Einträge von Ekkehard Knoerer

Dienstag, 02.03.2004

Shimizu

Fast bin ich mir sicher, diesen Film schon einmal geträumt zu haben.

Rüdiger Tomczak bei Shomingeki über Hiroshi Shimizus Arigato-San.

Und nachdem ich gestern den vermeintlich weniger bedeutenden Shimizu-Film „Children of the Beehive“ gesehen habe, kann ich nur raten: alles stehen und liegen lassen und im März ein Zelt im Arsenal aufschlagen.

Donnerstag, 15.01.2004

Die populärste Kunst

„Seitdem hat sich mein Leben etwas vom Kino entfernt, abgesehen von den wertvollen Momenten, wo es nachwievor die Rolle der reinen Emotion des Ausweichens spielt. Wenn ich in New York oder Californien bin, sehe ich unzählige amerikanische Filme, oft wahllos aber auch die Filme, von denen man spricht, (car je suis tres bon public). Das ist der Moment, wo ich die Freiheit und die Möglichkeit habe, diesen mir so wichtigen populären Bezug zum Kino zu finden.“

Gespräch der Cahiers mit Derrida von 2001, in deutscher Übersetzung auf Peter Krapps Derrida-Site.

[via filmforen]

Donnerstag, 08.01.2004

Movie Mutations
„Some of the early chapters, such as the dialogues with Abbas Kiarostami in Chicago in 1998 and with Shigehiko Hasumi in Tokyo in 1999, followed by various email exchanges between others over the next three years, were generated specifically for the book, while some others – such as Kent’s essay on Tsai Ming-liang, pieces of mine about the Rotterdam Film Festival and The Circle, and your own reflections about international musicals – were initiated independently of the book, but then became integral parts of it by suggesting new yet related avenues to follow.“

Jonathan Rosenbaum und Adrian Martin im Gespräch, das den ersten Teil eines gemeinsamen Buches über das internationale Kino oder genauer: die neue Wahrnehmung des internationalen Kinos ausmacht.

Mittwoch, 18.06.2003

Weerasethakul

Kinotipp Berlin, Donnerstag, 19.6., Arsenal, 19:00

Reihe Text und Film, Mike Holboom kombiniert Marguerite Duras („La Pute de la côte normande“) und Apichatpong Weerasethakuls „Mysterious Object at Noon“, über den Jonathan Rosenbaum schreibt:

The entire film is a heady mix of fiction and nonfiction, with fantasy and actuality rubbing shoulders at every stage, and what emerges from the collective unconscious of the participants is surprising and fascinating. Weerasethakul packages his findings in diverse and inventive ways: as an improvised outdoor musical performance, as a game played by school children, as a collaborative description in sign by two teenage deaf-mutes. I can’t think of another film remotely like it. (hier)

Weerasethakuls zweiter Film – „Blissfully yours“ – war einer der schönsten des letzten Jahres (mehr dazu, von mir, hier)

Jaal, Guru Dutt, 1952

Jaal, Guru Dutt, Indien 1952

Eine Stunde fehlt mir, am Anfang (Dank an die taz, die das Kleingedruckte im Arsenal-Programm nicht zu lesen versteht) und als ich ins Kino komme, badet Dev Anand in einem kleinen Trog im Freien, bedrängt von zwei Scheichs, von denen nicht klar ist, wie sie da hin kommen, und einem kleinen Mann mit vielen spanischen Namen, der zwischen Hindi und Arabisch übersetzt. Es geht um Gold. Und es geht um Maria, die Frau, die Tony, den Dev Anand spielt, sich kurz darauf mit einem Seil, das er zum Lasso schlingt, auf den Baum zieht, in dem er sitzt. Sie singen. (In Sangam – von 1964 – sitzt Raj Kapoor, neben Guru Dutt der zweite große Schauspieler&Regisseur des klassischen Bollywood, im Baum, mit einem Dudelsack, und singt. Die Frau, die er begehrt, auch eine Dreiecksgeschichte, schwimmt im Fluß.) Hier nun, in Jaal, brandet das Meer an den Strand, Palmen überall, Fischernetze, Jaal heißt Netz. Die Kamera umspielt den Baum, rückt Maria ins Bild, rückt Tony ins Bild und erklärt ohne Worte, dass es um die beiden geht und gehen wird, nach der Vorgeschichte, die ich verpasst habe. Die Vorgeschichte, von der ich naturgemäß nicht weiß, wie ausführlich der Film sie verhandelt hat, bringt das gestohlene Gold ins Spiel, Gier und Lisa, eine andere Frau, die Tony zugrunde gerichtet hat. Tony ist der romantische Held des Films, gespielt von Dev Anand, den Guru Dutts erster Film, Baazi, im Jahr zuvor zum Star gemacht hat. Eine zwielichtige Figur, um das mindeste zu sagen. Zwanzig Jahre später erst wird dieser Heldentypus Amithabh Bachchan, in Deewar oder Sholay, zur Legende machen, Jaal war kein Erfolg beim indischen Publikum. Danach spielte Dutt seine Hauptrollen meist selbst, bis zum Desaster, das Kagaaz Ke Phool war, sein 8 1/2, das schwerblütige Melodram um den auf ganzer Linie gescheiterten Bollywood-Regisseur.

Das Gold, der Mann, die Frau, die ihm verfallen ist, ihr blinder Bruder Carlo, Simon, der Maria liebt mit der Hoffnungslosigkeit der Aufrechten (die Namen wie der Schauplatz bleiben mir ein Rätsel). Große pathetische Szene: der Lockgesang Tonys, die Gitarre in der Hand, der Wind stößt die Tür des Balkons auf, zum Zimmer, in dem Maria widerstehen will und widerstehen will und, natürlich, zuletzt, nicht widerstehen kann. Er singt, sie singt, sie stürmt hinunter, hinaus ins Freie (des Studios, die Palmen an die Wand gemalt), zu ihm, sie küssen sich. Sie will dann zum Meer, eine letzte, verzweifelte Bewegung, Versuch einer Flucht, sie verfängt sich im Netz, das den Titel gibt und hier, in schöner Überdeutlichkeit, für den Sex steht, den sie haben werden, das Verfallensein, das in lieblicher Musik Ausdruck findet und Bilder braucht (einmal filmt Dutt den Beginn einer Einstellung durch ein Fischernetz, kriecht mit der Kamera darunter hervor). Der Knoten, der sich zum Ende hin schürzt: Sie will mit Tony fliehen, übers Meer – an Hemingway muss ich denken, eigentlich schon die ganze Zeit -, der Bruder aber und Simon, mit dem sie verlobt ist, notverlobt, muss man sagen, eilen hinterher, Schüsse von Boot zu Boot, Schüsse an Land und Maria wirft sich dazwischen, hindert Tony, der nun sich entscheidet, fürs Gute, am Töten. Sie wird auf ihn warten. Auf uns wartet, als letzte Einstellung, ein Kreuz auf Uferfelsen, denn dies ist, noch ein Rätsel, ein durch die gesamte katholische Ikonografie gespieltes Melodram. Vielleicht klärt sich manches in der ersten Stunde, die ich nicht gesehen habe. Schöner wäre es, wenn nicht.


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