I WALKED WITH A ZOMBIE
Filmstill & ein aufschlussreicher Link zum Thema „Du bist Deutschland“:
http://de.indymedia.org/2005/11/133518.shtml
Filmstill & ein aufschlussreicher Link zum Thema „Du bist Deutschland“:
http://de.indymedia.org/2005/11/133518.shtml
Manchmal findet man Missing Links, nach denen man gar nicht aktiv auf der Suche war, weil es scheinbar nichts zu verbinden gab. Warren Beattys hybride Polit-Satire „Bulworth“ (1998) ist so eine Übergangsform, weil dort die Repräsentationsskepsis von „The Parallax View“ mit der Stellvertretungsutopie aus „West Wing“ Kontakt aufnimmt. Beide Modelle beziehen sich auf den demokratischen Begriff politischer Repräsentation, bei dem Darstellungsfunktion und Stellvertretungsanspruch zusammenfallen, weil Repräsentation eben beides bedeutet: den sichtbaren Ausdruck von Politik im öffentlichen Raum und personale Stellvertretung als Medium und Ausdruck indirekter Volksherrschaft. Bei Pakula kulminiert die eigentliche Konspiration dort, wo die vom Tonband reproduzierte stimmliche Repräsentation (ein Wahlkampf-Playback), die einem toten demokratischen Repräsentanten zugeordnet wird (der gerade auf einem führerlosen Golfwagen durch eine Sportarena irrlichtert), eine Referenzkrise anzeigt, die deshalb relevant ist, weil sie die demokratische Legitimationskette unterbricht, bzw. simulatorisch stabil hält. „West Wing“ hingegen setzt auf den liberal-demokratischen Optimalfall: personale Integrität, die öffentlich darstellbar ist. Das Beste an dieser vollkommen großartigen Serie ist die Akribie, mit der hier jene institutionellen Prozesse aufgearbeitet werden, die sicherstellen sollen, dass es so etwas überhaupt noch gibt: res publica. „Bulworth“ wiederum ist ein wirrer Film, weil er zunächst die Krisendiagnose undarstellbarer Machtkonstellationen zu teilen scheint, dann aber gutgelaunt einen weißen Senator zum authentisch-öffentlich für die afroamerikanische community sprechenden Rap-Politiker mutieren lässt. Dass Martin Sheen die Figur des bibelfesten Präsidenten Josiah Bartlet offen aus seiner wechselhaften Schauspielerbiographie entwickelt und „Bulworth“ unter der Kategorie ‚Assistant Director‘ ausgerechnet „Frank Capra III“ führt, ist dann eben auch kein Zufall mehr: Alle Wege führen nach Washington und die des Herrn sind unergründlich.
„Exzellente Darsteller“ (WAZ), „Grossartig“ (DIE WELT), „Wunderbar“ (SPIEGEL), „Glanzvoll“ (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG): Stolz und Vorurteil.
„Die unglaublichste und ergreifendste Weihnachtsgeschichte aller Zeiten!“ (ARD KULTURREPORT), „Zutiefst menschlich!“ (STERN), „Reif für den Oscar“ (CINEMA), „Magisch!“ (ZDF Aspekte): Merry Christmas.
„Ein kleines Wunder!“ (Süddeutsche Zeitung), „Eine Sensation!“ (DER SPIEGEL): Die große Stille.
„Ein bewegendes Fest der Musik und des Lebens!“ (KulturSPIEGEL): Wie im Himmel.
„Ein berührender, humorvoller und im besten Sinne aufklärerischer Film“ (DER SPIEGEL): Die grosse Reise.
„Hollywood-Kino mit viel Herz und Humor!“ (TV SPIELFILM), „Große Gefühle – manchmal braucht man so etwas einfach!“ (WOMAN): Ein ungezähmtes Leben.
