2012
Dienstag, 10.04.2012
Samstag, 07.04.2012
Kinohinweis (Berlin) [Reklame]
Am Montag, 9. April um 19.00 Uhr, ist mein Godardloop erstmalig im Kino zu sehen. Ich bin gespannt, wie das funktioniert, weil der Loop zum Angucken auf großen Bildschirmen konzipiert ist, nicht für große Leinwände.
Die Projektion ist digital im Moabiter Filmrauschpalast, Lehrter Str. 35, in der Reihe ab:sicht als Vorfilm zu Godards „Film Socialisme”. Eintritt 7,- Euro.
Es gibt zwei Wiederholungen: am 23.4., wieder ein Montag, nochmal mit „Film Socialisme”, und am 28.4. bei freiem Eintrtt mit Einführung und Paul Cronins „Film as Subversive Art: Amos Vogel and Cinema 16” und Plattenauflegen danach – filmrausch.de/
Nachtrag:
Anscheinend gibt es Codec-Probleme, so dass heute, 9.4., Godardloop (wie auch Film Socialisme) von DVD projiziert werden.
Freitag, 06.04.2012
Mittwoch, 04.04.2012
Filme der Fünfziger VI
1950 wurde die Schauspielerin Sonja Ziemann mit „Schwarzwaldmädel“ von Hans Deppe die beliebteste Filmschauspielerin Deutschlands; die Kinobesitzer liebten Sonja Ziemann und das Geld, das ihnen „Schwarzwaldmädel“ einbrachte. Ein Jahr darauf gelang der Berolina Film mit „Grün ist die Heide“ – wieder mit Ziemann in der Hauptrolle – ein noch viel größerer Erfolg. Alle waren verrückt nach dem Traumpaar Sonja Ziemann/ Rudolf Prack. Nun möchte man sich vorstellen, dass ein skrupelloser Agent – etwa so jemand wie der Romy-Stiefvater Blatzheim, dem in manchen Biographien auch noch schändliche Inzest-Gelüste nachgesagt werden – das Paar Ziemann/Prack in immer noch prächtigeren Schmonzetten verheizt. Aber es war alles viel banaler, denn es folgten zwei Filme, die gar nichts mit dem Heimatfilm, aber viel mit deutscher Befindlichkeit zu tun hatten.
Anfang der fünfziger Jahre scheint es Wohnungsnot gegeben zu haben; in der real-Film Produktion „Schön muss man sein“ (1950/51) schlafen Vater und Sohn Holunder (Willy Fritsch und Hardy Krüger) in einem Zimmer. Die beiden sind Komponisten und gute Kumpel. Sie führen ein flottes Junggesellen-Leben; die Küche ist eine groteske Schweinerei, das Wohnzimmer von Parties versifft – so wie Männer ohne Frauen eben leben. Anny Ondra spielt eine verzickte und dauerbeleidigte Operettensoubrette, Rudolf Platte einen verzweifelten Theaterdirektor. Der Film wurde von Akos von Rathonyi inszeniert. Die Biographie des Regisseurs, die man bei Wikipedia nachlesen kann, ist ungleich interessanter als seine Filme. In dieser Verwechslungskomödie versucht er einige Balletszenen nach Busby-Berkeley-Manier aufzulösen. Das geht in „Schön muss man sein“ genauso schief wie in „Maharadscha wider Willen“ (1950), gleichfalls eine Rathonyi-Inszenierung.
„Schön muss man sein“ ist kaum mehr als ein auf Länge getrimmter Herrenwitz. Ein „Irrenarzt“ untersucht Annie Ondra und stellt schwere seelische Störungen fest, Hans Richter schminkt sich auf Neger und färbt ab. Auf einen Farbigen ist die Zeile gemünzt „Ich sehe schwarz“. Lieder werden gesungen und das rrr wird gerollt – wir haben es mit echten Schauspielern zu tun. Hardy Krüger mit seiner Haartolle bekommt Sonja Ziemann als Braut, und Willy Fritsch geht leer aus.
Noch katastrophaler ist „Maharadscha wider Willen“, eine CCC-Produktion; ein Haarwuchmittelfabrikant (Kurt Seyfert) flieht vor seinen Kunden ins Ausland, in den Ort Zet. Dort gibt es einen Doktor, der die Haare zuverlässig wieder wachsen lässt, den man aber den ganzen Film über nicht zu Gesicht bekommt. Die Tochter des Fabrikanten (Sonja Ziemann) folgt dem Vater im Auto eines Maharadschah, der inkognito nach Zet fährt. Sein Sekretär ist Rudolf Prack. Interessant ist in diesem Film, dass man ohne Pass und Reisegenehmigung nicht über die Grenze kommt und dass Sonja Ziemann vor ihrem Vater einen Bauchtanz aufführt. Das gute am Inzest ist ja, dass er so bequem ist. Deshalb kommt er auch immer mal unter dem zeichen „Hoppla, das wär ja jetzt was gewesen“ im deutschen Film vor. Und ganz deutlich sieht man, dass Rudolf Prack als die bürgerliche Nachkriegsausgabe von Willy Birgel angelegt ist. Prack reichen als schauspielerisches Rüstzeug ein Anzug und ein steifer Rücken. Georg Thomalla hat eine Rolle als Attentäter. Das ist, zwei Jahre nach dem Tod von Gandhi, besonders geschmacklos.
