Einträge von Volker Pantenburg

Freitag, 02.01.2004

Link-Hinweis

„Das heißt, nur in solchen „Geschichten des Films“, die von den Filmen etwas erwarten, erhoffen, fordern, bleiben die Filme lebendig oder werden es wieder, das übrige Filmschreiben ist gegen die Filme gerichtet.“ (Helmut Färber anläßlich Heinz Emigholz‘ Buch „Das schwarze Schamquadrat“, heute in der SZ)

Montag, 29.12.2003

George-Cukor-generosity-story

„I call it my favourite George Cukor-story. The story is that when he was shooting a film at MGM, which he did many – I don’t remember which story, but he… the call-sheet was up as it always is with the names of who was shooting that day, and an executive – one of the executives, again I don’t know the name, but one of the executives – went and looked at the call-sheet. He went down the list of names and he saw a name that he didn’t recognize. So he dashed over to the set and he said to George: ‚What is this, this name: What part is he playing?‘ And George said: ‚He’s playing the part of a friend of mine who needs a job.'“ (Fay Kanin: On Cukor)

Donnerstag, 04.12.2003

langtexthinweis

Auf der Langtextseite:Landscape Suicide (USA 1986, Regie: James Benning)

Ein Text von Volker Pantenburg

Montag, 01.12.2003

TV-Hinweise

„Ozu
in Tokio geboren am 12.12.1903
in Tokio gestorben am 12.12.1963
Nur eine minimale Abweichung zwischen A und O. In Ozus Film ist selbst der Tod von verwirrender Trivialität, fast nichts.“ (Frieda Grafe)

Zum 100. Geburts- und 40. Todestag von Yasujiro Ozu zeigen der WDR und ARTE ab Mittwoch mehrere Ozu-Filme. Anlass, sich an die Berlinale-Retrospektive Anfang diesen Jahres zu erinnern, bei der die abendlichen Filmvorführungen zum fest eingeplanten Termin wurden.

Eine kleine Liste: bestimmt läuft noch mehr, vielleicht lässt sich das kurzfristig ergänzen. Etwa, wenn irgendwo die Filme gezeigt werden sollten, die Hou Hsiao Hsien, Abbas Kiarostami und andere für den Jahrestag gedreht haben.

Die Reise nach Tokio (Tokyo Monogatari, Japan 1953): Mittwoch, 3.12., 23.15 h, WDR

Früher Frühling (Soshun, Japan 1956): Mittwoch, 10.12., 23.15 h, WDR

Sommerblüten (Higanbana, Japan 1958): Mittwoch, 10.12., 22.45 h, ARTE:

Guten Morgen (Ohayo), Japan 1959: Donnerstag, 11.12., 20.45 h, ARTE:

Ein Herbstnachmittag (Samma No Aji, Japan 1962): Mittwoch, 17.12., 23.15 h, WDR:

Ein paar Links auf Lesenswertes zu Ozu:

Ekkehard Knörer: Die Filme von Yasujiro Ozu (jump-cut)

Johannes Beringer: Einige frühe Filme von Yasujiro Ozu (new filmkritik für lange texte)

Jonathan Rosenbaum: Is Ozu slow? (senses of cinema)