[FAS, 27.11.2005, S. 71; die Auflistung ist vollständig]
*** Wer grad gute Französischkenntnisse zur Hand hat, kann diese Woche auf France Culture täglich Gespräche zwischen Claire Denis und Jean-Luc Nancy hören. Bisher: „Le territoire“, „L’intrus“, „La communauté d’esprit“. In den nächsten zwei Tagen: „La violence de l’image“ und „Cinéma et philosophie“. Als Real Audio (jeweils 35 min) im Netz verfügbar, wahrscheinlich für ein paar Tage.
*** ROUGE 7: Viel John Ford (Texte von Shigehiko Hasumi, Jonathan Rosenbaum, Miguel Marias und Ross Gibson). Außerdem ein Schwerpunkt zu Architektur, Urbanismus und Kino und einiges mehr.
Wer in Berlin in der zweiten Woche den neuen Farrelly-Film sehen wollte, hatte Pech: Es gab keine zweite Woche. Einigermassen verblüfft durchsuchte ich das Kino-ABC nach „Fever Pitch“, dann nach „Ein Mann für eine Saison“, wie die deutschen Verleiher optimistisch getitelt hatten. Wie genau das zustande kommt, dass eine Nick Hornby-Verfilmung mit Drew Barrymore in der weiblichen Hauptrolle, ein Film, der von führenden Zeitschriften als „wunderbar warmherzig“ (BRIGITTE) empfohlen wird, nach einer Woche aus dem Cinestar verschwindet, wo er, wie ich dann erfuhr, schon in der ersten Woche im 17 Uhr-Slot geparkt worden war: Keinen blassen Schimmer. Kann sein, dass der Film in den USA gefloppt ist. Kann sein, dass es Lukrativeres für den deutschen Markt gibt als Baseball-Filme. Kann sein, dass in dem Farelly-Film nicht genug Farelly drin ist: Werde ich jetzt wohl erst erfahren, wenn die DVD rauskommt. Rührend war immerhin die Frau an der Cinestar-Kasse, wo wir dann „A History of Violence“ sahen. Auf die Nachfrage, ob sie wisse, warum „Fever Pitch“ so schnell abgesägt wurde, zuckte sie mit den Achseln und sagte, sie könne da leider auch nichts machen: Sie sei ja nicht jeden Tag da.
Heute läuft Philip Grönings Klosterfilm „Die große Stille“ an.
In der aktuellen Jungle World sprechen Ekkehard Knörer, Volker Pantenburg, Stefan Pethke, Bert Rebhandl und Simon Rothöhler über den Film. In der heutigen taz ist ein weiterer Text von Bert Rebhandl zum Film erschienen.
So eine tolle flache Dramaturgie. Sowas von geerdet, ohne jede Kunstanstrengung. Kein Bedürfnis, für jeden nicht genommenen Plot Point einen antidramatischen an seiner Stelle zu errichten. Dennoch bei mir immer wieder Erstaunen, was die alles nicht machen. Wie die Komödie als Formerwartung invertiert wird. Wie das Romantische in seiner Normalisierung zum Versprechen wird, mit in den Alltag zu kommen. Wie die Farrellys gelacht haben müssen, als sie die zwei Rollstuhlfahrer dann doch ins Bild schieben. Hereinschieben als Beiseiteschieben von Reflexen der Interpretation: Allegorisiert körperliche Defekte als politische doch künftig anderswo. Drew Barrymore, die den Film produziert hat, mag ich erst seit „50 First Dates“. Ein Auftragswerk sieht anders aus. Alle wollten, was sie taten und konnten es auch. Ein Hauch von New Hollywood, ein wunderbarer Soundtrack.
* Histoire(s) du cinéma – Moments choisis (Jean-Luc Godard, Frankreich 2000, 80 Minuten)
Ich sah den Film zweimal. Beim ersten Mal kam ich aus dem Kino und meinte einen griffigen Satz zu ihm gefunden zu haben; etwas, was man herausposaunen könnte zu Beginn eines Texts, dass alle staunten, was danach dann noch komme. Beim zweiten Mal wollte ich den Satz überprüfen und er kam ganz durcheinander von dem Film.
