Donnerstag, 10.10.2013
Montag, 30.09.2013
Karten, Pläne (Väter, Söhne)

Der Abendhimmel steht in Flammen über dem Victoria in Aix les Bains.
Landkarten, die wir von den „geheimen“ Wegen unserer Gegend machten, Schatzpläne von „Schätzen“, die wir selbst vergraben hatten, gefielen uns erst dann so richtig, wenn ihr Rand verkokelt, von Streichholzflammen angenagt, Alter vorgaukelte. Alte Geschichte. Altes Verbrechen.

Ein brennender Pfeil trifft Pittsburgh, in Unconquered (1947 Cecil B. DeMille)
Hätte ich wegen Brandstiftung (es war nur eine Nachbarswiese) vor einem Kinderrichter gestanden, dann hätte mich ein guter Kinderanwalt mit dem Hinweis auf den Vorspann von Bonanza (Anstiftung zur Pyromanie!) vielleicht vor dem Kindergefängnis retten können.

Virginia City fängt Feuer. Bonanza (1959-1973)
„Lorne Greene (synchronisiert von Friedrich Schütter) war als Ben Cartwright die Gussform des väterlichen Mannes in der BRD (Erik Ode, Werner Höfer, Hennes Weisweiler, Willy Brandt…). Seine Söhne waren ständig in Gefahr. Meine Eltern sprachen darüber, dass der sympathische Dan Blocker (Hoss) schon 1972, im Alter von 40 Jahren, so jung! gestorben war. Die Fernsehzeitung wies beharrlich darauf hin. Aber sonntags um 18:10 ritt der Tote froh heran und blickte aus dem Flammenkranz heraus, als sei dieser ein warmes Nest. Eine harmlose Welt, in der es von Anfang an keine lebende Mutter gab.“ Diese Sätze schrieb ich vor einigen Jahren in SGE ganz arglos hin. Jetzt schau ich mir wieder Bonanza an, zumindest all jene Folgen, die von Lewis Allen inszeniert wurden. — Harmlose Welt?
Ein roter Vorhang wird hochgerafft und eröffnet den Blick auf England zur Zeit der französischen Revolution: Dangerous Exile (1957 Brian Desmond Hurst), deutscher Titel: Im Dienste des Königs.
Ein Royalist (Louis Jourdan) schickt seinen kleinen Sohn ins Gefängnis, im heimlichen Tausch gegen den Thronfolger, der nach England fliehen kann. Der Schauplatz des Films, die Küste, leuchtet rot wie Blut.
Storys von Vätern und Söhnen waren in der zweiten Hälfte der 50er Jahre ganz besonders in Mode. In Robert Mulligans Baseball-Psychodrama Fear Strikes Out (1957) lebt Anthony Perkins in ständiger Angst, er würde seinem Vater etwas schuldig bleiben; erbarmungslos giert Karl Malden nach sportlichen Erfolgen seines Sohnes. Jean-Pierre Mocky wird in die Psychatrie gebracht, von seinem Vater, in Franjus La Tête contre les murs. Unüberboten: Der vitale Vater, der seinem labilen Sohn die Freundin ausspannt in Aldrichs Autumn Leaves, dargestellt von Lorne Greene.

Lee J. Cobb zerreißt das Foto seines Sohnes am Ende von 12 Angry Men (1957 Sidney Lumet).
Burl Ives war 1958 in mehreren Filmen als Vater tief unzufrieden – mal mit Paul Newman (Cat on a Hot Tin Roof), mal mit Chuck Conners (The Big Country). In Hathaways From Hell to Texas ist Dennis Hopper der glücklose Patriarchensohn und die Enttäuschung wird zum Spektakel. In verträglicheren Variationen des Themas, verlangt der tote Vater gerächt zu werden. Das ist die Hamletaufgabe. Beispielsweise in Käutners Der Rest ist Schweigen, 1959.
Alle Söhne enttäuschen alle Väter. Das galt auch für Alfred Hitchcock und den heiligen Franziskus. Beide wurden von ihren Vätern vorrübergehend hinter Schloss und Riegel gebracht.
Ebenso Otto Gross. Der „erste Gesellschaftskritiker unter den Psychoanalytikern“ wurde 1913 in eine Anstalt eingeliefert von Hans Gross, dem „Vater der Kriminologie“ (der mit seiner Idee, Landstreicher, Revolutionäre und Degenerierte zu deportieren, Kafka zu „In der Strafkolonie“ inspirierte).
Auch in Dominik Grafs Lawinen der Erinnerung (2012) kommt das Vater-Sohn-Problem zur Sprache. Der 82jährige Fernsehspielveteran, Raumpatrouillenerfinder, Schriftsteller und Kultusministersohn Oliver Storz beschreibt sein Gefühl, dem Vater etwas schuldig geblieben zu sein. Er liefert diese Auskunft als Antwort auf Grafs Frage nach dem notorisch abwesenden Schuldgefühl der Deutschen. Eine seltsame Verlagerung ist das. Von der Schuld – zur Bringschuld – zur Verpflichtung – zur Leistung – zur Qualität. Lobesworte, die ich allzu häufig lese: Genauigkeit, Strenge, Präzision. Die dazu passenden Abfälligkeiten über Komparsen amüsieren mich nicht. Glücklicherweise lässt sich Storz von Dominik Graf zu Grundrisszeichnungen seiner Heimat anstiften – das Schwimmbad, der Marktplatz. Da macht die flüsternd versprochene Lawine einen kleinen Rutsch.