Freitag, 31.10.2003

Bauchdecke, revisited

Als jemand, der selten genug in Science-Fiction-Filme geht und das Genre immer aus einigen Lichtjahren Distanz, dann aber gerne beobachtete, kam mir der Alien-Director’s Cut ganz gelegen. Irgendwann in den Achtzigern hatte ich den Film auf Video gesehen, zusammen mit Freunden, deren Alter ebenfalls deutlich unterhalb der FSK-Grenze lag. Gemeinsam warteten wir Chips kauend auf den Moment, an dem John Hurts Bauchdecke von innen gesprengt wird, davon hatten wir alle schon gehört oder gelesen, das war die Sorte Geschichten, die in der großen Pause erzählt wird. Auch jetzt, passenderweise erneut voll drin in den Achtzigern, war eine ähnliche Anspannung wieder da, als Hurt, aufgewacht aus der Betäubung, scheinbar befreit vom krebsähnlichen Monstrum, das ihm straight into the face gesprungen war und doppelt hungrig, beginnt, sich die unappetitlichen Space-Spaghetti hereinzuschaufeln, gierig, weil es nicht mehr nur er selbst ist, der da ernährt werden will. Aber der explosionsartige Moment, dieser Geburtsaugenblick, in dem der Mann als kurzfristige Leihmutter das Alien in veränderter Form zur Welt bringt und ziemlich wirr, blutig und diffus, aber vielleicht deshalb doch überraschend Geburt und Phallus, Tod und Leben, Schmerz und Befreiung zusammenschießen, ohne genau verrechenbar zu sein, entlädt sich dann in ein Lachen über den kalkulierten Slapstick-Effekt, wenn der komische, bissfreudige Dildo hysterisch über den runden Tisch schießt und irgendwo in den Winkeln des Raumschiffs verschwindet.Das Raumschiff heißt hier bekanntlich „Mother“ und nicht HAL 9000, und mit Ripley und Lambert sind zwei Frauen an Bord, eine davon überlebt als einzige. Daran kann man den Abstand zwischen 1968 und 1979 ebenso messen wie an den Zuschreibungen von Klassenzugehörigkeit: Parker (schwarz) und Brett (weiss) schuften unter Tage, schweißen die Elektronik, die Captain Dallas bei seiner erstaunlich amateurhaften Landung auf dem fremden Planeten ruiniert hat, und feilschen um Prämien. Revolutionär ist das nicht, eher sozialdemokratisch, wenn am runden Tisch (Grosser Krisenstab) bei der Lagebesprechung zusammen gegessen und gescherzt wird. Wie auch immer man die Genderpolitik des Films deutet – ob hier die Frauen nichts anderes sind als die besseren Männer oder ob in Ripleys Entschluss, das Mutterschiff wohl oder übel zu sprengen nur die weibliche Version des Vatermords der Urhorde am Anfang von 2001 zu sehen ist: Vom intergalaktischen Service-Personal in Kubricks Film hin zur resoluten Kommandofrau hat sich offenbar etwas verschoben in Richtung Sichtbarkeit. Sigourney Weaver und die Urhorde: Gorillas im Nebel, das inoffizielle Alien Sequel.

Sonntag, 19.10.2003

Film-Hinweis

Über die Biegsamkeit des Kopfes und der Gedanken und Wege aus dem Schwerkrafts- und Horizontalitätsgefängnis namens Bildkader. Über das Sehen von Architektur und Raum. Zerteilung und Rekonstruktion von Bewegung durch Montage. Wie hört sich Architektur an? „Ich kann keine Aufgabe formulieren, sondern nur das anbieten, was ich am besten kann: den Raum auf der Fläche repräsentieren. Ich sehe mich als eine qua Vertrag mit der Menschheit ausgehaltene Kameraperson, die ihre Blickresultate zur Verfügung stellt.“ (Emigholz)

62 Gebäude und eine Ruine des amerikanischen Architekten Bruce Goff (1904-1982), fotografiert von Heinz Emigholz. Noch drei Wochen lang im Kino International, Berlin, immer Sonntags um 14.00 Uhr (26. Oktober, 1. und 9. November), dann in weiteren deutschen Städten. Viele Infos auf der Website. Das „Making Of“ zum Film zeigt Emigholz am 29. Oktober im Buchladen „pro qm“, Alte Schönhauser 48.

Samstag, 30.08.2003

Buch-Hinweis

„Ob sich vorstellen ließe, daß Walter Benjamin mit dem Passagenwerk fertig geworden wäre, hätte er alle Texte, die er in der Bibliothèque Nationale gelesen hat /lesen wollte, auf CD-Rom gehabt, und alle Bilddokumente/Abbildungen des Cabinet des Estampes digitalisiert gespeichert, mit Motiv-Erschließungen?“ (Helmut Färber: Fragen gestellt am Mittwoch, 7. Februar 2001).Keine Antwort darauf, aber diese und andere Fragen sind im Band „Suchbilder. Visuelle Kultur zwischen Algorithmen und Archiven“ (Hg. von Wolfgang Ernst, Stefan Heidenreich und Ute Holl, Berlin: Kadmos 2003) nachzulesen. Wiederveröffentlicht ist dort, neben anderen Beiträgen des gleichnamigen Symposiums vor zweieinhalb Jahren, auch Jörg Beckers Text „Der Ausdruck der Hände. Ein filmischer Terminus“.

