2006

Dienstag, 14.02.2006

The New World hatte mich durcheinander gebracht, besser, dachte ich, ich schreibe erstmal nichts dazu auf. Aber ich muss aufschreiben, wie der Film schneidet, Wasser, Wind, songs of selfs, die Wahrnehmungen von Körpern, denen Geschichte dazwischen gerät, Metall. Peleschian war mir eingefallen und französische Filme aus den 20ern und Schönheit als mögliches Ende des Schrecken. Die Linken mögen diesen Film nicht, die Rechten schon; dort anzukommen, wo Angekommensein sich nicht gut anfühlt, dachte ich, als ich das alles las, und: besser schnell weiter, you better be quiet, dachte ich, you better be quiet, schreib erstmal nichts dazu auf.

Wie das Publikum Buh ruft. Ich bin zuwenig draußen gewesen in der letzten Zeit, wie seltsam sich Buhrufe anhören, hatte ich vergessen.

Shelley Winters, Elizabeth Taylor in George Stevens Film „A Place in The Sun“, USA 1949-51, ein Film der Paramount. Der Restaurator aus Kalifornien erzählt, Stevens habe in seinem Arbeitszimmer zwei Projektoren aufgestellt, die Aufnahmen aufeinander zu legen um zu schauen, welches Bild zu welchem passe. So sei es zu den vielen Überblendungen gekommen. Das Licht der Elizabeth Taylor und das Licht der Shelley Winters. Elizabeth Taylors Bild, das sich auf Shelley Winters‘ legt, ein Unterschied im Strahlen. Könnte man sich vorstellen, die Bilder, die der Film von Elizabeth Taylor und Shelley Winters macht, seien komplementär und könnten übereinandergelagert etwas anderes sein als ein Palimpsest, ein Hologramm vielleicht, eines, in dem das eine Bild das andere nicht ausradiert oder ersetzt, sondern beide sich ineinander verzahnen, verschwimmen, auflösen? Die Fabel, der Film, die Überblendungen, lassen keine Zweifel, dass es notwendig ist, die eine durch die andere Frau zu ersetzen, etwas anderes kann man sich, wegen der Fabel, dem Film, der Überblendungen, nicht vorstellen. Auch in diesem Film wird in der Abfolge der Geschichte die eine Frau die andere ersetzen. Cadavre Exquis. Eisenstein hatte Anfang der dreißiger Jahre den Stoff bearbeitet, ein Roman von Theodor Dreiser, Josef von Sternberg 1931 „An American Tragedy“ rausgebracht, Godard 1989 „Nouvelle Vague“, und Bergala in einer der letzten Cahiers über Frauen, die in Seen ertränkt werden, geschrieben.

6 Filme, in denen oft Türen auf- und zugemacht werden:
– Visullui Liviu (Liviu’s Dream – Rumänien 2003)
– Hon dansade en sommar (Sie tanzte nur einen Sommer – Schweden 1951)
– Falscher Bekenner (D 2005)
– Sobhi Digar (Another Morning – Iran 2006)
– De Particulier à Particulier (Frankreich 2006)
– Wholetrain (D 2006)

2 Filme, in denen Türen ignoriert werden:
– Montag kommen die Fenster (D 2006)
– Tertium Non Datur (Rumänien 2006)

Sonntag, 12.02.2006

Holding hands at the Phaeton Lounge


Frauen sind in Männerfilmen oft jung oder krank.

Roehler hat für seine Verfilmung das Ende von Houellebecq’s „Elementarteilchen“ umgeschrieben, weil er die Vorlage zu düster fand.
Schlingensief sagte in der Berlinale-Ausgabe von 3nach9, daß Roehler einer jener Besessenen sei, die der deutsche Film brauche;
nur um das zu sagen, sei er in die Sendung gekommen.
Schlingensief in der 70er-, 80er-, ewigen Rolle des „jungen deutschen Filmers“, der nicht einverstanden ist mit Filmförderungs-Procedere, TV-Format-Orientierung, Heino-Ferch-Vehikel-Psychologie;
der Udo „ich hab‘ Meg Ryan gemacht“ Walz und den neuen CDU-Kulturstaatsminister mit Akkordeon nicht mag;
der gerade 180 Stunden Material aus Namibia mit Patti Smith über ein Slum-Nachspiel des 11. Septembers heimgebracht hat.
In der gleichen Sendung berichtet der Roehler-Darsteller Bleibtreu, wie er sich quasi nassgemacht hat, als er Spielberg in dessen Pariser Hotel treffen durfte.
Darüber und über die neuen Filme sprachen wir auf der Volkswagen „People’s Night 2006“ in der „Phaeton Lounge“ im „Borchardt“ am Gendarmenmarkt, in Berlin, in Deutschland.