Decoy (1946 Jack Bernhard) via
Zwei, die nur so tun als seien sie Vater und Sohn, skizzieren einen „Schlachtplan“, in We’re the Millers (2013 Rawson Marshall Thurber). Es ist der Vater (Jason Sudeikis), der den Plan entwirft – mit einem Kronkorken und einer Zigarettenkippe im Staub eines mexikanischen Straßenrands – und es ist selbstverständlich der Sohn, der sich opfern soll.

I Died a Thousand Times (1955 Stuart Heisler)
Eine empirische Untersuchung wünsche ich mir, die meine Ahnung bestätigt und statistisch belegen kann, dass auf Papier skizzierte Unternehmungen in der Mehrzahl aller Filme scheitern.
Man mag fragen, ob es wirklich einen Zusammenhang gibt zwischen Kartografie und dem Vater-Sohn-Problem. Aber das Kino nimmt unter all den vielen Wünschen, die es erfüllt, auch immer wieder den ernst: sehen zu wollen, dass jemand etwas plant – und versagt. Und das erlaubt Söhnen und Vätern in Filmen zu sein, was sie sind: Enttäuschungen.
„Ich behaupte übrigens, dass Eltern ihre Kinder und Kinder ihre Eltern als eigentlich lebendige Menschen zu sehen gar nicht leicht bereit sind, vielmehr füreinander eine gegenseitige Sollvorstellung bilden, die, wenn man sie genauer betrachtet, mit dem Gedanken, dass so ein Vater etwa ja auch ein eigenes Leben, eine Lebensgeschichte habe, fast unvereinbar erscheint …“ (Heimito von Doderer: „Ein Mord den jeder begeht“, 1938)

Seven Thieves (1960 Henry Hathaway)
Kunstvoll eingelassen, wie eine Intarsienarbeit, ist die Vater-Sohn-Geschichte in Seven Thieves, ein unscheinbares, überraschend schönes Schmuckstück.

Rawhide (1951 Henry Hathaway), der spannendste Western aller Zeiten.
Ob Hathaway seine furiosen Actionszenen so geplant hat wie der Outlaw Zimmerman (Hugh Marlowe) den Postkutschenüberfall in Rawhide?

In die wunderschöne Kartensammlung des Filmemachers Chad Freidrichs sollte man unbedingt einen Blick werfen. Big Map Blog
Robert Louis Stevenson schrieb über die Entstehung seiner Schatzinsel, es geschehe vielleicht nicht häufig, dass eine Landkarte eine so bedeutsame Rolle in einem Romane spielt, doch sei es immer von Wichtigkeit, dass der Autor seine Landschaft kenne, egal ob sie wirklich oder aus der Phantasie entstanden sei. Dass er sie „kenne wie seine Hand. Die Entfernungen, die Kompasspunkte, die Stelle des Sonnenaufgangs, das Benehmen des Mondes, alles sollte klar vor ihm liegen. Und wie beschwerlich ist der Mond!“

Duel, Conversation with Steven Spielberg (2001 Laurent Bouzereau)
Steven Spielberg plante den extrem kurzen Dreh seines Duel (1971) nicht mit Hilfe eines Storybords, sondern mit einer Landkarte, auf der die Fahrtroute, das Geschehen und die vorgesehenen Kamerapositionen eingezeichnet waren.

Im Film fährt der Truck andersherum, ohne Umweg, hinein in die Telefonzelle.
Kommt das Gespräch auf Spielberg, dann fällt unweigerlich der Satz: „Der weiße Hai ist gut.“ Man sollte aber sagen: Auch Duell ist gut. Auch Die Begegnung der dritten Art. Und Im Reich der Sonne. Und Always. Anfang August sah ich im Kinderprogramm des Metropolis-Kinos endlich wieder E.T. (1982).
Ein Atlas und ein Globus werden da herangezogen, um dem kleinen Fremdling die Frage zu verdeutlichen, von wo er denn herkomme, und sein langer Finger hebt sich himmelwärts.
Wir wissen natürlich, „dass der Wunsch fliegen zu können, im Traume nichts anderes bedeutet als die Sehnsucht, geschlechtlicher Leistungen fähig zu sein“ (Freud: „Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci“, 1910). Auf Kinderfahrrädern Straßensperren zu überwinden ist aber nur das eine, das andere ist: die Intimität der geschwisterlichen Geheimnisse im verschlossenen Kinderzimmer. Für die rätselhafte Schönheit dieses (vaterlosen) Films ist eine Szene ganz besonders beispielhaft: Wenn E.T. an Halloween als Gespenst verkleidet am helllichten Tag umherspaziert. Unterm Bettlaken versteckt erblickt er zum ersten mal ganz viele Menschen auf der Straße, in tausend Varianten bezaubernd kostümiert, alle zum Fürchten, nur die Mutter gefällt ihm.
Um Religion ginge es in E.T., wurde gesagt. „Man übersieht dabei nur, dass eine solche Entstellung unerlässlich ist, wenn eine poetische Gestaltung des Stoffes versucht wird.“ Der kahle kleine Freund der dem Knaben in aller Heimlichkeit solche Freude beschert, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit irgendeinem bislang bekannten Propheten. Er, um dessen Verlust der Knabe so nachvollziehbar fürchtet, wird von uns Menschen Penis genannt. Die mondbeschienene Gartenlaube, der klirrende Schlüsselbund und die Ärzte in Astronautenmontur, es wird wohl nie eine poetischere Gestaltung der Kastrationsdrohung gelingen. „Die ganze Begebenheit, in der man wohl das zentrale Erlebnis der Kinderjahre erblicken darf, das größte Problem der Frühzeit und die stärkste Quelle späterer Unzulänglichkeit, wird so gründlich vergessen, dass dessen Rekonstruktion in der analytischen Arbeit auf den entschiedensten Unglauben des Erwachsenen stößt.“ (Freud: „Abriss der Psychoanalyse“, 1938)

