Einträge von Volker Pantenburg

Mittwoch, 24.03.2004

TV Hinweis

Selten genug im Fernsehen zu sehen: Filmreihen zu Kameraleuten

Kamerafrau Agnès Godard, dreiteilige Filmreihe im WDR

ab heute immer Mittwochs:

24.3.2004, 23.15 h
Nenette und Boni
(Nenette et Boni, Regie: Claire Denis, F 1995)

31.3.2004, 23.15 h
Dem Paradies ganz nah
(Au près plus du Paradis, Regie: Tonie Marshall, F 2002)

7.4.2004, 23.15 h
Die neue Eva
(La Nouvelle Eve, Regie: Catherine Corsini, F 1998)

Freitag, 12.03.2004

Losing Las Vegas

Einer der merkwürdigsten Filme der letzten Zeit: „The Cooler“, Regie Wayne Kramer. William H. Macy in seiner meines Wissens nach ersten wirklichen Hauptrolle. Er spielt einen Pech abstrahlenden Loser namens Bernie Lootz, aus dessen Unglück Alec Baldwin als Casinobesitzer in Las Vegas Kapital schlägt, indem er ihn immer an die Tische schickt, wo grad wer Glück hat. Macys Pech ist es, dann plötzlich selbst mal Glück zu haben: Er verliebt sich. Darüber ist dann allerdings der Casinobesitzer, der ihm aus ganz anderen Gründen vor Jahren mal mit einem Baseballschläger die Kniescheibe zerschmettert hatte, unglücklich. Er tritt Macys zu diesem Zeitpunkt noch als schwanger gelten müssenden Schwiegertochter, die mit seinem verschollenen Sohn plötzlich aus dem nichts auftaucht, in den Bauch (sie ist, wie sich nach dem Tritt herausstellt, doch nicht schwanger, sondern will mit dem Kissen unterm Pulli Mitleid hervorrufen und Kohle aus Macy herauskitzeln) und zerschlägt jetzt dem Sohn, der zuviel gewonnen hat, die Kniescheibe. Das findet aber jeder normal da, that’s Vegas, jedenfalls ist es kein ausreichender Kündigungsgrund für Macy. Die Casinobesitzer machen weiter, die Kellnerinnen machen weiter, die Geschichtenerzähler machen weiter.

Die Einzelteile des Films sind so montiert, dass daraus Buster Keatons Haus in „One Week“ entsteht. Entweder die Reihenfolge der Einzelteile stimmt nicht oder die Proportionen, man kriegt es bis zum Schluss nicht ganz klar im Kopf und sitzt ungläubig im Kino, teils nur durch eine hauchdünne Membran von der gutgelaunten Hysterie, die minütlich wächst, getrennt.

Am schönsten ist der Film, wenn er sich ganz hineinfallen lässt in völlig unabgefederte visuelle Spirenzien, die absolut NICHTS erzählen wollen:

* Ein Salzstreuer, den Macy im Diner umstößt, ist nicht nur ins Maßlose vergrößert; die völlig banale Art seines Umfallens ist noch dazu in Superzeitlupe zerdehnt. Beides, um zu sagen: „Der Macy, der hat Pech. Mann, hat der Macy ein Pech. Dass der Macy aber so ein Pech haben muss.“ (Das wusste man natürlich schon längst vorher, schon bevor der Film angefangen hatte).

* Macys zweiter Gang aus dem Fahrstuhl. Er ist jetzt, anders als zu Beginn, verliebt und weiß, dass auch er geliebt wird. Alles hat sich geändert, Luck is on his side. Als er einen Fuß vor den anderen setzt, wird dieser eine Schritt, vielleicht eine halbe Sekunde lang, plötzlich ganz aufwändig von unten durch eine Glasplatte gefilmt. Es ist eine formale Differenz, ein Sprung, aus dem nichts folgt und der auch seinerseits aus nichts folgt. Man versucht es sich einen Moment lang zu erklären und die Schuhsohle mit Macys existentieller Veränderung zusammenzubringen, dann kapituliert man vor der Unverhältnismäßigkeit der Mittel.

