang konnte man dort exclusiv Schokomilch -shakes trinken und Burger essen, was uns gar nicht klar war. In den Kirchengemeinden mit ihren Jugendräumen in und ums Westend hing man am Wochenende ab, wurden die Partys unter Aufsicht gefeiert. Am Gollierplatz gab es noch wenig Ausländer, ich erinnere Salvi, wie er genannt wurde, Salvatore, seine Eltern hatten einen Gemüseladen, ein Italiener, der mit uns an der Bushaltestelle abhing, oben am Harras, ein Womanizer, so einen, mit dieser Frisur, lange dunkle Haare, wollten alle Mädchen, damals. Sonst war das Westend ein Ort, an dem man nicht unbedingt wohnte, sein wollte, der sog. soziale Brennpunkt jener Zeit, Hasenbergl kam als solcher nicht vor, zwei unserer Klasse wohnten dort, mir ist bei Ihnen zu Hause nichts aufgefallen, was anders wäre, die selbe Wohnung in Beton, gestapelt wie bei uns, im Sendling. Dann der Wandel um 360 Grad zum gesuchten Spekulationsort in den zurückliegenden 30 Jahren bis heute. Die Trappentreustrasse bis zur Donnersberger Brücke, die Landsbergerstrasse, die Theresienhöhe markierten das Westend, das Viertel der Arbeiter und kleinen Leute, wie es hiess.
Und jenseits der Isar, hinterm Flaucher, am anderen Hochufer, in Grünwald ,wo man nicht hinkam, wohnten schon immer die, die das Sagen hatten. Deren Lebensformen wie entlüftet und einer Öffentlichkeit in all seinen Gewohnheiten zugänglich geworden zunächst auch durch Erik Ode, nachgefolgt von Derrick und später dem Alten. Die verworrensten und interessantesten Verbrechen passierten immer dort. Lange vor Dallas und David Lynch konnte man hier in Grünwald immer freitags um 20.15 h auf das Abgründige der frühen Siebziger sehen, bzw. was dafür gehalten wurde.

Das alles weiß Dominik Graf, wenn er die Geschichte beginnt, er eintaucht in die „Tiefe der Zeit“, die Herbert Reineckerschen Motive der desolaten Bürgerlichkeit hinter den Mauern von Grünwald mit all den wunderschön grotesk versponnen Familiengeschichten dort, mit den sichtbaren Destruktionen aufnehmend.
Am Ende bebt das Hochufer der Isar und bringt nicht nur das lange Verborgene einer Familie voller Tragik an die Oberfläche, sondern erzählt mit dem Einstürzen der Villa auch vom Gebrauch von Kamera und Ton, wie sie disparat doch zueinander finden, Bilder als Erinnerungsfetzen, die zu Beginn nicht zuortbar, nur aus sich heraus wirken, Blicke eines Mädchens, eine Leiche, unscharf, dazwischen eine auf Koyaanisqatsi verweisende Münchenmontage, Baustellen im Gegenlicht, das Mädchen auf einem Pferd, rodeoähnlich, rotgeschminkte Lippen, aufgeladen mit / als Erinnerung, Wolken, Sonnenreflektionen, Überstrahlungen, schnell geschnitten, als verschmelzen sich Grandiueux´s – Sombre und Zbynek Brynych Kommissar – Inszenierungen zur einer Grafschen Unruhe, die atem-beraubend vorwärtsdrängt.
Jede Einstellung als Versatzstück eines Bildes, als erscheine es nur einen Augenblick von etwas Größerem, Ganzen, was wir nicht sehen, aber ahnen. Wie ein Bild, das davor war, das Vorbild, und das Nachbild, der Nachhall der Erinnerung an das zuvor Gesehene, verkoppelt jede Einstellung, diskursiv, assoziativ zusammen gefügt, rythmisiert durch scheinbar unzählige Schnitte. Das Gesamtbild, was sich einstellt, beim Gucken, wird reines Fernsehen, wie Graf es sieht. Auch Ergebnis des Ab-schnitts, des Weglassens im Editing.
Und man hört dabei oft den Ton aus der Einstellung zuvor oder danach und diese Wechsel zwischen dem original im Bild Gesprochenen und dem asynchronen Gerede und den Geräuschen, der Musik, verwoben zu einem polyphonen Stakkato einer Melodie, wie er die Stadt hört.
Die Geschichte ist Pulp, das dramaturgische Reinfransen von der korrupten Verzahnung von Politik und Wirtschaft in die Geschichte der versehentlichen und des absichtlichen Todes vor der Kulisse des aus den Fugen geratenden gentrifizierten Westends ist die Matrix, wie geschaffen, um den Figuren bei ihren ausweglosen Bewegungen in den zugeteilten Räumen zuzusehen.
Der Wunsch der beiden Ermittler nach dem einfachen Fall und ihr Beamtenstatus bewahrt sie vor dem Durchdrehen.


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