John F. Smith, 1888 via
Spielbergs Lincoln (2012) ist ein famoser Film über Demokratie und ebenfalls ein famoser Vater-Sohn-Film. Die wichtigste Stimme holt sich der Präsident (Daniel Day Lewis) bei einem unbestechlichen Gegner, zu dem er wie nebenbei von seiner Beziehung zum eigenen Vater spricht, vom Vater-Sohn-Konflikt als Selbstverständlichkeit. Die Loslösung von der Parteilinie vollzieht der Überläufer dann mit einem gewaltigen Urschrei.
An anderer Stelle drückt sich Lincoln durch ein Gleichnis aus: Ein Kompass (die Moral) sei in sumpfigem Gelände kaum von Nutzen, wenn man die Lage der Sümpfe (die Interessen) nicht kennt.

Close Encounters of the Third Kind (1977 Steven Spielberg)
Um der Gefahr zu entgehen, beim Dreh auf Pariser Straßen und an französischen Stränden in die Fallen des Dekorativen, unter das Diktat der fotografischen Schönheit zu geraten, hielt sich Eric Rohmer stets eisern an die geografisch korrekte Wiedergabe seiner Drehorte.
Durch New York lief Rohmer 1972 mit einem angeklebten Schnurrbart. Aber das gehört hier nicht hin.
Dem eigenen Vater von Jahr zu Jahr zunehmend ähnlich zu sehen, empfinde ich beim Blick in den Spiegel als alberne Maskerade.

King Kong (1933 Merian C. Cooper & Ernest B. Schoedsack) via
„Ich weiß aus meiner Filmerfahrung“, sagt der Filmregisseur in King Kong, „dass man Kamera und Stars immer bei sich haben sollte. Vielleicht könnte man sie gebrauchen.“

Sehr schöne Überblendungen gibt es in Son of Fury (1942 John Cromwell), und sehr schöne Bilder von Walen.
Hanns Zischler stößt im Shellatlas auf einen Ort namens Machtlos und schlägt einen Abstecher vor. Aber den hat Rüdiger Vogler schon auf seiner letzten Tour gemacht: „Ein Dorf wie jedes andere“. Im Lauf der Zeit (1976 Wim Wenders)
„Es gibt nichts unbetretenes mehr. Es sieht so aus, als wäre überhaupt kein Stückchen unerfasster Natur mehr übrig, weder draußen noch drinnen. (…) Nicht bloß werden Verkäuferinnen im Lächeln ausgebildet und der Betriebsleiter in Menschenbehandlung, sondern es wird gang und gäbe, das mühsam gelernte, wohl gar durch Psychotherapie bewirkte, unverpflichtende, neutrale Wesen, das durch Bekundung von Affekten sich keine Schwierigkeiten schafft und mit den Spielregeln der Gesellschaft auf gutem Fuße steht, als das natürliche anzusehen – und das natürliche in seiner Befangenheit als unnormal.“ (Max Horkheimer: „Begriff der Bildung“, 1952)

The Lady in Cement (1967 Gordon Douglas), mit Dan Blocker.
Die Männer, die auf Stevensons Schatzinsel schlussendlich in den Besitz der Karte kommen, werden damit nicht froh.
Natürlich erzählt „Die Schatzinsel“ weniger von einer Schatzsuche als vielmehr von der Suche nach einem Ersatzvater. Eine nicht ungefährliche Suche, die einigermaßen glimpflich missglückt.
In Stevensons unvollendetem Vater-Sohn-Roman „Weir of Hermiston“ hätte am Ende ein strenger Richter über seinen Sohn das Todesurteil verhängt.

The Apprenticeship of Duddy Kravitz (1974 Ted Kotcheff)
Ein Mann sei ohne ein Stück Land kein Mann, hat Duddy Kravitz (Richard Dreyfuss) vom Großvater gelernt. Die Geringschätzung, die mit dieser Perspektive väterlicherseits vererbt wurde, lässt sich unmöglich ins Gute wenden. Der Vater (Jack Warden) ist erst froh, wenn der Sohn Geschichte ist. Ted Kotcheffs Filme sind unkapriziös analytisch und unvorhersehbar drastisch. (Tiara Tahiti, Life at the Top, Wake in Fright, Billy Two-Hats, The Apprenticeship of Duddy Kravitz, First Blood… Ich verlange eine Retrospektive.)