Freitag, 10.02.2006

La disparition

Beim Lernen von Fremdsprachen bin ich häufig mit dem Fuß an Worte gestoßen, die meine Gedanken ins Stolpern brachten. „Disparition“ ist so ein Wort. Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass damit nicht (oder nicht nur) das Verschwinden gemeint ist, sondern auch ganz unwiderruflich: der Tod; ein Verschwinden, das um sein mögliches Wiederauftauchen betrogen wurde.

Es kann brutal wirken, wenn sprachlich nicht zu unterscheiden ist dazwischen, ob jemand stirbt oder nur mal kurz weg ist. Wie um den Skandal abzumildern, kann noch der unpersönlichste Tod – schon wieder ein Stolpern – im Französischen reflexiv ausgedrückt werden. Man kann „sich ausknipsen“ wie eine Nachtischlampe, und es bedeutet doch nur: man ist gestorben.

All dies, um zu schreiben, dass, wie ich in den aktuellen Cahiers lese, Agnès Guillemot gestorben ist; ein kurzer Eintrag findet sich in der Rubrik „Disparitions“. Er endet mit den Sätzen: „Agnès Guillemot s’est éteinte le 17 décembre. Elle avait 74 ans.“

Donnerstag, 02.02.2006

Helmut Färber, SOSHUN (FRÜHER FRÜHLING) von Ozu Yasujiro

Am 29. Januar 2006 lud Helmut Färber „zur Feier des 50. Jahrestages der Uraufführung des Films am 29. Januar 1956, was auch damals ein Sonntag war“, zur Vorführung ins Münchner Werkstattkino ein. In der Einladung hieß es weiter:

Ozu über seinen Film:
„Ich versuchte allem aus dem Weg zu gehen, was dramatisch sein könnte, und nur zufällige Szenen des Alltagslebens aneinanderzufügen, in der Hoffnung, daß das Publikum die Tristesse dieser Art Leben spüren möchte.“
(…)
Zum 50. Jahrtestag von SOSHUN erscheint ein Buch, das diesem Film gewidmet ist – siehe beiliegende Anzeige.“


Der gelernte Buchdrucker kam und ging mit einer Bodensee-Obstkiste. Darin hatte er anstelle von Äpfeln einige Exemplare seines neuen Buches, das – wunderbar – mit der Schreibmaschine geschrieben ist.

Dienstag, 31.01.2006

Lynch

Vor ein paar Tagen die Vorführung von Filmen eines Japaners, dem das Forum eine kleine Auswahlretro widmet. Wilde Ellipsen in einem tollen Film von 1949: Nach einem der schönsten Zeitsprünge der Filmgeschichte (sage ich, weil ich die Filmgeschichte zwischendurch immer vollständig vergesse) sehen wir einen jungen Mann wieder, der uns als Bub schon zu Beginn begegnet ist. Er geht über eine Wiese, und auf der Tonspur ist ein flapsiger Dialog zwischen dem Kleinen und einem Yakuza-Schergen von früher zu hören. Dann kommt er an einen Baum, in den der Yakuza damals einen derben Axthieb hineingeschwungen hatte und fährt zart mit der Hand über die Stelle, die als verkarstete Narbe im Stamm immer noch sichtbar ist.

Später gibt es dann mehrere Gefängnis-Szenen für’s Archiv filmischer Ausdrücke. Dieser Yakuza-Typ vom Anfang hat ein paar Jahre hinter Gittern verbringen müssen, jetzt steht er mit dem Wärter am großen Tor und darf gehen. Weil er weiß, dass ihm seine Gang die Sache von damals niemals verzeihen wird, bittet er inständig, nicht jetzt, am hellichten Tage, rausgehen zu müssen. Er bricht regelrecht zusammen, kann dann nach Einbruch der Dunkelheit durch einen Seitenausgang raus (wo die Jungs natürlich gleich warten in der schwarzen Limousine).

