2012

Freitag, 24.02.2012


[13. November 1979]

Donnerstag, 23.02.2012

Kinohinweis (München)

Einen Film von ihm erkennt man, bevor sein Name im Vorspann erscheint.

Seit Zbyněk Brynych vor nun schon fast zwei Jahrzehnten von Stefan Ertl „entdeckt“ wurde, hat Dominik Graf unermüdlich und, wie man inzwischen hier und da und dort lesen kann, mit einigem Erfolg auf diese Entdeckung hingewiesen. Brynychs unglaubliche Filme im Kino sehen zu können, ist dennoch ein sehr seltenes Vergnügen.

Werner Kließ schrieb in FILM über Brynychs Oberhausenbeitrag von 1964, den 40 minütigen Misto: „Jungen von etwa sechzehn Jahren haben die Brutalität und die Unschuld von Bestien. Ihre Grausamkeit ist ursprünglich, direkt, unverhüllt. Der Film ist genau, insofern er den Vorgang der Rollenwahl in einer Gruppe präzis zum Ausdruck bringt. Der Film ist unauffällig in seinen Kunstmitteln. Der Film ist schön. Das unverbrauchte Spiel der Jugendlichen offenbart Unschuld. Nicht die Unschuld der Frommen, sondern die des unreflektierten Daseins.“

Morgen und am Samstag zeigt das Werkstattkino Der Kommissar – Papierblumenmörder (1970) und dazu als Vorfilm: Misto / Der Platz (1964); am Sonntag dann Die Nacht von Lissabon (1971), 35mm; am Montag, Dienstag und Mittwoch Oh Happy Day (1970), 35mm; jeweils um 22:30.

Dienstag, 21.02.2012

Kinohinweis (Berlin)

Im Bundesplatz-Kino wird am Sonntag, 26.2. in der Matinee-Vorstellung um 11.00 Uhr Will Trempers selten gezeigter »Playgirl« gespielt. Hier ist ein Langtext über den Film.
(Jeans von Nicolette Krebitz würde ich auch gern mal wieder gucken.)


Zeile 13, Empfag, lies: Empfang; Zeile 36, endlosen, lies: endlosem
[4. November 1979]

Sprocket Holes

Very good news: Anlässlich einer Morgan Fisher-Ausstellung in der Sammlung Generali ist für den Mai eine Ausgabe seiner Texte angekündigt.

Unter den Texten, die ich von ihm kenne (über seine eigenen Filme, über Carl André), sind nur hits, no misses. Weiterhin sehenswert: Wie er über »expressivity, richness of life, abundance, film as a medium, sound, sync, time, picture, film and cinema history« spricht.

Zuletzt gefiel mir sein Vorschlag, die Medienspezifik des Films aus den Perforationslöchern herzuleiten:

»Film’s material base is inseperable from our understanding of it. That’s why sprocket holes, even more than frames, are the universal emblem of film. Before there can be frames there must be sprocket holes. We know that every film has them. And although we can’t see the sprocket holes when we watch a film, the medium is present in what we see on the screen.« (in: Tacita Dean: Film, ed. by Nicholas Cullinan, London: Tate 2011, p. 70)

Sonntag, 19.02.2012

Samstag, 18.02.2012

Andrei Ujica at Harvard (notes)

Last October the Harvard Film Archive presented Ujica’s trilogy about the collapse of the communist states. Now the Romanian director visited and took questions after a repeated screening of THE AUTOBIOGRAPHY OF NICOLAE CEAUSESCU.

He first stated that this is a syntactic and not a compilation film. His intention was to deconstruct the propaganda footage, converting it back to quasi rushes and start his own editing, thus using a different approach than compiling pre-existing fragments.

The idea for the film title came up when his friend Peter Sloterdijk gave him Norberto Fuentes’ ‘Autobiography of Fidel Castro’.

Asked about the soundtrack he felt extremely lucky to have had the editor and sound designer in one person: Dana Bunescu. Their footage was 90% silent, so they had to partly create natural ambiences, but furthermore created several layers of abstraction, between the extremes of total silence and two pieces of the composer Ligeti (in the scene with the gigantic futuristic city model). The use of total silence for some interior scenes was meant to obtain a degree of purity; all sound was chosen for dramaturgical reasons “to break the rhythm of the propaganda river”. And then again they let audio sequences stand by themselves to a black screen (the screaming at the earthquake 1977).

Which audience did he intend his film for? Ujica had his students, the younger generation, in mind. And to the question whether he tested audience reactions before final cut and release of the film, he vehemently responded that he would never do that! (This I find extraordinary and remarkable, since all these rough cut screenings, previews etc. are common practice, and you certainly could argue a lack of artistic confidence or calculation in contemporary filmmaking and discuss the reasons for it.) He then talked quite a bit about the trauma which followed the shooting of Ceausescu and his wife – “a legal crime”, comprehensible because the dictator had created so much hate. While feeling much the same way Ujica found a new approach to Ceausescu during his work on the film. After an audience comment on the obvious humourous accents in the film (like during a parade you can see a movie theatre in the background, advertising DEEP THROAT) he described that he became more interested in the “Shakespearean tragical element” of the dictator who stayed – visible through all the pomp – the plain peasant, who he was from birth. This discrepancy fascinated Ujica and became prevalent in his film. Ceausescu was a fundamental communist, not so much a pathological/corrupt dictator like Stalin or Hitler. He really believed in the ideology of his time.