Close Encounters of the Third Kind (1977 Steven Spielberg)
Um sich voll und ganz der Berglandschaft in seinem Wohnzimmer zu widmen, schickt Richard Dreyfuss seine Familie zum Teufel. Das habe Spielberg, laut eigener Auskunft, so unbarmherzig nur darstellen können, solange er selber kinderlos war (sagte mir Claudia Basrawi, bevor ich ihr von meiner Bildersammlung erzählte).
„Zeit aber steht für Liebe; der Sache, der ich Zeit schenke, schenke ich Liebe; die Gewalt ist rasch.“ (Horkheimer, 1952)

Ost und West sind vertauscht auf Lyman Frank Baums „Map of the Marvellous Land of Oz“
Zum ersten Mal gefiel mir 3D. Das greifbar Unechte des Verfahrens passte in Oz the Great and Powerful (2013 Sam Raimi) sowohl zur Kirmesbudentraurigkeit am Anfang als auch zum großen finalen Triumph, der mittels billiger Zaubertricks über die böse Hexerei errungen wird. Nebenbei erzählt der Film sehr schön, was aus Frauen Hexen macht: die Gleichgültigkeit eines Mannes.

Jules Vernes geheimnisvolle Insel: Île Lincoln. Mysterious Island (1961 Cy Endfield)
Es kommt vor, dass sich ein Mann mit seinem U-Boot unter einer Vulkaninsel versteckt hält.
In Guillermo del Toros Pacific Rim (2013) gibt es keine Pläne auf Papier, sondern Holografien, die sichtbar machen, was man nicht verstehen kann: ein Zugang zur Erde, eine Art Geburtskanal, auf dem Meeresgrund gelegen. Außerirdische schicken da hindurch urzeitliche Godzilla-Gorilla-Echsen in exponentialer Häufung zum Kampf gegen die Menschheit. Die wehrt sich mit gigantischen Robotern, in deren Köpfen Piloten und Pilotinnen paarweise – in einem Zustand totalen gegenseitigen Vertrauens, „Drift“ genannt – als rechte und linke Gehirnhälfte ihr Bestes geben. Unter den Pilotenpaaren auch ein Vater und sein Sohn… und wie man weiß, sterben im Krieg die Söhne, die Väter überleben.
Dass es in vielen Science-Fiction-Kriegen schlussendlich gegen Mütter-Monster, gegen die Fruchtbarkeit schlechthin zu kämpfen gilt, das will ich als Thema noch nicht mal anreißen. Bei Del Toro wird einem gerade geborenen, äußerst aggressiven Ungetüm die Nabelschnur zum Verhängnis.

Die umfang- und einflussreichste Seeungeheuersammlung des 16ten Jahrhunderts, in Olaus Magnus‘ „Carta Marina“, 1539/1572, via Bibliodyssey
„Dass die ungeheure Wassermenge, die beinahe den ganzen Erdball umgibt, Tiere verbergen kann, die man sich überhaupt nicht vorstellen kann – wer hätte die Kühnheit, zumindest diese Möglichkeit zu leugnen?“ (Guy Endore: „The Werewolf of Paris“, 1933)
Guy Endore (1900 – 1970) hat das allerspannendste Vater-Sohn-Buch geschrieben: „King of Paris“ über Alexandre Dumas, den Älteren und den Jüngeren.

Francis Drakes Karibikfahrt; Detail aus Giovanni Baptista Boazios Kupferstich von 1589 via
Nur am Rande: Väter von Töchtern – beispielsweise Will Rogers in State Fair (1933 Henry King) oder Chishu Ryu in Banshun (1949 Ozu), Fred MacMurray in Father Was a Fullback (1949 John M. Stahl), Spencer Tracy als Father of the Bride (1950 Vincente Minnelli), Walter Matthau in The Bad News Bears (1976 Michael Ritchie) und Louis C.K. als Louie – sie sind alle sanfte Seelen.
Gerade aktuell im Kino zu bewundern, in The Conjuring (2013 James Wan), Patrick Wilson und Ron Livingston – gleich zwei tolle Väter von Töchtern – im Kampf gegen Dämonen, Möbel und Mütter. Ganz kurz wird da auch mal eine Landkarte zu Rate gezogen, aber statt vergangenen Bodenspekulationen nachzuforschen, werden gegenwärtige Gespenster mit adäquaten Mitteln gejagt, mit Kassettenrekorder und Schmalfilm, mit der technischen Gerätschaft der modernen Poesie.
Väter von Töchtern, so scheint es mir, werden allgemein sehr viel sympathischer gezeichnet als Väter von Söhnen. Nichtsdestotrotz stecken letztere in den herzerreißenderen Rollen: Emilio Cigoli in I bambini ci guardano (1943 Vittorio De Sica), Robert Keith in Fourteen Hours (1951 Henry Hathaway), Alan Arkin in Popi (1969 Arthur Hiller), Judd Hirsch in Running On Empty (1988 Sidney Lumet), Barry Otto in Strictly Ballroom (1991 Baz Luhrman), André Dussollier als Vater von Tanguy (2001 Étienne Chatiliez), Richard Jenkins in Stepbrothers (2008 Adam McKay), Robert de Niro in Silver Linings Playbook (2012 David O. Russell).