Freitag, 25.07.2003

Zehn Minuten älter

Nach ungefähr vier Minuten begann man, die Unruhe im kleinen Raum des Schachtelkinos zu spüren. Jemand in der Reihe vor mir drehte sich um und schaute in die Richtung, aus der er das Licht des Projektors erwartete. Irgendwo weiter hinten geriet eine typische Vor-Film-Unterhaltung ins Stocken und versickerte dann ganz. Jemand stieß eine Bierflasche um. Die Werbung und auch die Werbung für die Werbung war vorbei; wenn noch Eis verkauft werden sollte, wäre es jetzt dafür zu spät. Es vergingen weitere drei Minuten. Nichts passierte.Zuerst hatte ich nur flüchtig daran gedacht, aber dann gefiel mir der Gedanke immer besser, dass dies vielleicht schon Godards Episode sein könnte. „Dans le noir du temps“, den Titel hatte ich irgendwo gelesen, sonst wusste ich nichts außer der Dauer von zehn Minuten. Dunkel war es, Zeit verging auch: Alles stimmte. Noch eine Minute später konnte ich es mir schon nicht mehr anders vorstellen. Es kam mir schlüssig vor, dass auf die vielschichtigen Bild- und Tonüberlagerungen der „Histoire(s) du cinéma“, auf die vierstündige Bildexplosion nun eine zehnminütige Bilderlosigkeit folgen müsste. Als hätte er sich und uns soviel Text, so viele Bilder und so viel Musik auf die Seite geschafft, dass wir jetzt noch eine ganze Weile davon zehren könnten im dunklen Kinosaal, durch die Erinnerung an die Geschichten der Geschichte. Rückzug, Askese, ein Echoraum, in dem die Unzahl von Bildern weiterhallt, die er durch den Schneidetisch hatte laufen lassen, angehalten, verlangsamt, übereinandergelegt, beschriftet, verfremdet, besprochen.

Kurz darauf ging der Film dann los, scheinbar gab es nur ein paar Komplikationen beim Einlegen der Rolle, oder der Vorführer hatte sich noch ein Bier geholt, „bei der Hitze“. Für mich war durch die schwarze Zeit vor dem Anfang eine Lücke entstanden, in die sich Godards Film siebzig Minuten später als letzte der acht Episoden hineinfügte. „Dernières Minutes de…“ erscheint da immer wieder auf der Leinwand, in der einfachen Druckschrift, die man seit den Videoarbeiten aus den Siebzigern kennt. Letzte Minuten „des Muts“, „der Angst“, „der Liebe“, „des Kinos“, „der Stille“.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass seit Jahren kein neuer Godardfilm mehr im Kino lief; jedenfalls war ich von den Bildern so ergriffen – sagt man das? – wie im Kino schon lange nicht mehr. Wie Notizen aus dem Nachlass kamen mir die verlangsamten Sequenzen vor, von einem, der lebendig, aber zugleich schon mit einem Blick von Außen, von ganz woanders her seine Papiere ordnet, hier etwas markiert, ein Photo zur Hand nimmt, einen Satz von Wittgenstein aufgreift, sich in den bearbeiteten Einstellungen aus „Made in USA“, „Vivre sa vie“, „Le petit soldat“ wiederzufinden versucht. „Les miroirs feraient bien de réfléchir avant de renvoyer une image“ füllt in „2 X 50 ans de cinéma francais“ (1995) mehrmals den Bildschirm. In der Übersetzung geht viel verloren: Spiegel täten gut daran, nachzudenken (zu reflektieren), bevor sie ein Bild übertragen. Auf eine unbestimmte Art hatte ich das Gefühl, dass Godard sich hier vor und – wie Alice, mit deren Rätseln Emily Brontë in „Weekend“ den Ehemann zur Verzweiflung treibt – hinter den Spiegeln befindet. Und der (verfremdende) Spiegel ist er ebenfalls.