* Plötzlich, an einem der Spieltische, die Röntgenaufnahme einer würfelnden Hand, man fragt sich noch, was das jetzt wieder soll, da fährt die Kamera zurück. Sie hat offenbar in Baldwins Auge hineingeschaut und damit seinen Röntgenblick nachempfunden, der nur hier, an dieser einen Stelle zum Einsatz kommt: So ein Röntgenblick, der will doch für was stehen, wundert sich die kurze Sequenz noch, im nächsten Augenblick ist sie schon vergessen, von einer weiteren Unbeholfenheit verschluckt worden.

In ein solches Metapher-sein-wollen versteigt sich der Film immer wieder, auch in den Dialogen: Baldwins Casino alter Schule inmitten der neuen, modischen Läden des Strip: ein „Museum“. Der abgehalfterte, alt gewordene Entertainer, der an der Nadel hängt und immer noch weiter singt: ein „Löwe“, der verwundet auf seinen Tod wartet und sich von den anderen Tieren der Herde zum Sterben entfernt.

Man muss sich Wayne Kramer als jemanden vorstellen, der wie ein Kind irgendwann entnervt die Bauklötze hinschmeißt, weil nichts so hinhaut, wie er es sich vorgestellt hat. Er hat die Schauspieler, er hat das Geld, er hat eine schöne Märchengeschichte. Er versteht es selbst nicht so ganz. Vielleicht hat er einfach nur Pech. Ohne rechten Enthusiasmus, eher aus familiärer Verbundenheit, versuchen die Eltern das ganze dann doch noch hinzubiegen am Schneidetisch.

Oder, und das fände ich noch viel toller: er hat das GENAU SO gewollt. Dann aber wäre er ein Genie.

Heinz Emigholz hat über „The Fountainhead“ von King Vidor geschrieben: „An diesem Film stimmt nichts“, und zwei Sätze weiter: „Gerade deshalb lieben wir ihn.“ Beides läßt sich auch über „The Cooler“ sagen.

Sonntag, 22.02.2004

Netz-Zynismus

Beim Anklicken eines Links auf der Elephant-Homepage auf ein Popup-Fenster stossen, das sich zwischen Zieladresse und Ausgangsklick schummelt und mit dem Slogan wirbt: „FIND YOUR OLD CLASSMATES. PLAN A REUNION“.

Donnerstag, 19.02.2004

semi-fiktiver email-dialog concerning the new virtual world order

A: ich weiss nicht, ob du diesen link hier kennst oder schon mal drauf hingewiesen hast auf den seiten. „cinefiles“ heisst das ganze, ist teil des „pacific film archive“, und dahinter verbirgt sich ein stetig wachsendes archiv von artikeln, programmheften etc., die eingescannt wurden und groesstenteils direkt abrufbar sind. viel zu garrel beispielsweise.

B: ja, beeindruckender link. vor allem für DSL-bourgeois wie du einer bist. laizismus verhärtet nur die privilegien, DSL serves capitalism. als modem-lumpenproletarier drückt man sich davor die nase platt an den schaufenstern, die (als links verkleidet) auf die jpgs der texte weisen. ladezeitenüberlegungen are the new class-criteria. aber hinverlinke nur darauf, wir werden dann umso belegbarer erkennen, wer als erster an die post-revolutionäre wand gestellt gehört. dein stalin.

Montag, 09.02.2004

24 mal Schwerkraft pro Sekunde

Nichts für mich, dieses Vielgucken. Jack-Ass Feeling, wie in der Sendung, in der zwei Leute Eier wettessen. Der eine kotzt bei 32 (und danach kontinuierlich immer wieder, was ihn nicht davon abhält, weiter Eier in sich reinzustopfen und in den bereitstehenden Eimer auszuspeien), der andere schafft über 40.