Ausschnitt aus Gastaldis „La Descriptione dela Puglia“ (1567). Am Ufer.
Noch ein letztes Zitat aus Heimito von Doderers „Ein Mord den jeder begeht“ – der berühmte Anfang des Romans: „Jeder bekommt seine Kindheit über den Kopf gestülpt wie einen Eimer. Später erst zeigt sich, was darin war. Aber ein ganzes Leben lang rinnt das an uns herunter, da mag einer die Kleider oder auch Kostüme wechseln wie er will.“

His Majesty O’Keefe (1953 Byron Haskin)
„Die sogenannte Bildung der Persönlichkeit, die Verinnerlichung, die Rückwendung des gestaltenden Willens auf sich selbst, so viel Positives sie auch gewirkt haben mögen, trugen doch zweifellos zur Verhärtung der einzelnen Menschen, zum Hochmut, zum Privilegbewusstsein und der Verdüsterung der Welt bei.“ (Max Horkheimer: „Begriff der Bildung“, 1952)
„Alle Triebe, die zärtlichen, dankbaren, lüsternen, trotzigen, selbstherrlichen, sind durch den einen Wunsch befriedigt, sein eigener Vater zu sein“ (Freud: „Über einen besonderen Typus der Objektwahl beim Manne“, 1910). *
Das „Unter-Über-Ich “ (eine Begriffsfindung Heino Jaegers) bleibt weitenteils unerforschtes Terrain.
Ende des zweiten Teils
Freitag, 20.09.2013
Sonntag, 15.09.2013
Aufgehoben

The Docks of New York (1928 Josef von Sternberg)
Eine Kreidezeichnung anzuschauen in einem Kesselraum.

Experiment Perilous (1944 Jacques Tourneur)
Im Museum nur ein einziges Bild sehen zu wollen, und davor, warum auch immer, in Starre zu verfallen.
Ein Bild von sich selbst zu besitzen, auf dem zu sehen ist, dass man nicht alleine ist.
„Doch was ist das Sehen, die Sicht, wenn nicht, unzweifelhaft, ein aufgeschobenes Berühren?“ *

Cento Cavalieri (1964 Vittorio Cottafavi)

Little Man Tate (1991 Jodie Foster)

00 Schneider jagt Nihil Baxter (1994 Helge Schneider)
Ein Gemälde, das dem Maler ein Alibi gibt. Doch wie sich herausstellt, hat die Kirchturm-Uhr in Wirklichkeit gar keine Datumsanzeige.
Samstag, 14.09.2013
Aufgeschoben
„Es gehört wesentlich zur Malerei, dass sie nicht berührt wird. Dem Bild im Allgemeinen ist es wesentlich, dass es nicht berührt wird. Das macht seinen Unterschied zur Skulptur aus. Diese bietet sich zumindest entweder dem Auge oder der Hand dar – aber auch dem Gang um sie herum, dem Gang, der sich fast bis zum Berühren nähert und sich entfernt, um zu sehen. Doch was ist das Sehen, die Sicht, wenn nicht, unzweifelhaft, ein aufgeschobenes Berühren? Was aber ist ein aufgeschobenes Berühren, wenn nicht ein Berühren, das den Punkt restlos – bis zu einem notwendigen Übermaß – zuspitzt oder herauszieht, die Spitze und den Moment, an dem sich die Berührung von dem, was sie berührt, im Moment des Berührens selbst ablöst?“
Fragt Jean-Luc Nancy in Noli me tangere, deutsche Ausgabe bei diaphanes, 2008
Sonntag, 08.09.2013
Friedhofsspaziergänge
Alle warten auf Teil II von „Karten und Pläne“ da will ich nur schnell noch ein Buch empfehlen, das auch für Menschen mit schlechtem Orientierungssinn sehr lesbare Karten von
den wichtigsten Berliner Friedhöfen enthält. So konnte ich eine Schülergruppe auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof problemlos zum Grab von Friedrich Schinkel führen, – das sich übrigens in einem sehr gepflegten Zustand befindet. Was sich von vielen seiner Bauten leider nicht behaupten lässt, skandalösestes aktuelles Beispiel: die Friedrichswerdersche Kirche, die durch die Bauarbeiten des Luxuswohnprojekts ganz dicht daneben Risse im Gemäuer hinnehmen musste. Der Baustopp ist inzwischen wieder aufgehoben und man muss das Schlimmste befürchten. Da bewahrheitet sich leider eine Geschichtsvergessenheit und Pietätlosigkeit, die in Berlin besonders krasse Formen annimmt. (siehe Hanns Zischler: „Berlin ist zu groß für Berlin“) Der DDR war die Schinkelsche Bauakademie einfach nur im Weg.
So bleiben aber wenigstens die Friedhöfe, die auch abgelöst von den ursprünglichen Gestaltungszielen eine Kultur bewahren, die außerhalb der geschützten Zone so nicht mehr existiert. „Wie durch ein geöffnetes Geschichtsbuch“, so der Autor, könne man hindurchgehen.
Ingolf Wernicke, Berliner Friedhofsspaziergänge, Jaron Verlag, Berlin, 2010, herausgegeben vom Berliner Landesverband der Deutschen Kriegsgräberfürsorge und der Stiftung Gedenken und Frieden
Montag, 02.09.2013
Neubeleuchtungen
„Westberlin hatte bestimmte Wandlungen ins Kalte und Amerikanische nicht mitgemacht. Es wurde zu einem Ort für Menschen eigener Art, von denen wir einigen in diesem wehmütigen Film, der voll tiefen Wissens ist, begegnen. Einzelgänger aller Schattierungen kamen damals aus dem Bundesgebiet, Zweifler, Sensible, vom Aroma der Stadt Faszinierte, deren bizarres, merkwürdiges Klima sie genossen.“
So schreibt Peter Nau in einem Text über den (mir unbekannten) Film „Mmh“ von Karl Heil (1981) und findet damit eine treffende Form, die Menschen zu beschreiben, denen wir hier gebliebenen West-Berliner begegnen durften. Das kluge Buch reist durch Berlin-Filme und die selbst erfahrene Stadt, von Ost nach West und hält Momente des Glücks und der Wehmut fest, Augenblicke der Erkenntnis, was verloren ist und was noch aufbewahrt bleibt. Eine ganz besondere Art von Dankbarkeit, die in einer kleinen Skizze des Himmels oder eines entscheidenden Filmmoments zum Ausdruck kommt.
„Gäbe es die Unterbrechungen des Daseins nicht, nie käme es zu Neubeleuchtungen aller Dinge, nie zu einem neuen Epochenmorgen.“ (Nau)
Peter Nau: „Irgendwo in Berlin“, Reihe Filit, Band 10, Verbrecher Verlag, Berlin, 2013
Freitag, 30.08.2013
Karten und Pläne