Ujica sees his film as a “fresco of modern communist rule”, capturing “the appealing structure of a completely wrong ideology”, clearly the Potemkin village… This irony is central in the film, and it cuts more than one way. Carter does not fare so well either. “The masquerade is more general”.

Freitag, 17.02.2012


[28. Oktober 1979]

Donnerstag, 16.02.2012

Radiohinweis

Vorgestern am 14.2. wurde Werner Dütschs Radiofeature zu Sergej Eisensteins letztem Film »Iwan der Schreckliche« im Deutschlandfunk gesendet – Ich beschloss, mich zu Tode zu arbeiten.

Manuskript (pdf) | Sendung (mp3)

Mittwoch, 15.02.2012

Filme der Fünfziger V

Kenneth Spencer war ein farbiger amerikanischer Sänger, der sich Anfang der fünfziger Jahre in Wuppertal  niederliess. In Deutschland wurde er vielen durch seine Interpretation von „Ol’ Man River“ bekannt.

In „Mein Bruder Joshua“ (1956), der auch unter dem Titel „Der Bauer vom Brucknerhof“ gezeigt wird, fährt Spencer vorwiegend heiter singend und in Uniform mit einem amerikanischen Militärjeep umher. Joshua ist ein sonniges Gemüt; wir sollen denken, dass er in der ländlichen Umgebung kein Fremder bleibt. Sind die Kinder einmal aufgebracht oder zu wild, verteilt Joshua Schokolade und alle beruhigen sich wieder. Regisseur Hans Deppe inszeniert ihn für die Kinder und für uns auch als Stimmungskanone; Joshua führt singend eine Polonaise an, die Kinder folgen ihm lahm und lustlos. Man sieht deutlich, wie falsch das Bild ist.

Willy Kleinau spielt Mathias, den Bauern vom Brucknerhof. Wegen Mordes an seiner Frau saß er 18 Jahre im Gefängnis; jetzt kehrt er auf den Hof zurück. Seine Schwägerin Franziska (Bertha Drews), ein böses Weibsbild, will ihn gleich vom Hof jagen. Aber Mathias Bruckner hat das Recht auf seiner Seite, der Hof gehört weiter ihm. Wir erfahren auch, dass der Mord kein richtiger Mord war, sondern eher Tötung auf Verlangen. Franziska hatte den Sachverhalt gegenüber der Polizei bewusst falsch dargestellt. Nun hetzt sie das ganze Dorf und auch Bruckners Tochter Lena (Ingrid Andree) gegen Mathias auf. Nur Joshua hält zu Mathias Bruckner und mobilisiert seine Kumpane aus der Armee, um Mathias bei der Ernte zu helfen. „Zwei Freunde hast Du“, sagt Joshua. „Mich und den lieben Gott.“

Spielt es eine Rolle, dass der Mord in der NS-Zeit geschehen ist? Eigentlich nicht. Das Rückkehrer-Motiv überwiegt; dass das in der NS-Zeit verübte Verbrechen eigfentlich kein Verbrechen war, muss auch klargestellt werden.

Auftritt Gunnar Möller in der Rolle des Jungbauern Christoph Wiesner, verliebt in Lena Bruckner. Den Auftritt begleiten tatsächlich Flötentöne, Möller ist die personifizierte Gutwilligkeit. Überhaupt meinen es alle gut miteinander, wäre da nicht die böse Schwägerin und ihr Sohn Hans (Jan Hendriks), der den Bruckner Hof erben will. Hans will Lena vergewaltigen, Hans ist aber auch der Freund der Kellnerin Hildegard, die wiederum von  Joshua verehrt und mit Geschenken bedacht wird. Hildegard stürzt eine Treppe hinunter in den Tod und Hans bezichtigt Joshua, sie gestossen zu haben.

Mathias und Joshua sind zwei Einzelgänger, isoliert und zu Unrecht verfolgt; der eine ein Rückkehrer, der andere ein Dagebliebener. Die Gesellschaft arrangiert sich nur widerwillig, am liebsten gar nicht mit den Störenfrieden. Der Farbige immerhin spricht mit schöner Stimme und leckerer Schokolade die Sinne an; das heisst aber noch lange nicht, dass er sich an unsere Frauen ranmachen darf. Kleinau ist eine Heinrich George Figur im Kleinformat; ihm fällt das Gehen, das Sprechen, ja das ganze Leben schwer. Man will im Dorf eigentlich nichts wissen von den seltsamen Männern und der Welt.

Dass Spencer als Onkel Tom im Dorf und auf der Heide angekommen ist; dass der Bote aus der schlimmen Vergangenheit von der Dorfgemeinschaft angenommen wird – das alles ist ja gelogen und Propaganda. Waren die Amerikaner 1956 auf dem Dorf wirklich so gut angesehen oder eher gefürchtet? Der Hass auf das Draussen, die Furcht vor dem Fremden ist stärker als die Idylle, die nur noch gelegentlich als Genrebild gemalt wird. Ingrid Andree,  die Tochter von Mathias Bruckner spielt, sagt es deutlich: „Was weißt Du schon, was es bedeutet, die Tochter eines Mörders zu sein?“ Es ist die Hölle.


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