November 2012

Mittwoch, 28.11.2012

Dienstag, 27.11.2012

Sternstunden des Hörfunks (4)


A preface of films to come

1983 machte der 16-jährige Judd Apatow für sein College-Radio ein Interview mit Jerry Seinfeld.

2010 sprach Marc Maron mit Judd Apatow über Anfänge, Anerkennung, Einsamkeit.


Schaufenster in Hof

In einer anderen Ausgabe von Marons Radio-Sendung, im sehr persönlichen Gespräch mit Louis C.K., ist Freundschaft ein Thema.

Sich vorzustellen: Kultur wäre der ständige Austausch von Ehrlichkeiten, Unsicherheiten.


Traité de bave et d’éternité (1951 Isidore Isou)

Isidore Isou fragte: „Wer sagt denn, dass das Kino seine Bewegung aus den Bildern beziehen muss und nicht aus dem Sprechen?“

Sachamanta (2012) ist ein sehr schöner Dokumentarfilm von Viviana Uriona über argentinische Kleinbauern, die sich seit vielen Jahren gegen großangelegten Landraub gemeinsam zur Wehr setzen. Ihre kluge Bewaffnungsform, um die es hier geht, ist das Radio.

Eine junge Frau schüttet mit Schwung einen Eimer Wasser über das staubige Solardach ihrer unabhängigen Radiostation. Aus amerikanischen Western kennt man solche Kinoheldinnen, die irgendwo in der Weite eines kargen Landes leben, und die trotzt ihrer Not zu beneiden sind um ihren Mut. Menschen, deren Stärke schon deshalb zu bewundern ist, weil jeder Einzelne von der Angst spricht und sich erinnert an die Schwäche vor dem Zusammenfinden zu einer Gemeinschaft.


Sachamanta (2012 Viviana Uriona)

Ganz so wie in den Dokumentarfilmen von Les Blank gehört auch in Sachamanta den Leuten, die im Film zu Wort kommen, ihre eigene Musik, die aus den Bilderfolgen heraus erklingt, nicht von draußen über sie hinweg weht. Für die Fortsetzung der Arbeit an dieser nachbarschaftlich weltumspannenden Form des Kinos ist ein Crowdfunding im Gange. (Hier)

Mittwoch, 21.11.2012

Montag, 19.11.2012

Notes on Camera Movement (2)

Kevin B. Lee: Steadicam Progress
The Career of Paul Thomas Anderson in Five Shots.

Notes on Camera Movement (1)

I think I know the reason why
Producers tend to make him cry
Inevitably they demand
Some stationary set-ups, and
A shot that does not call for tracks
Is agony for poor dear Max,
Who, separated from his dolly,
Is wrapped in deepest melancholy.
Once, when they took away his crane,
I thought he’d never smile again…

[James Mason über Max Ophüls, zitiert in Raymond Durgnat: Films and Feelings, London: Faber and Faber 1967, S. 55-56.]

Samstag, 10.11.2012

Verstellte Optik

Ein Coffee Table Book für Kinder, ein Kakao Table Book.

Auszug aus dem Register: Alligatorfrosch, Brillenpinguin, Chamäleon, Doppeltier, Eule, Flamingo, Gespensterheuschrecke, Hackennatter, Igel, Krauskopfpelikan, Laternenträger, Mähnenschaf, Nilpferd, Ordensband, Pangolin, Rüsselkäfer, Schlanklori, Totenkopfschwärmer, Urson, Venuskörbchen, Wollaffe, Zwergflusspferd.

Heino Jaeger schaut Dich an. Eine gute Überschrift für Volker Hummels tollen Text über Gerd Kroskes neuen Film. Der in Köln in keinem Kino läuft. Was mich frostig stimmt.

Um die Three Stooges der Farrelly Brüder zu sehen, fuhr ich raus mit der S-Bahn nach Leverkusen. Vier Elfjährige saßen in der letzten Reihe des ansonsten leeren Kinosaals und lachten sehr viel. Im Abspann wurde erklärt, wie gefährlich es ist, einem Spielkameraden die Finger in die Augen zu stoßen. Die kleine Reise hatte sich gelohnt.

Weil ich nicht nach Oostende fuhr, als dort vor Wochen im Cinema Rialto am Nachmittag The Greatest Show on Earth (1952 Cecil B. DeMille) zu sehen war, komme ich seitdem immer mal wieder, in Gedanken, aus dem Kino raus und gehe am Casino vorbei die paar Meter bis zum Strand…

Was sagt die Wahrscheinlichkeitsrechnung dazu? Innerhalb von 48 Stunden sah ich: Fraktus (2012) mit Jacques Palminger als asymmetrisch frisierter Optiker Wand; W.C.Fields als Optiker Bisbee in You’re Telling Me (1934); eine kurze Optikerszene im unendlich langen Abel-Gance-Film La Roue (1923), und Cronenbergs Videodrome (1983) mit Les Carlson als beängstigendem Optiker, der aussieht wie Frank Schirrmacher. Vier Filme, vier Optiker! Geradezu gruselig. In welchem filmgeschichtlichen Nachschlagewerk finde ich ein Berufsregister (mit der Zahl) der Optiker im Kino?

Am Anfang von Stanley Donens Op-Art-Thriller Arabesque wird ein Mann beim Optiker (oder vom Augenarzt?) mit Augentropfen ermordet. Berühmt ist natürlich der Optiker Coppola in Hoffmanns Erzählungen, auch bekannt als der Sandmann, gespielt von Robert Helpmann im Film von Powell & Pressburger, dem gemeinsamen Lieblingsfilm von Scorsese und Romero.