Christophe Colomb (1910 Louis Feuillade)
Landkarten, Globen und handgezeichnete Pläne im Kino. Eine der eindrucksvollsten Bildersammlungen, die mir bislang im Internet begegnet sind, hat Roland-Francois Lack zusammengetragen. Auf Nebenpfaden seiner verwinkelten Webseite begibt sich The Cine-Tourist mit detektivischer Leidenschaft an die Schauplätze der Filme von Capellani, Feuillade, Becker, Chabrol… – oder er trauert um Bernadette Lafont.

Le Chevalier de Maison Rouge (Albert Capellani 1914) via
„Wenn wir eine Weile in einem gewissen Weltbereich gelebt haben und viele Wege darin gegangen sind, bildet sich in uns ein Netzwerk all dieser Wege in Form einer inneren Landkarte.“
Das schreibt Klaus Wyborny in seinem langerwarteten und jetzt endlich erschienenen Buch „Elementare Schnitt-Theorie des Spielfilms“.
„Diese im Bewusstsein entstehende Landkarte ist etwas äußerst Seltsames. In ihr steckt ein Großteil unserer Lebenserfahrung, in einer merkwürdig wabernden Gesamtheit, worin wir plötzlich aber auch in Details einzutauchen vermögen, die unglaubliche Präzision und Schärfe aufweisen. Dann wieder enthält sie unklare Bereiche, von denen wir gerade mal wissen, dass es darin eine Straße gibt. Solche Landkarten gehören für uns zu den wichtigsten Verankerungen in der Welt, in ihnen findet man das, was man die ‚eigene Heimat‘ nennt. Diese Heimat ist in unserem Bewusstsein auf seltsame Weise ganz und – in paradoxem Sinn – weglos geworden: Weil es so zahlreiche Wege darin gegeben hat, dass sich diese zu einem Gefühl von Verbundenheit verdichteten.“ (Wyborny)

Les Vampires (1916 Louis Feuillade) via
„… man müsste da sagen, dass sich eine ganze Anzahl von früher bemerkten und anfangs sogar zur Orientierung benutzten Einzelheiten inzwischen sozusagen eingeebnet hatten – beispielsweise wurde das große rote Schild eines Teegeschäfts beim Heimfahren nicht mehr beachtet, welches lange Zeit hindurch die Einbiegung der Strecke zum Park und die richtige Aussteigestelle verlässlich vorgemerkt hatte. Nein es gab jetzt Dutzende anderer bemerkter Weiser, an die man sich einzeln halten konnte, jedoch tat man nicht einmal das mehr: der ganze Brei zusammen genügte stumpf und sicher für den Weg.“ (Heimito von Doderer: „Ein Mord den jeder begeht“)

Reiseplanung in Male and Female (1919 Cecil B. DeMille)
Das ist einer jener Filme von DeMille, in denen mittendrin auf einer Wegstrecke ein Unfall die Karten neu mischt: die Klassenverhältnisse, Männer/Frauen, die Welt fängt neu an, von vorne. Luc Moullet hat darüber sehr schön geschrieben.