Ein paar Tage vorher hatte ich noch mit M. darüber gesprochen, ob es so was wie „gelungene“ Episodenfilme gibt, die nicht nur als Zeitdokument oder aufgrund einzelner Segmente (wie Teile von „Loin du Vietnam“ oder Fassbinders Klaustrophobie-Flash in „Deutschland im Herbst“) interessant sind, sondern auch als Gesamtfilm funktionieren. Er war skeptisch, und auch mir fielen immer nur tolle Einzelepisoden ein. Aber jetzt im Kino fand ich, dass das Hintereinander etwas für sich hat, wie bei einem guten Sampler, bei dem man sich über die schlechten Lieder freut, weil sie einem zeigen, was man an den guten Stücken hat. Und gerade die Bruchstellen zwischen zwei Filmen machen dann eben doch manches klar: Wenn zum Beispiel etwas noch gedanklich rüberragen will über den Rand, aber vom nächsten Film gleich brutal plattgebügelt wird, wie es am Übergang von Claire Denis zu Volker Schlöndorff besonders unangenehm auffiel.
Denis aktualisiert eine Episode aus „La Chinoise“: In einem Zugabteil unterhält sich eine Studentin, die die gleiche Schirmmütze trägt wie 1967 Anne Wiazemsky, mit Jean-Luc Nancy über das Fremdsein. „Vers Nancy“ heißt die Episode: Nach Nancy im mehrfachen Sinne, und eben auch nach Jean-Luc. Konzentiert, aber zugleich völlig entspannt werden im Gespräch Gedanken hin- und hergespielt, Zweifel artikuliert, Aporien aufgespürt, die keine Sackgassen sind, sondern auf neue Gedanken stossen lassen: Der Fremde als Eindringling, als Gast, von dem Assimilation verlangt wird, der aber zugleich seine Eigenheit behalten soll. Jemand, von dem man erwartet, dass er einen überrascht – eine unmögliche Aufgabe. Im Gang steht währenddessen ein Schwarzer und hört lange mit, bevor er sich schließlich zu den beiden ins Abteil setzt. Man kann solche Fragen von Außen und Innen, von Dazugehören-müssen und Man-selbst-sein-wollen also ganz nüchtern in klaren schwarz-weissen Bildern und wenigen Einstellungen auf die Gesichter und die Landschaft draußen inszenieren (und dabei das Problem von Eigen und Fremd im Verhältnis des Films zur Godard-Vorlage nochmals fast unmerklich verdoppeln.) Dann kommt Schlöndorffs Episode, die so großspurig mit „Enlightenment“ betitelt ist, dass auch die ironische Brechung des Titels am Ende nichts retten kann. Augustinus‘ Reflexionen über die Zeit werden hier einer Mücke in den Mund gelegt und in schwindlig umherkurvende Bilder gepackt, die in jeder Sekunde virtuos Leichtfüßigkeit zeigen wollen – wohl um die stereotype Tumbheit der Bilder vergessen zu machen. Ein Teil des Films spielt auf einem Campingplatz in Ostdeutschland, und es gibt da eine schwangere junge Frau, die ihren Eltern den Vater ihres Kindes („einen Afrikaner“) vorstellt. Skinheads dürfen nicht fehlen, Alkohol und Grillwürstchen sind auch im Spiel – man kann das hier eigentlich abbrechen, jedes weitere Wort wäre zuviel. Die gedankliche Komplexität (und die Lust am Nachdenken), die man im Zugabteil spüren konnte, wird hier zugunsten des flachen Schematismus‘ von Glatze vs. schwarze Hautfarbe rücksichtslos wieder eingedampft.

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Schlöndorff den Nicht-Film gemacht hätte, den ich zu Beginn Godard zugeschrieben hatte. Aber natürlich wäre das nicht das selbe Nichts gewesen, ein anderes Schwarz, eine andere Zeit.

Montag, 21.07.2003

TV-Hinweis

Heute, 22:25 Uhr – 23:00 Uhr, 3satEin Bauer der Photographie. Der französische Kameramann Raoul Coutard

Regie: Jürgen Heiter und Hans-Heinz Schwarz
BRD1982/99, OmU

Samstag, 12.07.2003

TV-Hinweis:

Heute Nacht (13.7.), 1.20 – 2.00 Uhr im WDR:Das Land (The Land)
Regie: Robert Flaherty

„Flaherty, gewohnt Filme über Individuen und Gruppen in einem begrenzten Bereich zu drehen, reiste Tausende von Meilen durch die USA und belichtete Tausende von Metern. Was er festhielt, waren Bilder eines fruchtbaren Landes, das durch den Zugriff des Menschen zu einer Wüste zu werden drohte. Wie Bilder eines Körpers, der zu einer einzigen Wunde wird. Dazu die Zerstörungen, die die Technisierung der Landwirtschaft im Leben der Farmer und Landarbeiter angerichtet hatte, die Arbeitslosigkeit und die Landflucht. Noch während der Produktion änderte sich die politische Lage radikal. Der schrittweise Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg, der nach dem Überfall auf Pearl Harbour im Dezember 1941 endgültig war, änderte die Perspektive auf die Landwirtschaft. Es galt jetzt, aus naheliegenden Gründen die Produktion auf Hochtouren zu bringen. So erklärt sich, dass Flahertys bedrückendes Panorama ziemlich unvermittelt in einen positiven und pathetischen Schluss einmündet. Dieses Ende dementiert den Film nicht, es macht die Situation eher noch verzweifelter. Das müssen auch die Auftraggeber so gesehen haben: der Film wurde öffentlich nicht verbreitet. Das kam einem Verbot gleich, das bis heute nachgewirkt hat. Kaum Jemand kennt den Film.“ (Von den WDR-Seiten im Netz)


atasehir escort atasehir escort kadikoy escort kartal escort bostanci escort