Der film hieß „Lynch“, und als wir aus dem Arsenal 2 rauskamen, hörten wir aus dem Arsenal 1, das aus allen Nähten platzte, Stimmen. Eine davon war die David Lynchs, der über Meditation und transzendentales Fließen sprach. Beim ersten Interview vor dreißig Jahren habe er nur zwei, nein vier Worte sagen können: „I painted it black.“

Sonntag, 29.01.2006

The Man with the Million Dollar Coiffure

On the occasion of presenting the new David Lynch Foundation For Consciousness-Based Education and World Peace a Q&A took place at the Cutler Majestic Theatre, Emerson College, Boston, MA, on Saturday October 1, 2005 (wmv 67Mb).

A young guy, black hair, somewhat hispanic, is next in line to submit his question to the renowned filmmaker and founding father.
Ah–, I know this question probably be, aah, interesting to no one than myself, so– I apologize in advance for that, but I’m promising askin‘ on behalf of my father. Aah–
I know that you were a-, eh, are you frequented the Bob’s Big Boy restaurant – …?

Yes.

… in, ahem, …, that’s a two-part-question, mh: first off (laughter in the audience, slightly embarrassed smile of the guy at the microphone): approximately what year would this had been?, I know you went there for a long time …

It would be (–it would be … (the guy echoing, tryin‘ to soften his being embarrassed)) in the mid-seventies (– mid-seventies …) to the … (hesitating, apparently trying really hard – putting the techniques of Transcendental Meditation by now familiar to him to some good use – to remember correctly) early eighties … in the eighties

… and this would be the second part–: would this be the one in Hollywood, or …–

I went to pretty much, ah, every Bob’s Big Boy …
Audience laughing, Lynch smiling.

The only reason I ask, my father used to, ah, work at the Bob’s Big Boy in Hollywood and …

Aha.

I mentioned something to him that I read about you …

Yeah, I was probably in his … his Bob’s–

It’s very possible, so— that’s all I need to know, thank you.
Waving good-bye, while standing back from the microphone.

Lynch smiling wholeheartedly, touched.
Beautiful.


For the legend of Bob’s Big Boy,
please click the image above.

Montag, 23.01.2006

Buchstabildersatz

Den folgenden Text von Alexander Horwath entnehmen wir dem Band „Kino wie noch nie“, herausgegeben von Antje Ehmann und Harun Farocki. Das ist das Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung in Wien. Darin: Texte von Raymond Bellour, Hartmut Bitomsky, Marc Ries und Stephen Zepke sowie 17 Kurztexte. Verlag Walther König, Generali Foundation, dt./engl. Vielen Dank an Alexander Horwath für die Abdruckerlaubnis.

VERBINDUNG

Das ist das Kapitel übers Telefonieren, in dem nur Frauen erscheinen. Aber Verbindung ist auch ein Begriff fürs Kino als Ganzes. Alles ist mit allem verbunden, aber nicht immer verbindlich. Denn es gibt ja die andere Seite, die Alliterationen, die Vorstellungen, die „unterirdischen Netze“. Das sind wir, als Einzelne und zusammen.

Die Zusammenvorstellungen sind zumeist ärmlich (aber reichlich dokumentiert in der Geschichte des Kinos). Für die Vorstellungen der Einzelnen, vor allem zur Frage, wie alles mit allem zusammenhängt, gibt es nur wenige zugängliche Zeugnisse. Das Buch „Suspects“ von David Thomson oder das Video „Starfucker“ von Tim Etchells sind Beispiele dafür. Ein Fundstück mit privatem Charakter aus dem Jahr 2004, das im Österreichischen Filmmuseum aufbewahrt ist, kann als eine weitere Quelle gelten. Es handelt sich um eine DVD, die durch ihren Titel, durch die Aufschrift „mit Dank an Tim Etchells“ und durch die Anlehnung an dessen Methodik mit dem oben genannten britischen Autor und Theatermacher verknüpft ist. Das sechsminütige Filmstück auf der DVD besteht fast ausschließlich aus Sätzen in drei Sprachen, die nacheinander, in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund erscheinen.

Als Tribut an (die Arbeit von) Antje Ehmann und Harun Farocki soll der Text dieses Fundstücks hier dokumentiert werden; das auftretende Personal ermöglicht weitere Verbindungen.

40 FORCED ENTERTAINMENTS
(Buchstabildersatz)

and now imagine

Blondell blows out a candle and smiles.

Bonnaire, de bonne heure, allume sa maison.

Brando in Bad Schallerbach, around 1987, biding his time.

Bridges preparing breakfast for Bottoms (in bed).

Buck gewinnt beim Bingo einen Bullen und zieht wieder aufs Land.

Cooper collects the rest of the cattle.