Schon nach wenigen Stunden Film, wohl auch weil der Schlaf in den letzten Nächten immer zwischen beschissen und inexistent schwankte, stellt sich bei mir ein Gefühl des Auf-Watte-Gehens ein. Man könnte das als Schweben bezeichnen, wenn nicht die unangenehmen Anteile eindeutig überwiegen würden und das Wort nicht fasst, wie sehr dieses Schweben herunterzieht. Entspricht ziemlich genau dem, was man „Jet-Lag“ nennt. Irgendwo weit weg angekommen oder von dort zurück, auf rohen Eiern unterwegs, wieder an Land, in dieser Hinsicht ist jede Reise, egal ob mit Bus, Bahn oder Flugzeug eine Schiffsreise. Einen Schritt weitergedacht: Was, wenn das wirkliche Jet-Lag gar nichts mit dem Wechsel der Zeitzonen zu tun hätte, sondern damit, dass an Bord ständig Filme gezeigt werden (ich erinnere mich dabei an meinen letzen längeren Flug, auf dem die Airline mutigerweise „Catch me if you can“ laufen ließ, den Film mit dem Hochstapler im Cockpit – niemand schien das komisch zu finden, nur ich witterte darin eine schöne Geste des Film-Programmierers, der sich, wie ich mir vorstellte, in den 60ern als Situationist bezeichnet hätte und jetzt solche kleinen old-school Irritationen in den Apparat einspeiste.) Wenn also die physiologische Verwirrung nur daher käme, dass man ständig zwischen der Zeit des Films und der eigenen hin- und herspringt. Und das nicht gescheit prozessiert werden kann auf Dauer. Und andersrum: dass bei einem Flug, auf dem man die Filme wegließe, auch das Jet-Lag ausbliebe, dass aber genau dieses Ausbleiben wieder eine andere Form von ungewohntem Zustand auslösen würde, eine Art Jet-Lag zweiter Ordnung.

Berlinale, 3. Tag: Für mich überwiegen die unangenehmen Seiten, vielleicht, weil ich die von S. propagierte Zen-Haltung nicht hinkriege: Auf den Film warten, der auf einen zukommt in Form eines zugeschobenen, freigewordenen Eintrittsbillets. Bei mir eher: Reinschieben in den Film, dann den Film reinschieben, dann wieder rausschieben aus dem Film. Blick auf die Uhr. Hier noch wen anrufen, da noch wieder nachschauen, wie lang die Schlange ist, ob man noch schnell was „sichern“ kann. Hysterically yours. Sich unter Druck gesetzt fühlen. Auf der anderen Seite der immer mitlaufende, aber manchmal unrettbar verschüttete Gedanke: Kann irgendwas davon abhängen, diesen oder jenen Film ausgerechnet jetzt um jeden Preis sehen zu müssen?

Nach Two Lane Blacktop wurde die allererste und allereinzigste nicht stofforientierte oder „How did you get the idea“-Frage gestellt, die ich bislang bei den ganzen Frage-und-Antwort Spielen gehört habe: „Why are there end credits after the film has burnt?“ Hellman wusste es auch nicht so genau, fand die Frage aber nicht uninteressant. Achtmal hat er denselben Pullover (da hätte ich gerne gewusst, wo er den gekauft hat).

Wild Angels, Corman: Hat das Zeug zum Lieblingsanfang: Ein Junge, vielleicht vier Jahre alt, der auf seinem Dreirad um einen Sandkasten herumfährt, durch den Holzzaun durchgefilmt, auch die Kamera in Bewegung. Dann rumpelt er durchs Gartentor nach draußen, fährt immer schneller an einem schmutzigen Kanal entlang, die Kamera jetzt saugend vor ihm, und wird schließlich abrupt gestoppt vom Vorderreifen einer Harley, die von links ins Bild rollt: Peter Fonda. In diesem Überdeutlichen und Übereinandergeschichteten steckt schon viel des anschließenden Films mit drin, der 1966 bereits alle Zweiradromantik durchkreuzt, indem er das so weit dreht, das ganze leere Freiheitskarussell. Zu Beginn der Einstellung dachte man noch an die klassisch-biographische Backstory: Dreirad als Einstiegsdroge, in Wirklichkeit ist da der nächste Generationen-Konflikt schon mitgedacht, in dem es um nichts mehr gehen wird als um Zeichen (die Sex Pistols, die die Hakenkreuze der Hell’s Angels zitieren, die die Hakenkreuze von wem noch mal zitieren). Dominique Cabreras „Folle Embellie“, der 1940 spielt, während Frankreich von den Deutschen besetzt wird, zeigt deutlich weniger Hakenkreuze als Cormans Film (das sagt über beide Inszenierungsweisen gleich viel aus), in dem es von allem viel zu viel gibt. Zuviel Motorlärm, zu viele Posen, zu viele Zeichen und damit genau die richtige Dosis Camp: Eine Überdosis. Alle Latenzen des Fetischs Motorrad werden hier so ins grelle Licht des Technicolors gestellt, dass jede Bedeutung unter der Last wahlweise konkurrierender, überlappender, sich verstärkender Überdeterminationen erschöpft zusammenklappt. Camp-Phänomenologie des Motorrads: Erst Stier (eine Frau schwenkt ihre rote Bluse wie ein Torrero, während die Biker draufzufahren um die Bluse zu treffen), dann Streitross (mit Palmwedeln bewaffnet fahren zwei aufeinander zu, um sich gegenseitig vom Motorrad zu stoßen), dann wieder einfach „nur“ Motorrad (aber eigentlich immer alles zugleich). Eigentlich müssten die Hell’s Angels den Film gehasst haben damals, aber ich schätze, wahrscheinlich war das Gegenteil der Fall. Super auch Nancy „This-is-the-Film-that-ruined-my-acting-career-before-it-had-even-started“ Sinatra.