Hin und wieder markiert Godard Fehler, die ihm in der langen Version des Films, den „Histoire(s) du cinéma“, unterlaufen waren, dann blinkt in roter Schrift das Wort „Erreur“ auf der Leinwand und eine Korrektur steht darunter: es war nicht Martine Carol, es war jemand anders.
Dass „Night of the Hunter“ von Charles Laughton (USA 1955) zentraler als in den langen Histoire(s) sei, hatte man uns vorher bereits erzählt. Die Szenen aus „Night of the Hunter“ waren schon im langen Film, aber dort waren sie kürzer und überlagerter als in diesem. Sie handeln vom Fluss, auf dem die Kinder im Boot fortgleiten, vom Schrei, den Robert Mitchum schreit, als er das Boot fortgleiten sieht, und vom Nicht-von-der-Stelle-kommen des alten Mannes, nachdem er die tote Frau im Fluss gesehen hatte.
Es wurde gesagt, Godards Film sei ein abstract der langen Version, und wir fügten hinzu: aber auch etwas, was es ins Kino schaffen soll, anders als die lange Version, die sofort der Kunst zugeschlagen wurde – zu lang fürs Kino, zu kompliziert, nicht mehr zu plazieren. Neulich hatte ich mit EK gesprochen über die Sache mit der Kunst und die mit dem Kino. Dass die Kunst begierig auf das Kino sei und es in ihrer Gier und grotesken Bewunderung immer mehr umstelle, betaste, aussauge. Die Kunst macht das, weil sie mitbekommen hat, dass das Kino angeschlagen ist. Die Kunst, hatten wir gedacht, sei gierig darauf sich einzuverleiben, was sie nur vermittelt zu besitzen meint: das Große und Strahlende, das Leuchten des Kinos einerseits, aber, wichtiger noch, das nachhallend Narrative. Und das Kino, hatten wir gedacht, sei nicht mehr stark genug, dieser Gier zu widerstehen. Es kommt mir jetzt so vor, als seien die lange Sequenz mit dem Schrei und dem Fluss und die lange Sequenz mit dem alten Mann, der nicht von der Stelle kommt, wie Akkorde, die der Film von Godard sehr früh anschlägt und über seine ganze Dauer nachhallen läßt um ihm das Echo dieses spezifisch kinematographisch Narrativen zu geben.
Es kommt mir jetzt aber auch so vor, dass so von „dem Kino“ zu sprechen, wie EK und ich es neulich probeweise noch einmal taten, als wir von „dem Kino“ und von „der Kunst“ sprachen, eine Sache ist, die sich nicht mehr versteht. Und dass Godard davon weiß, weshalb es nun neben den Geschichten des Kinos auch noch ausgewählte Momente daraus gibt.
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* Shen Nu (Wu Yonggang, China 1934, stumm, 76 Min.)
Ruan Lingyu. Bei the Goddess das Gesicht dieser Frau. Dieses Gesicht stellt der Film oft heraus, es ist aber nicht skulptural gestaltet, wie der Titel des Films es nahelegen könnte, der Film gestaltet dieses Gesicht und seine Trägerin eher im Bereich des Gestischen, also zum Lesen. Im Chinesischen braucht nur ein Buchstabe ausgetauscht werden, um aus der Göttin eine Hure zu machen, schreibt Bérénice Reynaud im Katalog der Viennale 2005. Davon handelt der Film. Über den Zwischentiteln eine nackte Frau, deren Hände gefesselt auf dem Rücken liegen. Sie beugt sich zum vor ihr liegenden Kleinkind. Es sind nur 9 Filme dieser Schauspielerin übrig geblieben. Die wurden in Wien gezeigt.
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* Screen Tests – Reels 5, 7, 19, 20, 24 (Regie:Andy Warhol, USA 1963-66, stumm, ca. 250 Min.)
* The Chelsea Girls (Regie: Andy Warhol, USA 1966, 200 Min.)