Deneuve et toi, et moi. Un dejeuner sur l’herbe.

Dewaere dans le rôle de Deneuve.

Dillon dancing barefoot in Dogville, smearing the chalk on the ground.

Duryea dealing a deck of cards to his archivist friend.

Fassbinder fällt vor Caven auf die Knie, aber es nützt nichts.

Faye orders a full load of French Fries, then leaves the joint and never returns.

Forster, in a flaming Ford Capri, makes a turn to the South, towards Mexico.

Garbo giggling like crazy.

Grahame glides out the back door, leaving a whiff of mint in the air.

Grier goes in circles, then spins to the North. They meet in a Pachinko parlor outside of Nogales.

Hayden helps an elderly lady get out of the bus and stand up straight.

Hayworth holding back the tears, not telling Hayden who she really is.

Hofstätter hält sich die Ohren zu, während Haider in Pörtschach einen Wasserskilift eröffnet.

Joston just waits for another John to come along and lead him into the light.

Keaton kills the cow, then awakes from his nightmare, his face all wet from her licking caress.

Lombard lies naked and listens to a Live Sports radio broadcast.

Lorre und Lenya: als Liebhaber, ohne Arbeit, ohne Geld und gut gelaunt.

McCambridge in her mid-twenties, eloping with Elam.

Mitchum making the bed for his mum.

Oates outlining the job: single mothers and orphans go into the lifeboat first.

Pogorzelski at four in the morning, playing poker with his Polish uncles, losing his shirt.

Russell reclines on the porch, waiting for Cooper to return with the cattle. Instead, Keaton und Buck appear in the distance.

Ryan, who’s still in college, whispers a dirty joke into the right ear of Garbo, his Swedish teacher.

Sanda et un dentist sadique, dans une chambre rouge.

Stanton singing a lullaby and playing the Hawaiian guitar.

Stanwyck saddling a horse.

Stroheim schreibt seinen Abschiedsbrief, im Morgengrauen. Von fern erschallt die Sirene des Ozeandampfers.

Torn tearing his heart out.

Ventura rire de la visagiste qui est vulgaire et malicieuse.

Wohlbrück wirkt im Hintergrund auf den Kronzeugen ein, der seine Aussage zögernd zurückzieht.

Woods wanders aimlessly across the plains, wallowing in foolish pride.

Zapatka zischt einen Kritiker an.

Zimmer, in a retirement home, zaps through her channels on TV, then zooms in on an image of Joston and Faye getting married.

Zischler, zerrupft in Berlin, Chamissoplatz. Er schreibt an die Wand: Je t’aime comme une fraise.

Für Regina, Wien, 29.4.2004

Alexander Horwath

Sonntag, 22.01.2006

Filmtipp

Ladybug, der Titel des Films, ist das von Veronica und ihrem Rasmus (Angie Reed und Mario Mentrup) vereinbarte Befehlswort zur sofortigen Beendigung des Liebesspiels. Doch die Vereinbarung wird von ihm nicht eingehalten, weil sie ihm den eigentlichen Grund der Vereinbarung verheimlicht.
Es ist das traurige Motiv des Vierzeilers von Aragon: „Wo die Lippen beim Küssen sich treffen / Vergehen die Jahre zu schnell / Umgeh, umgeh, umgeh / Die zerbrochenen Erinnerungen.“
In Berlin scheint heute, einen guten Film zu machen, eine Angelegenheit des guten Geschmacks zu sein. Aber vor den geklinkerten Fassaden von Königswusterhausen denken wir plötzlich an ganz etwas anderes, an eine Frau, die man geliebt hat, an Lüge, an Feigheit, an Leichtsinnigkeit, an alles und nichts, denn Ladybug ist nicht Widerspiegelung des Lebens, er ist das Leben selbst aus Film gemacht. Er ist gleichzeitig der direkteste und der zurückhaltendste Film, der feinste und der gröbste. Ein unheimlich einfacher Film. Und vereinfachen heißt nicht stilisieren.
Überflüssig also den Regisseur Sebastian Ko zu beglückwünschen, weil er im Grunde ganz natürlich etwas macht, was seit langem das ABC des deutschen Kinos sein sollte: dem mehr Bedeutung zuzumessen, was vor der Kamera ist, als der Kamera selbst. Hat man erst einmal alles erdenklich Gute über die beiden Hauptdarsteller, über Angie Reed und Mario Mentrup gesagt, hat man längst noch nicht genug gesagt. Denn die Noblesse des wahren Dokumentarfilms schafft es hier, mit der Grazie der Erzählung gemeinsame Sache zu machen.
Nein, Kino ist etwas anderes!, schreien die patentierten Techniker, und erst einmal ist es ein Beruf! Eben nicht, das Kino ist kein Beruf, es ist ein Vergnügen.
Und hier noch mehr als das: Der Ausdruck der schönen Gefühle.

