Wider besseren Wissens treibt mich gelegentlich die Sehnsucht ins Kino, unter den neuen amerikanischen Produktionen einen schönen B-Film zu entdecken. In diesem Sinne habe ich mir von „The Fast and the Furious“ von Rob Cohen tatsächlich etwas erwartet. Doch Anflüge cineastischer Sentimentalität werden – zurecht – hart bestraft.
Die Exposition verschwendet nicht viel Zeit. Es geht gleich zur Sache. Ein mit elektronischen Gütern beladener Lastwagen wird von einer Bande von „Racern“ gekapert, die Ladung gestohlen. Darauf versucht ein Undercover-Cop (mit einer Obsession für schnelle Autos) Anschluß bei einer Gang zu finden, die illegale Straßen-Rennen veranstaltet. In diesem Umfeld vermutet die Polizei die Täter. Nach einer Weile gelingt es dem Cop den Respekt des Gang-Leaders (Van Diesel) zu gewinnen. Zwischenzeitlich wird eine fiese, herumballernde und Menschen quälende asiatische Motorrad-Gang verdächtigt, doch schließlich stellt sich heraus, daß die Gruppe um den Gang-Leader, der inzwischen zum Freund des Cops geworden ist, tatsächlich die gesuchten Täter sind. Der finale Showdown zwischen dem Cop und seinem kriminellen „Racer“-Freund wird natürlich durch ein letztes Rennen ausgetragen. Der Freund unterliegt, doch der Cop läßt ihn laufen. Männerfreundschaft rules. So weit, so öde.
Machmal gelingt es dem Film seine Story wie eine Schnecke, die sich versehentlich auf die Autobahn verirrt hat, zu überrollen und hinter sich zu lassen. In diesen wenigen Momenten löst er das Versprechen seines Titels ein. Über weite Strecken muß man jedoch viel Müll schlucken, der immer saurer aufstößt. Die Mitglieder der Gangs sind verschiedener ethnischer Verkunft, jedoch jeweils auf abgedroschendste Klischees reduziert. (Daß der Film mit seinen Hauptfiuguren auch nicht anders umgeht, macht die Sache nicht besser.) Afro-Amerikaner erscheinen als Sex-Trottel, Latinas als „feurige“ Schlampen und Asiaten wahlweise als Nintendo spielende Idioten oder heimtückische Sadisten. Frauen tauchen nur als Beifahrer-Flittchen auf. Lediglich die Freundin des Gang-Leaders, gespielt von Michelle Rodriguez, darf kurzzeitig auch mal selber einen Wagen lenken. Abgesehen davon hat Michelle Rodriguez, die in „Girlfight“ eine beeindruckende Performance gegeben hatte, nicht viel mehr zu tun, als penetrant grimmig zu gucken und sich von Van Diesel angrapschen zu lassen.
Monte Hellman´s Meisterwerk „Two Lane Blacktop“ (1971) ist ebenfalls in einem Umfeld von männlichen Personen mit einer Obsession für illegale Autorennen angesiedelt. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten dieser beiden Filme auch schon auf. Allein cinematographisch liegen Welten zwischen „TLB“ und „The Fast and the Furious“. Darüber hinaus schwingt in „TLB“, bei aller Faszination für die reine Bewegung, immer auch die Trostlosigkeit dieser abgeschlossenen, welt- abgewandten Männerwelt mit. Hellman ist so aufrichtig und genau, zu zeigen, wie schnell die Koordinaten aus den Fugen geraten, wenn eine Frau (bzw. ein Mädchen) erscheint, die sich nicht als anschmiegsame „Beifahrerin“ in dieses Universum integrieren läßt und genau dies als etwas erzählt, vor der seine männlichen Protagonisten (unter anderem) auf der Flucht sind. Von dieser Brechung ist in „The Fast and the Furious“ nicht einmal ein Hauch zu vernehmen.
Was bleibt? Die Hoffnung, daß Michelle Rodriguez nicht weiter in solchen Rollen verheizt wird. Die tiefe Stimme von Van Diesel (der zuvor in dem düsteren, gänzlich ironiefreien neuseeländischen Science-Fiction-Horror-Film „Pitch Black“ aufgefallen war), die selbst dämlichste Dialoge zu einem Sound verwandelt, der nach fernem Donnergrollen klingt. Und eine rasante Kamerafahrt durch das Innere eines Motors. „Innenleben“ mal anders.