Filme der Fünfziger XX: Bonjour Kathrin (1956)
Im November 1954 erschien in der Bundesrepublik Caterina Valentes Platte „Ganz Paris träumt von der Liebe“. Die Melodie war von Cole Porter, Kurt Feltz schrieb den deutschen Text, das Orchester Kurt Edelhagen begleitete die Sängerin. Das Lied war mit 900.000 verkauften Singles ein Riesenerfolg. Der „Spiegel“ (Nr. 15/1955) brachte eine Titelstory über Caterina Valente; Arthur Brauner produzierte 1955 mit Valente, ihrem Bruder Sylvio Francesco und Peter Alexander noch in schwarz/weiß den Film „Liebe, Tanz und 1000 Schlager“ mit dem Orchester Kurt Edelhagen und Schlagertexten von Kurt Feltz. „Bonjour Kathrin“ ist der Nachfolgefilm, diesmal in Farbe, inszeniert von Karl Anton. Anton war schon seit 1921 im Filmgeschäft und hatte u.a. die Revuefilme „Wir tanzen um die Welt“ (1939) und „Stern von Rio“ (1940) inszeniert. Produzent war diesmal Alfred Greven, der im zweiten Weltkrieg während der deutschen Besetzung von Frankreich die französische Filmindustrie fest im Griff hatte. Zu Alfred Greven gibt es einen interessanten Artikel in FilmGeschichte (Nr. 14, September 2000).
Kurt Feltz schrieb auch das Drehbuch und damit jeder mitbekommt, dass neben Feltz auch Kurt Edelhagen wieder mit von der Partie ist, klappt im Film eine Dame eine Karte auf, auf der der Name „Orchester Kurt Edelhagen“ steht; dann gibt es eine furiose Einlage des Orchesters mit Kurt Edelhagen und seinem riesigen Schatten, der an die Wand projiziert wird.
Für den Film wurden echte Schauspieler engagiert, auch wenn das eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Dietmar Schönherr spielt einen Komponisten mit Pfeife und Dauerlächeln, Rudolf Vogel und Helen Vita sind die üblichen Chargen, leider diesmal ohne Ausbrüche ins Exzessive. Wieder einmal kommt das Fernsehen vor, und wieder einmal – wie in „Alle kann ich nicht heiraten“ – ist es ein Medium der Denunziation. Die Diva sieht ihre Konkurrentin auf der Bühne. Hans Joachim Kulenkampff kann noch nicht einmal chargieren; seine Stärke besteht darin, Räume gravitätisch zu durchschreiten. Für Komparsen und kleinere Sprechrollen wurden alle freien Kräfte der Wiesbadener und Frankfurter Bühnen mobilisiert; leider werden sie nirgendwo genannt. In einer kleinen Szene spielt Kurt Schwarzkopf, der später im Fernsehen durch den „Kommissar“ bekannt wurde. Andrej Andrejew, der schon für G.W. Pabst und Carol Reed gearbeitet hatte, besorgte die Ausstattung. Aufgefallen sind mir viele französische Plakate – die Geschichte spielt in Paris -, ganz flache Hintergrundmalerei und die allerschrecklichsten abstrakten Gemälde. Aus den USA holte man den Choreographen Billy Daniels, der schon für Marylin Monroe und die Marx-Brothers gearbeitet hatte, nach „Bonjour Kathrin“ in Deuschland blieb und eine Zeit lang nur für Caterina Valente arbeitete. Eine besondere Qualität habe ich nicht erkannt – es gibt ja auch keine Handlung, die sich in Choreographie auflösen könnte, sondern nur eine Nummernrevue.
Vieles soll komisch sein. Komisch sind beispielsweise Brillenträger, egal ob Männer oder Frauen. Wenn Peter Alexander, Caterina Valente und Sylvio Francesco wie im Kindergarten hintereinander her spazieren oder Caterina Valente mit einem Bügelbrett unabsichtlich andere vor den Kopf und die Tischdekorationen umstößt, dann hat das auch nur eine sehr bescheidene humoristische Qualität. Selbst eine Art Fitness-Raum – sonst immer eine Gelegenheit, die abstrusesten Foltergeräte vorzuführen – lässt keine Schadenfreude aufkommen. Aber alle sind natürlich in aufgeräunter Stimmung, denn der Schlagerfilm war ja eine Geldmaschine, ein Spielautomat mit garantierter Gewinnausschüttung. Da brauchte man sich nur ganz wenig Mühe geben.
Es gibt eine Geschichte – natürlich die Erfolgsgeschichte dreier armer Musikanten und ihres Komponisten -, aber die ist kaum ausgearbeitet. Die Songs sind Kurzversionen der Plattenaufnahmen, die durch die Polydor schon vor der Filmpremiere veröffentlicht wurden. Weil der Film erst im Januar 1956 gestartet wurde, wollte man sich doch das schöne Weihnachtsgeschäft nicht verderben lassen. Auch hatte man die Erfahrung gemacht, dass nach der Premiere des Films „Südliche Nächte“ (1953; R: R.A. Stemmle) der Plattenumsatz der in dem Film gesungenen Lieder zurückgegangen war.
Die Bewohner eines Mietshauses sind auch in vielen anderen Szenen zu sehen – im Mietshaus, auf der Bühne, bei den Proben, als Publikum. Die Welt ist halt eine große Familie und deshalb singen wir jetzt alle zusammen: “Komm ein bißchen mit, nach Italien – widdewiddewitt – ans blaue Meer/ Und wir tun als ob das Leben eine schöne Reise wär.“ Wer nicht mitklatscht, muß das Lied zur Strafe noch mal singen.
Mit „Bonjour Kathrin“ wird am 23. August die Reihe „Tausend Takte Übermut“ eröffnet.
Nicht auf DVD, aber im Internet der komplette Film auf http://www.dailymotion.com/video/x21ccsj_bonjour-kathrin-1956_shortfilms