(Mit ein paar zweckentfremdeten Worten Godards aus den 50ern, übersetzt von Frieda Grafe, will ich hier nur leise andeuten, wie sehr mir LADYBUG gefällt. Der Film hat in Saarbrücken Premiere.)

Rainer Knepperges

Samstag, 21.01.2006

„Kino wie noch nie“

Legte Harun Farocki bereits für das Schneiden dessen basale Formelsammlung offen, tragen er und Antje Ehmann nun die motivischen Identitäten aus Hunderten von Filmen, wie die Filmschaffenden sie bei der Abwicklung des Geschäftes Geschichtenerzählen konjugieren und deklinieren, in ein Videovokabelheft zusammen. Für die Ausstellung in der Wiener Generali Foundation (bis 23. April) haben sie ein ikonographisches Verzeichnis angelegt zu Weinen, Lachen, Wege rechts, Wege links, Innere Bewegung u.ä..

Angesichts der Einstellungsfolge Lachen zeigen die Besucher signifikantes Grinsen. Bei Innere Bewegung – meist haben die Filmschnitzel eine Pannade aus Musik – kommt mir beinahe das Heulen. Bestimmungsgemäße Reaktion der Probanden in einem Versuchslabor.

Einleitend stellt M. die Frage, ob ich von W.’s Affinität zum Porno wisse. Er sei mit ihm vor dem Zusammenschnitt Weinen zu stehen gekommen: Wimmern, Schluchzen, Glycerin und verzweifeltes Rasen. W. sagte, wenn er diese Einstellungen der weinenden Frauen sehe, löse das bei ihm den Impuls aus, sie zu ficken.

Womöglich erhielt er die Konditionierung an dem Werk weggetragen, geküsst, hingelegt, (2005), bei dem Antje Ehmann Ausschnitte von Filmplakaten sortiert. Aufbelichtet auf Magnettäfelchen im Postkartenformat ordnet sie die Bildchen von der Buntheit unbefangener Kinder-Filzer-Malereien auf einer ca. 3 Meter langen grauen Blechwand zu einer Genealogie des Kino-Weibes, von der Gespielin zur Verführerischen, zur Entführten, zur Schönen der Bestie, zur Entsetzten, Malträtierten, zum Schlachtgut. In drei Plakaten wandelt sich zu allerletzt die Filmfrau, von stets absoultem Idealmaß, zur männermeuchelnden Rachegöttin. Entblößt sind nicht die Nackten, sondern die schnapsnasigen Filmproduzenten, deren Werbemaßnahmen ein Destillat ihrer einfältigen, ekligen, funktionstüchtigen Wichsphantasien von 24 B/S abgeben.

An anderer Stelle – Harun Farocki rekonstruiert das vergangene Jahrhundert aus Filmdokumenten von der Scheidestelle, die Fabriktor und -gelände sind; es stellt sich die Frage, ob dort die Welt aufhört oder beginnt – plaudern kunstsinnige Besucher, während sie auf die elf auf dem Boden platzierten Monitore gucken. Bei der Ziegelei in Hanoi, Sortie de la Briqueterie Meffre et Bourgoin à Hanoi (Gabriel Veyre, 1899), empfiehlt einer das ausgesprochen intime Ski-Gebiet Axamer Lizum. Als Monica Vitti mit Heißhunger das erbettelte Butterbrot im Schlammgelände vor der Chemiefabrik verzehrt, Deserto Rosso (Michelangelo Antonioni, 1965), berichtet eine Frau von ihrem Kurs in Stretching-Gymnastik. Vor dem Schirm von La reprise du travail aux usines Wonder (Jacques Willemont, 1968), streift ein beiger Hund vorbei, der für diese Soirée wie passend zur sandfarbenen Garderobe seiner Herrin gewählt zu sein scheint.

Mir fällt schließlich ein: Wir sind ja doch nicht in der Kirche.

Freitag, 13.01.2006

FESTIVAL:

… a young man in his early 20’s, heads towards his victim’s apartment
in order to get his revenge. This act will lead to the collision of three different lives.

*** MITTAGSPAUSE ***


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