Vardas „Uncle Yanco“ fand ich toll. So eine zarte Ironie, eine Hommage, die voller kleiner Klugheiten steckt und Zuneigung, die nicht auf falsche Kumpanei mit dem Zuschauer aus ist. Eben nicht dieses „Guckt mal wie rührend mein Hippieonkel ist“. Varda bekommt das hin, sich mit den Gegenständen, die sie filmt, zu verschwistern, ohne dadurch in Familienkonflikte zu geraten. Über The Brown Bunny könnte man gut mal ein Gespräch machen oder den Film einspeisen in die Enthusiasten-Videogruppe, es hat Spaß gemacht, den kurz vor 2LB zu sehen. Ich finde die Konstruktion mit der forcierten Uminterpretation am Ende gegen meine ersten Eindrücke auch notwendig. Ansonsten glaube ich, man kann Hellman / Gallo in vieler Hinsicht aneinander spiegeln und dann gucken, wofür die Differenzen stehen. (East / West; Kommunikation / Schweigen; etc.) Vielleicht würde Brown Bunny besser zu Bartleby passen.

Letzter Satz in David Holtzman’s Diary (Jim Mc Bride): „If I were Bartleby, I would prefer not to have made this movie.“

Samstag, 24.01.2004

Plagiarism

Der französische Filmemacher Jean-Luc Godard ist wegen der unerlaubten Verwendung eines fremden Textes in seinem Film „King Lear“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Godard und die Produktionsgesellschaft Bodega Films hätten ohne eine entsprechende Kennzeichnung einen Auszug aus einem Buch der Schriftstellerin Viviane Forrester genutzt und sich damit des Plagiats schuldig gemacht, urteilte ein Pariser Gericht. Godard und die Gesellschaft wurden zur Zahlung von jeweils 5000 Euro an Forrester und ihren Verlag verpflichtet.

„King Lear“ wurde 1987 gedreht, kam nach zahlreichen Produktionsschwierigkeiten aber erst im April 2002 auf die Leinwand. Godard gilt mit seinem Kultfilm „Außer Atem“ (1959) als einer der wichtigsten Vertreter der französischen Filmbewegung Nouvelle Vague.

Zitatende.

Veranstaltungshinweis Münster

Januar bis April: Praxistest. Filme und Vorträge zur Arbeit mit den Bildern, Fachhochschule für Design

Eine von Nils Plath und Norbert Nowotsch zusammengestellte Veranstaltungsreihe mit Beiträgen u.a. von Alexander Böhnke (Vorspann-Projekt Siegen), Susanne Weirich (Videokünstlerin), Rechenzentrum (Musik), Christian Schulte (Medienwissenschaftler, DCTP), Ekkehard Knörer (jump-cut), Eva Meyer (Autorin).