Die Screentests von Warhol am anderen Tag, ihre Güte: sie machen einen irrsinnig. Sie sind allesamt stumm. Dennis Hopper, dennoch singend [1964, Reel 5, #1].
Baby Jane Holzer und ihr chewing gum stunt [1964, Reel 5, #8].
Lucinda Childs blickt an der Kamera vorbei. Lucinda Childs blickt links an der Kamera vorbei, dann wandert ihr Blick langsam nach rechts. Nach einer Minute ist er dort angekommen. Dann fällt eine Locke in ihr Gesicht, sie will sie wegpusten, die Locke aber fällt zurück, da nimmt sie ihre Hand zuhilfe. Dann setzt sich eine Stubenfliege auf ihre rechte Schulter. Dann fällt die Locke wieder in ihr Gesicht. Dann ist die Aufnahme zuende [1964; Reel 7,#7].
Mary Menkens kubistische Falten [1966, Reel 7,#9].
James Clairs Träne [1965, Reel 19,#8].
Baby Jane Holzer und ihr chewing gum stunt, sort of, revised edition [1965, Reel 20,#2].
Beim apfelessenden Lou Reed musste ich an Udo Lindenberg denken [1966, Reel 20, #5].
Kelly Edeys Adamsapfel in Untersicht [1963, Reel 20, #10].
Ein paar Tage später lese ich im Oktoberheft des Filmmuseums etwas, was mir gefällt, von Harry Tomicek zu „My Hustler“ (1965), über die Schwenks und Zooms, die die starren Einstellungen der früheren Filme Warhols ablösen: „Sie prallen so roh, ungeglättet und mechanisch auf den Seh- und Zeitsinn, als wäre hinter der Kamera ein Roboter zu L’art-brut-Dienstleistungen eingesetzt.“ „Chelsea Girls“ hatte ich da auch noch nicht gesehen. Aber später dann.
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* Leaving Home, Coming Home. A Portrait of Robert Frank (Gerald Fox, GB 2004, 92 Min.)
* Kikyo (Hagiuda Koji, Japan 2004, 82 Min.)
* Invasion (Hugo Santiago, Argentinien 1969, 128 Min.)
* A Letter from Greenpoint (Jonas Mekas, USA 2004, 80 Min.)
Der Film zu Robert Frank ist sehr ärgerlich. Volker hat schon dazu geschrieben.
An „Kikyo“ habe ich kaum Erinnerungen. Es gibt einen Moment in dem Film, in dem zum ersten Mal Musik einsetzt, da sind der Mann und das Mädchen unterwegs und sanfte, lustige Kindermusik kommt jetzt aus dem Off.
Von „Invasion“ hatte mir CN schon in Berlin erzählt, und es stimmt: er ist sehr toll. Borges hat an dem Drehbuch mitgearbeitet. Wie der Film Schwerkraft und Dynamik zueinandergesellt müsste man ausführlicher bedenken.
Immer wieder mache ich mich auf, die Sachen von Jonas Mekas zu sehen, und immer wieder laufe ich frühzeitig aus dem Kino. Ich mag den Film seines Bruders, „Hallelujah the Hills“, sehr gerne.
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* Le Petit Lieutenant (Xavier Beauvois, Frankreich 2005, 116 Minuten)
Xavier Beauvois kannte ich als Darsteller bei Garrel. Ich las im Katalog, Caroline Champetier habe die Kamera für diesen Film gemacht. Ein Polizeifilm. In Berlin, heute, hat Volker angerufen und erzählt von den Cahiers, die den Film jetzt hypen, retour à la fiction. Mir war beim Schauen eingefallen, dass das europäische Kino den Polizeifilm dem Fernsehen überlassen hatte; man schaut sowas deshalb inzwischen anders. Später war ich mir nicht mehr sicher darüber. Wie die Genrebestandteile, die alle intakt gelassen sind in dem Film, den Darstellern und ihren Körpern Kontur geben, nicht aber den Rhythmus des Films bestimmen. Die Blicke und ihre Geschichte. Man sollte so ein Kino nicht postklassisch nennen!
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