L’enfant sauvage (1969 François Truffaut)
Über den Wirbel triumphiert die gerade Linie. Kaum ein Sieg ist so verlustreich. Truffaut selbst verkörpert als Lehrer des Wolfjungen die harten Einbußen des zivilisierten Daseins, das Unbehagen in der Kultur. Unnachgiebig und einsam erzielt er seine Erfolge. Dann eines Tages wagt er ein grausames Experiment: Durch ungerechte Bestrafung provoziert er bewusst den Zorn des Kindes. Hätte der Junge sein Aufbegehren gegen Ungerechtigkeit eingebüßt, dann wäre durch die Erziehung nichts erreicht, alles wertlos.
Es geschah am hellichten Tag (1958 Ladislao Vajda)
Ein Kind hat seinen Mörder und dessen Auto und das Wappentier des Kantons Graubünden auf dem Nummernschild und ganz klein sich selbst mit den geschenkten Schokoladentrüffeln wunderschön gemalt und das Bild sogar datiert: 11. März 1958. Doch all die Hinweise führen zu nichts. Da trifft Polizeioberleutnant Matthäi einen einsamen Entschluss. Er sucht sich, um den Täter zu ergreifen, einen lebendigen Köder: ein Kind.
Mühe. Hingabe. Unschuld. Aufsätze (1963 Peter Nestler)
Ritterkampf. Ähnlichkeit. We Are The Lambeth Boys (1958 Karel Reisz)
Als ich versuchte, Utrillo dazu zu bringen, dass er von ’seinem Handwerk‘ sprach, sagte er mir, im Jahr 1921, einer Epoche, da er noch redselig war, während er einen feinen Staub buntscheckiger Farben auf sein Bild warf: „Das hab ich gern. Diese Mauer hat mir viel Mühe gemacht, aber jetzt ist sie so, wie ich sie wollte.“
„Du bist also mit dir zufrieden?“
„Nein, niemals. Aber, verstehst du, ich bin mit der Mauer zufrieden, die ich gerade gemalt habe, und ich glaube, dass kein Mensch sie besser gemalt hätte als ich.“
(Florent Fels, 1956)
Anny Ondra und Cyril Ritchard in Blackmail (1928 Alfred Hitchcock)
Sie hat das lustige Gesicht gemalt, er hat ihr beim Rest die Hand geführt. Später dann, nachdem sie den zudringlichen Maler in Notwehr getötet hat, pinselt sie Farbe über ihre Signatur, löscht ihren Namen unter der Gemeinschaftsproduktion, deren Heiterkeit fortwährt.
via
Barbara Bel Geddes und James Stewart in Vertigo (1958 Alfred Hitchcock)
Ihr Selbstportrait ist Parodie auf das, was er begehrt.
Robert Walker und Marion Lorne in Strangers on a Train (1951 Alfred Hitchcock)
Die Mutter malt. Der Sohn lacht: „Ja, das ist Vater!“
Barbara Rütting in Neues vom Hexer (1965 Alfred Vohrer)
Man könnte zu der Ansicht gelangen, das Kino habe unentwegt mit der Malerei ein Hühnchen zu rupfen. Natürlich gab es Minnelli, Tashlin, Pialat, aber tatsächlich ist die Zahl der Überläufer klein. Klopfenstein, van der Schoot, Müller, mehr fallen mir spontan nicht ein. Die famosesten Romane über das Malen (Russell H. Greenans „In Boston?“, Charles Willefords „The Burnt Orange Heresy“, Kurt Vonneguts „Bluebeard“) sind unverfilmt. Unverfilmbar? Warum?
The Moon and the Six Pence (1942 Albert Lewin).
Ein Fahnenmast, ein Tischtuch. In den besten Filmen über das Malen wird wenig gemalt. Es geht darum, was Malerei auslöst, die Unruhe, die Ablehnung. Unvergesslich (in Jacques Beckers Montparnasse 19): das Kalkül des Kunsthändlers, dargestellt von Lino Ventura, der den frühen Tod des erfolglosen Malers abwartet, dann schnell und stapelweise ankauft.
Karel Gott: Oči barvy holubí (Sealed With a Kiss – 1972)
Zeigen lässt sich: Die routinierte Entstehung eines Bildes.
Hurd Hatfield, gemalt von Henrique Medina, The Picture of Dorian Gray (1944 Albert Lewin)
Der ruinöse Verfall eines Menschen. Es gibt Pressefotos, auf denen die Zwillinge Ivan and Malvin Albright bei ihrer irgendwie gruseligen Beschäftigung zu sehen sind, das Bildnis des Dorian Gray in seine letzte Phase zu überführen. Im Blog underpaintings stellt ein Kommentator die schöne Frage nach dem Verbleib all der ausrangierten Gemälde, those portraits used in movies … like „Rebbeca“, „Portrait of Jenny“ (Jennifer Jones) …?
Wenn es ein großes Museum gäbe… Es müsste darin auch das Bett stehen, an dessen verziertem Kopfende das gemalte Gesicht Alida Vallis prangt. Der Betrachter würde dann, wie einst Gregory Peck in The Paradine Case (1947), Alida Vallis Blick nicht ausweichen können.
The Lady in Cement (1967 Gordon Douglas)
Um irgend etwas in der Hand zu haben, hat der Detektiv (Frank Sinatra) diese Zeichnung in Auftrag gegeben. Sie entstand aus dem Gedächtnis des Künstlers.
The Big Clock (1948 John Farrow)
Die Malerin (Elsa Lanchester) hat mit eigenen Augen den Mann gesehen, der des Mordes verdächtigt wird. Sie fertigt ein Phantombild an. Sie malt modern.
After Hours (1985 Martin Scorsese)
Die Zeichnung für diesen Steckbrief entstand ursprünglich aus zärtlichem Interesse am Dargestellten. Eine Komödie randvoll mit Angst – vor den Frauen, vor dem Lebendigbegrabensein, vor der Kunst – stark inspiriert von den Filmen Roger Cormans.
The Tomb of Ligeia (1964 Roger Corman)
Die Initialen einer Anderen, mit blauem Wachs auf Schweinebraten.
Nie übertroffene Darstellung der Unversöhnlichkeit. Olivia de Havilland in The Heiress (1949 William Wyler). Gegen das, was an ihre Tür klopft, stickt sie das nutzlos gewordene Alphabet zu einer unverrückbar stummen Barrikade.
The Agony and the Ecstasy (1965 Carol Reed), das ist vielleicht der schönste Film über die Malerei – weil Charlton Heston als Michelangelo, „born to sculpt, not paint“, die Schufterei, die Erschöpfung plastisch erfassbar macht, samt seiner Wut, dass man ihn von wichtigerem Schaffen abhält wegen dieser Sixtinischen Kapelle. Der Auftraggeber, Rex Harrison als Papst Julius II., geboren eine Rüstung zu tragen, ist der erste Bewunderer des neuen Werks. Er sieht einen Himmel aus Muskeln und Adern, aus Fleisch und Blut, stolz und schamlos. ****
Dorothy Malone und Jerry Lewis in Artists and Models (1955 Frank Tashlin)