Spellbound (Ich kämpfe um dich)
In ihrem engagierten Buch „Kinoanalyse. Plädoyer für eine Re-Vision von Kino und Psychoanalyse“(Schüren, 2011) gelingt Veronika Rall im Kapitel „Loving Analysis“ eine Ehrenrettung von Hitchcocks Spellbound (1945). Die krasse Unterschätzung dieses Films durch Francois Truffaut in „Le Cinéma selon Hitchcock“ – beeindruckte auch mich als junge Leserin, ich gestehe es. Rall schreibt: „Bemerkenswert ist an Truffauts ‚Hitchbook’ (wie er selbst das Projekt nannte) dass er keinen anderen Film des Meisters derart kritisierte wie Spellbound. In den 1962 geführten Gesprächen provoziert Truffaut deshalb in erster Linie defensive oder dem negativen Urteil zustimmende Antworten von Hitchcock. Dabei hat Truffaut Spellbound so oberflächlich angesehen, dass er sogar eine falsche Zusammenfassung des Filminhalts gibt…Möglicherweise hat Truffauts negative Einschätzung des Films das Urteil der Filmwissenschaft und Filmkritik nachhaltig geprägt.“
Als ich Spellbound nach der Lektüre von Ralls „Re-Vision“ wieder sah, erstrahlte der Film in voller Schönheit.
05.05.2012 12:45
http://www.youtube.com/watch?v=eX7iNP-7GSE&list=PLB6A00F9E9CB3AE93
Was sagt die Psychoanalyse über die Picknickszene und Ingrid Bergmans Wahl des Butterbrotbelags?
Im selben Jahr, weit entfernt, Unter den Brücken, will auch Gustav Knuth: Leberwurst.
Rätselhafte Selbstverständlichkeit. Gibt es dazu Forschungen?
05.05.2012 13:23
Ich nehme die Anfrage mal ernst: Nicht, dass ich wüsste. Aber wie gesagt: es wurde nicht viel geforscht. Und von psychoanalytischer Seite wurde der Film eben auch nicht richtig ernst genommen, obwohl es fachliche Beratung gab.
Und derjenige, dem man noch am ehesten einen neuen Zugang zutrauen könnte, hat versagt, so Veronika Rall: „Selbst in Slavoi Zizeks „Was Sie schon immer über Lacan wissen wollten und Hitchcock nie zu fragen wagten“ kommt der Film über die Psychoanalyse nur auf der Seite vor, wo die unattraktive „bebrillte“ Frau unter die „Synthone“ subsumiert wird.“
05.05.2012 18:48
Ich mag den Film sehr. Den Link zu Youtube hab ich allerdings voreilig gesetzt, durch Fehler in der Komprimierung hat der Film dort (psychedelische) Bildstörungen. Weil mich die Sache mit den Wurstbroten wirklich interessiert, stieß ich beim Googeln dann auf so etwas: „The way Hitchcock makes use of the overrich connotation of liverwurst is like a statement of postcoital sexual disgust.“ (David Greven)
20.05.2012 23:34
„This divided film obligingly provides us with a vivid and appropriate, albeit probably unintended, emblem of its own divided nature early in its central dream sequence: the image of an oversized pair of scissors cutting through an eye painted on a curtain. No doubt the image was intended by its designer, Salvador Dali, at least partially as an allusion to the infamous opening shot of his and Buñuel’s Un Chien Andalou (1928), an extreme close-up of a razor slicing through an eyeball, but its suggestiveness extends far beyond its probable origin. Psychoanalytically inclined commentators differ, not only about the appropriate terms for analysis of this image, but also, more fundamentally, about the identity of the psyche to be analyzed. Reading the image in orthodox Freudian terms, for instance, Andrew Britton sees it as revealing what is going on in Ballantine’s mind, suggesting, predictably, „the sexual wish on which the dream is based“ (80). Reading it in more contentious but equally predictable Lacanian terms, Robert Samuels sees it as revealing what was going on, not in the protagonist’s mind, but rather in the filmmaker’s, as „representing Hitchcock’s indication of the way that the subject of vision is cut or barred by the system of Symbolic representation“ (37).“
„The Parted Eye: Spellbound and Psychoanalysis“ by David Boyd
Der Link (http://anonym.to/?http://archive.sensesofcinema.com/contents/00/6/spellbound.html) zum soc Archiv funktioniert leider nicht mehr seit dem soc Site upgrade, und die Suchfunktion ist ebenfalls eine Qual.