Der, wenn man mich fragt, beste Optiker aller Zeiten ist Andreas Kunze in Johnny Flash (1986 Werner Nekes). Kunze berät Helge Schneider, er zeigt ihm „ein etwas sportlicheres Modell aus Titan“ und stellt nach gründlicher Untersuchung die besorgte Frage: „Mein Gott, hatten sie früher mal eine ganz schlimme Krankheit?“ Im Hintergrund ein Brillenregal in Brillenform.


Gary Cooper in North West Mounted Police (1940 Cecil B. DeMille)

Ein Engel in Leder, das sei er, sagt ihm eine Frau. Der ganze Film handelt von den Farben und Assesoirs der Männerkleidung, von schützenden Mützen und schmückenden Münzen, noch im Sterben geht es einem kanadischen General um das Rot der Uniformen. Für Oberflächlichkeit könnte man halten, was DeMille wirklich und ehrlich das Wichtigste war.

Das aufklappbare Biologieposter macht Cooper neugierig, bis ihm die Organe entgegen flattern.


Ein Spiegel aus poliertem Metall, eine Attraktion in der Wildnis.

Als Calamity Jane (Jean Arthur) die kriegsbemalten Indianer auf der Türschwelle der Blockhütte sieht, spielt sie die gutgelaunte Gastgeberin: „Come on in fellas, don’t be afraid.“ Dem Häuptling schenkt sie einen modischen Federhut.


The Plainsman (1936 Cecil B. DeMille)

Per Post über den Atlantik bekamen Powell und Pressburger nach The Tales of Hoffmann (1951) Lob von allerhöchster Stelle. „Wir waren sehr stolz darauf. Zu diesem Zeitpunkt drehte DeMille The Greatest Show on Earth. Der ganze Briefkopf war farbig, mit dem Zirkus, dem Himmel und allem darauf… Ich sagte zu Emeric: Was ist das? und dann las ich unten: Cecil B. DeMille. Donnerwetter!“ (Michael Powell, 1981 in Positif)


Die beste Brille aller Zeiten trägt Anthony Quinn in The Savage Innocents (1960 Nicholas Ray).

Come all without. Come all within.
You’ll not see nothing like the Mighty Quinn.

„…wenn du mit grauenhaftem Scharfsinn behauptetest, dass es nur der Geist sei, der sehe, höre, fühle, der Tat und Begebenheit fasse, und dass also auch sich wirklich das begeben, was er dafür anerkenne, so vergaßest du, dass die Außenwelt den in den Körper gebannten Geist zu jenen Funktionen der Wahrnehmung zwingt nach Willkür.“ (E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder)


Heino Jäger: Muschelessen

Das Schaurige in Hoffmanns „Sandmann“, sei „gerade darum entsetzlich, weil es zugleich komisch ist,“ schreibt Ricarda Huch.

Man sagt auch: Dass Hoffmanns Ambitionen der Musik galten – viel mehr als der Literatur, das habe sein Schreiben beflügelt.

Den Blick trüben Erwartungen. Und alles Erzählen wird geschärft durch Bedenkenlosigkeit.

Schade, dass den Spielraum von Studio Braun in Fraktus (2012 Lars Jessen) ein Zeppo Marx (Devid Striesow) vierkantig verringert.

„Aber noch eigentümlicher erregt es uns, wenn wir hören, dass Hoffmann auf einem Balle den Einfall hatte, sich sein Ich durch ein Vervielfältigungsglas zu denken und alle Gestalten, die sich um ihn herum bewegten, als seine Ichs zu sehen, über deren Tun und Lassen er sich wie über sein eigenes ärgerte.“ (Ricarda Huch: Die Romantik)

Mittwoch, 07.11.2012

Jetzt fast ein Jahr auf den Tag genau elf Jahre „new filmkritik“ – What would you have done differently?

Samstag, 03.11.2012

Musical, Supermarkt, Berlin-Reinickendorf

Im Supermarkt höre ich ein kleines Mädchen fröhlich singen. Ihre Mutter ist gar nicht begeistert davon, obwohl die Kleine sehr niedlich und lustig singt: ganz konkret von allem, was sie sieht und schon benennen kann. Sie tut es offenbar, um sich selbst zu unterhalten und aufzuheitern – ohne etwas zu fordern. Sie hat nichts Bestimmtes im Auge, wie andere Kinder. Sie scheint sich einfach an allem zu erfreuen. Denn genauso fröhlich singt sie von dem, was ihre Mutter in den Wagen packt, wie von dem, was nicht zu bekommen ist. Mir ist es unverständlich, warum sich die Mutter nicht davon aufheitern lässt. Ist es ihr nur peinlich? Oder singt die Tochter den ganzen Tag? Für mich wird der ganze trübsinnige Discounter jedenfalls wie in einen heiteren Film hineingezaubert.

Doch immer wieder wird die kleine Sängerin aufgefordert zu schweigen. Zum Glück gehorcht das Mädchen nicht. Auch in der langen Schlange noch singt sie, wie um die Mutter zu beruhigen – zuversichtlich: „Jetzt sind wir gleich an der Kasse!“ Leider stehe ich zu weit weg, um zu protestieren, als das Verbot erneuert wird. Das Mädchen schweigt schließlich. Vielleicht aber auch nur, weil es am Ausgang nichts mehr zu besingen gibt und weil die Auswahl definitiv getroffen ist.


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