Coming up next: Sonntag, 25. Januar, 18 Uhr: „Found Footage“. Filme von Christoph Girardet und Matthias Müller, Cinema, Warendorfer Straße 45-47, Münster

Freitag, 16.01.2004

Back from the dead

Ab heute zurück in der Berliner Kinolandschaft: Zeughauskino im Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden. Bis März ist dort vieles aus dem hauseigenen Archiv zu sehen und unter dem Titel „Dreh in diesem Dorf. Geh nicht nach Paris“ stehen Filme von und nach Harun Farocki auf dem Programm. Darunter vor allem The Artists sometimes filed under „Berliner Schule“ und solche, die hier schrieben oder schreiben bzw. dafür gesorgt haben, dass hier geschrieben werden kann.

Freitag, 09.01.2004

Selbstbeobachtung

Je mehr ich über „Lost in Translation“ lese, desto ärgerlicher finde ich den Film. Allerdings ist kaum entscheidbar, ob sich die Verärgerung tatsächlich auf den Film bezieht oder auf die schleimig-anbiedernde Art, in der darüber überall geschrieben wird. Beides lässt sich nicht voneinander trennen, und selten ist mir das so deutlich gewesen wie in diesem Fall. Der Tonfall, dieses Devot-Verzückte darin, legt sich rückwirkend über die Bilder und meine Erinnerung daran. Das ist – unterschätzte Banalität – ein üblicher Mechanismus: dass sich Geschriebenes und Gesagtes in bestimmten Mischungsverhältnissen mit dem Film verbinden und Kino / Erinnerung / Text schnell zu einem schwer bestimmbaren Amalgam werden. Vielleicht sind die Polaritäten hier nur stärker ausgeprägt. Bei „Lost in Translation“ jedenfalls weckt die hymnische Einhelligkeit auch Zweifel am eigenen Blick: mir hat einiges in dem Film gefallen, aber das wird durch die Soße, in die es jetzt diskursiv getaucht wird, regelrecht entwertet. Und Filme, die allerorten solchen Enthusiasmus entzünden, sind mir ohnehin suspekt. Am meisten nervt die „gelungene-Komoedie“-Leier, denn genau davon habe ich – wie es mir schien: um den Film gegen sich selbst zu verteidigen – schon im Kino versucht soweit es ging abzusehen. Oder jedenfalls das Komödienhafte doch wohl bitte nicht in Coppolas how-low-can-you-go klischeehaftem Japanbild finden zu wollen, aus dem sie ein paar drittklassig-stereotype Voraussagbarkeiten herausschlägt. Sehr angenehm daher Urs Richters Gegenangriff gegen „Sofia Coppolas dummen Zweitling ‚Lost in Translation'“, der einen Teil der Aggression über dem Film ausgießt, die sich bei mir eher als stiller Unmut angesammelt hat. Das heisst nicht, dass ich mit allem übereinstimmte (vielleicht bin ich inhaltlich sogar an ein paar Stellen grundsätzlich dagegen), aber als Geste finde ich es genau richtig – so wie Dieter Roth in einem Gespräch mit dem Schweizer Fernsehen einmal plötzlich völlig out-of-context gegen Wittgenstein („weil der sonst immer so gelobt wird von allen“) zu schimpfen beginnt: „das perfideste Arschloch, das je auf der Erde herumgelaufen ist“ (oder so ähnlich). Dann wendet er sich, sichtbar alkoholisiert, aber mit einer schönen Kinderfreude im Blick, an die Interviewerin und fragt: „Können Sie das senden?“

Sonntag, 04.01.2004

Menschen in Hotels

In der Wochenendbeilage der Sueddeutschen Zeitung eine Lobeshymne auf Sofia Coppolas „Lost in Translation“. Meine Schwierigkeiten mit der Beschwörung von „Größe“, erst recht mit der Eindringlichkeitsbehauptung, die in gesteigerten Adjektiven liegt („ein sehr, sehr großer Film“). Darin liegt wohl auch eine allgemeinere Aversion gegen das Adjektiv (damit automatisch auch gegen das Feuilleton), gegen die darin liegende anheftende Bewegung in der Sprache – als klebe man erst noch schnell ein Preisschild an das Besprochene, bevor man es verschenkt. Kann einen peinlich berühren, die Brutalität in dieser Geste, die einem im buchstäblichsten Sinne das vorschreibt, was – wenn überhaupt – erst selbst zu sehen wäre. (In Coppolas Film habe ich das im Übrigen nur in wenigen kleinen Momenten gesehen, aber das ist ein anderes Thema).


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