Gene Tierney landet am Rhino Rock, in Sundown (1941 Henry Hathaway)
„Man tritt in ein unbekanntes Geschehen und bemüht sich, eine Vertrautheit mit diesen Örtlichkeiten zu entwickeln. Wesentliche Teile des narrativen Systems versuchen, dem Zuschauer die Bildung einer ähnlichen Landkarte zu ermöglichen, wie man sie zur Orientierung in der eigenen Umgebung verwendet.“ (Wyborny)

Überblendungen in Lightning Strikes Twice (1951 King Vidor).
„Von besonderem Interesse sind im Film daher Situationen, in welchen der Held ein Terrain erkundet, das auch ihm noch unbekannt ist. Dann stehen wir mit ihm auf Augenhöhe und es entsteht eine filmspezifische Spannung.“ (Wyborny)
„Wo man was erlebt, dort ist man bald daheim.“ (Doderer)
Aber kein Plan kann schöner sein als der eines Ausbruchs.

Pepe le moko (1936 Julien Duvivier)
Ein Polizeikommissar schaut auf kartografiertes und dennoch unwegsames Gelände: Die Kasbah von Algier. Der Gejagte (Jean Gabin) muss aus seinem Refugium herausgelockt werden.
„Der Aal verlässt sein Saragossameer, um in seinem Heimatfluss zu laichen. Er lässt sich von der Strömung und allem Möglichen leiten, gewiss aber nicht von einer Landkarte oder Begriffen wie Zukunft und Vergangenheit. Er jagt einen Zustand, in dem er sich befinden, der er sein möchte, er flieht vor einem Zustand, der er gewesen ist. Die Verbindungslinie besteht gewöhnlich in einer Geraden mit einer Spitze. Sie ist ein Pfeil. Er ist dieser Pfeil. Er folgt der Idee, die er von sich hat. Er jagt dieser Idee, die er von sich hat, in ein Äußeres in ein Unbekanntes hinein. Dies Äußere nennen nur wir Menschen Raum.“ (Wyborny)

Charlie Chan In Panama (1940 Norman Foster) via
Würde das X den Ort markieren an dem eine Bombe platziert werden soll, dann müsste uns die Sache keine Sorgen machen, sagt Charlie Chan, denn er weiß: Dies ist der Plan eines Friedhofs.

Und das sieht fast so aus wie ein Filmschnitt-Diagramm von Klaus Wyborny, ist aber die Pariser Rohrpost. *
Verknüpfungen „zwischen zwei der Erregung fähiger Wesen“ sind das Kleingedruckte in Wybornys Schnitt-Theorie. Das „Kollisionspotenzial“ ist ihr verstecktes Zentrum. „Kollisionsschnitte“, schreibt er, seien „so ungefähr das Komplizierteste, was das narrative System leistet. Deshalb bleiben sie, außer in ihren einfachsten Formen, vielen Regisseuren relativ rätselhaft. Ich meine sogar, dass sie nur im kalifornischen Kino der 1950er und 1960er Jahre von Regisseuren wie Hawks, Vidor, Ford, Walsh, Dmytryk, Hathaway, Mankiewicz, um ein paar zu nennen – sowie vor allem Hitchcock und dem in der Inszenierung von Außenaufnahmen noch erstaunlicheren Anthony Mann – einigermaßen begriffen wurden.“

39 Steps (1935 Alfred Hitchcock)

The Furies (1950 Anthony Mann)
Nur selten kann eine Landkarte im Film Orientierung stiften, häufiger knüpft sie lose an ein Vertrauen an, sie beglaubigt Autorität, oder aber sie stellt die Macht in Frage.

Prince of Foxes (1949 Henry King)
Cesare Borgia (Orson Welles) beobachtet durch ein Loch in der Wand den Mann, den er mit einem Auftrag auf den Weg schickt: nach Venedig.
Reisebefehle, Mordaufträge, Planungen ganz allgemein wecken Misstrauen gegen die Mächtigen, das Schicksal, die große Geschichte.

Heroes for Sale (1933 William Wellman)
Arbeitssuchende werden von riesigen Plakaten abgewiesen, weggeschickt ins Nirgendwo, in eine Landkartenmontagesequenz. We can’t take care of our own. Das Wir entscheidet. Die Slogans der Bundestagswahl wollen entsprechend der Wortkombination „Rotgrün“ aneinander montiert werden: Das Wir entscheidet. Und du? Was willst du noch?
„Who knows the city? Only those who walk, only those who ride the bus. Forget the mystical blatherings of Joan Didion and company about the automobile and the freeways. They say, nobody walks; they mean no rich white people like us walk. They claimed nobody takes the bus, until one day we all discovered that Los Angeles has the most crowded buses in the United States. The white men who run the transit authority responded to the news not by improving service, but by discouraging ridership. They raised fares. They stopped printing maps of the bus system. They refused to post route maps or schedules at bus stops. They put their money into more glamourous subway and light rail projects.“ (Thom Andersen: Los Angeles Plays Itself)*