Beide Filme wurden schon bei ihrer Uraufführung von der Kritik verrissen. Weil sie aber so lieb war, blieb Sonja Ziemann weiterhin populär und überstand diese Plotten, die für sie und andere gestrickt wurden.
Dienstag, 03.04.2012
Freitag, 30.03.2012
Bye Bye Mockingbird
Ann-Margret wird am Telefon etwas los und bringt es in Umlauf. ***
Bye Bye Birdie (1963 George Sidney), ein Drei-Sterne-Film in den Cahiers du Cinema im März ’64, gleichauf mit Franjus Judex, zumindest in Jacques Rivettes Augen.
Satirische Filme sind herzlos und langweilig. Erlösung vom Fluch der Verächtlichkeit finden sie nur dann, wenn das, was ihnen verachtenswert erscheint, durch die Sorgfalt der Abbildung plötzlich und dauerhaft beworben wird. Das soziale Netzwerk beispielsweise.
Auf solche Erlösung hat kaum Aussicht, wer über Religiöses spottet. Es gibt natürlich Ausnahmen.
Patrick Bouchitey in La vie est un long fleuve tranquille (1988 Étienne Chatiliez).
Inmitten des 90minütigen Glücksfalls einer beseelten Satire: die konvulsivische Schönheit einer Musikperformance im höheren Auftrag. Allez!
Frank Apunkt Schneider, in dessen Kurzbiografie mir zum ersten Mal die intelligente Formulierung „unfreier Autor, unfreier Künstler“ begegnete, lockte letzte Woche im Kölner a-musik-Laden in die fremde und seltsame Welt des Sakropop. Der extrem kurzweilige Vortrag führte, angetrieben von Neugier, hin zu wirklich faszinierenden Erscheinungen, hin zu Vergnügen und Verständnis.
Der hart umkämpfte Friedenspakt zwischen Kirche und populären Klängen hat eine auf selten gehörten Konzeptalben dokumentierte Musik hervorgebracht, deren textliche Überfrachtung und gesangliche Akkuratesse jeden Aufstieg aus der Subkultur der Gläubigen gründlich verbaute. Musik, der Ekstase tabu ist.
„Wir dürsten im Beton unserer Geistlosigkeiten. Unsere Wüste findet sich auf keinem Atlas.“ Sakropop-Verse, wie diese von Alois Albrecht, sind nicht immer leicht zu singen. Ihre schleichende Wirkung ist, ungewollt, so etwas wie verschmitzte Euphorie.
Lässig und nebenbei eröffnete Frank Apunkt Schneider eine helle Einsicht: Die ökumenisch gestimmte Praktik, beim Alle-Umarmen Selbsterniedrigung zu üben, ist eng verwandt mit dem, was aussieht wie das Gegenteil: Auch wer im Alle-Verspotten Selbststärkung sucht, strauchelt… man könnte singen: …wir straucheln ins Gestrüpp unserer verleugneten Vergeblichkeiten. Der Sakropop ist der Vater von Harald Schmidt.
(Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass George Sidney viel bessere Filme als Bye Bye Birdie gemacht hat: The Three Musketeers (1948) mit Lana Turner, und Jeanne Eagles (1957) mit Kim Novak. Gerne sehen würde ich Show Boat (1951), und The Swinger (1966) mit Ann-Margret! Come on along!)
Jeff Daniels und Tobey Maguire in Pleasantville (1998)
Derzeit im Kino sehr zu empfehlen: Die Tribute von Panem (The Hunger Games 2012 Gary Ross), ein Blockbuster gegen die Gesellschaft des Spektakels – für Teenager – gegen die Welt als Casting, wohlbedacht jede romantische Ironie vermeidend, nicht im Geringsten amüsant. Ein entschieden dunkler Film, der den Radar des Feuilletons unterflogen hat, wegen Einspielergebnissen und Fortsetzungen aber noch Beachtung finden wird. Gary Ross hat viel bessere Filme gemacht: Pleasantville (1998) und Seabiscuit (2003), aber The Hunger Games ist wahrscheinlich bedeutender, historischer: Das Ende der Satire. Letzter Aufruf zur Solidarität.