Danger: Diabolik (1968 Mario Bava) via
Lange habe ich gewartet. Endlich gibt es Neues zu lesen von Pico Be. Zwei schillernde Überblendungstexte, überbordende Pendlerschriften – zwischen München und Berlin.
„München, von Mönchen erbaut, von Bier gestillt, Ort des blauen Himmels und himmlischer Gleichgültigkeit, und dann Berlin, die Stadt im Sumpf. Denn nichts Anderes bedeutet Berlin in seinem slawischen und altpolabischen Ursprung – schlammiger Sumpf und Morast.
Wir müssen uns also diese Busfahrt vorstellen wie die Busfahrt in dem Film Der Weg, der zum Himmel führt von Luis Buñuel, nur rückwärts betrachtet, als würden wir uns den Film rückwärts anschauen. Der Weg führt nach unten und zurück in der Zeit.“
Und interessanterweise, das kann kein Zufall sein, fühlt sich der Reisende schuldig – „so schuldig wie der Knabe in Buñuels Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz eines Verbrechens für schuldig befunden wird. Des Verbrechens, kraft böser Gedanken seinen Mitbürgern Tod und Unglück zu bescheren.“

Village of the Damned (1960 Wolf Rilla)
Kinder testen Schule. Meine Lieblingsstelle in diesem Kurzfilmportrait des Fundus Theaters ist bei Minute 5:30, wenn während der psychogeografischen Erkundung des Schulgebäudes ein Junge sagt: „Ich bin hier auch schon einmal vorbeigegangen und hab mich gewundert; ich hatte plötzlich ein ganz schlechtes Gewissen.“ Mit Erstaunen wird nachgefragt: „Ein schlechtes Gewissen? Hier an dem Ort, wo man die Schuhe vor der Klasse auszieht, kriegt man ein schlechtes Gewissen?“ – „Hab ich jetzt auch!“

Les Misérables (1934 Raymond Bernard)
Ein Verzweifelter (Harry Baur) studiert eine Karte. Sie sagt ihm, dass er wählen muss: Seiner inneren Stimme folgend vor ein Gericht treten oder einer Sterbenskranken das lang vermisste Kind herbeischaffen. Beides eilt. Beides ist unvereinbar. Die Geografie lässt es nicht zu.

Mister 880 (1950 Edmund Goulding)
Der alte, bescheidene Geldfälscher, der immer nur Ein-Dollar-Noten druckt, verbirgt in seinem Kleiderschrank einen gewissenhaft markierten Stadtplan. Der junge, ehrgeizige Fahnder studiert an großen Wandkarten, nach welchem Prinzip seit vielen Jahren die Blüten in New York gestreut werden.

Burt Lancaster in Mister 880 (1950 Edmund Goulding)
Eine eigenartige Spannung liegt über diesem Film. Die Mühe, Sorgfalt, Leidenschaft, mit der dem amateurhaften Straftäter nachgeforscht wird, der Arbeitsaufwand kann uns nur unangemessen vorkommen. Aus dieser falschen Proportion baut sich der Film ein überzeugendes dramatisches Dilemma.

Armistice Day Blizzard of 1940
In Gerhard Lamprechts Emil und die Detektive (1931) hängen an den Wänden des Polizeireviers, so groß wie Stadtpläne, die Plakate von Fingerabdrücken.

High Sierra (1941 Raoul Walsh) via
Ungezählt: Die Karten auf denen die Polizei eine Menschenjagd plant. Aber noch nie war eine Straßensperre erfolgreich. Nicht im Kino.
Ende des ersten Teils
Im zweiten Teil geht es dann um Karten, Pläne, Väter und Söhne.
Montag, 26.08.2013
„Winter Adé“ von Helke Misselwitz
Im Berliner Zeughauskino läuft am Freitag, den 30.8. um 19.30 der Film „Winter Adé“ in Anwesenheit der Regisseurin und mit einer Einführung von Tobias Hering.
„Helke Misselwitz Werk scheint sich – wie die Werke vieler anderer DDR-Dokumentarfilmer – einer Vergangenheit einzufügen, die abgeschlossen wirkt. Die Filme werden vor allem als Erinnerung an eine untergegangene gesellschaftliche Realität wahrgenommen und nicht mehr unabhängig davon in ihrer ästhetischen Einzigartigkeit. Und sie sind doch so viel mehr.
Aus Sicht der Protagonisten der Nouvelle Vague gibt es ja keine wirkliche Trennung zwischen Dokumentar- und Spielfilm. Diese Nicht-Anerkennung der Grenzen fasste Frieda Grafe so zusammen: „Bilder im Kino sind zuerst Dokumente aus der Welt der sichtbaren Dinge.“
Die Bilder, für die sich Misselwitz in ihrem Dokumentarfilm „Winter Adé“ (1988) entscheidet, auch die am Wegrand, am Schienenweg, die sie aufsammelt, die Ausschnitte, die sie findet, die Abbrüche, die sie verantwortet, die Zufälle, von denen sie sich finden lässt, all das lässt einen tief bewegenden Film entstehen…“ (Schrieb ich in shomingeki Nummer 24 /2012)
Freitag, 23.08.2013
langtexthinweis
Neu auf der Langtextseite zu lesen ist ein Text von M. Freerix:
Gaëlle Rouard – Bilderlawinen und traumhafte Erratik










