Mai 2007

Donnerstag, 31.05.2007

Sinnerman In Heaven

Bin dann gestern doch noch in „Inland Empire“ gegangen und war positiv überrascht (oder wollte ich vielleicht positiv überrascht werden?) Jedenfalls hatte ich vorher gewisse Sorgen, dass mir der Film zu düster sein könnte, ein Freund hatte von Beklemmung beim Sehen gesprochen, aber von alldem dann keine Spur, im Gegenteil: Schon während der ersten Stunde hatte ich das Gefühl, noch nie einen so leichten Lynch gesehen zu haben. Und als dann die Tür geöffnet wurde, lag dahinter kein Labyrinth, sondern der Blick durch ein Kaleidoskop. Es war, als würde man ein Mandala ausmalen, und so konnte der Film denn auch nicht anders als fröhlich enden. In „Eraserhead“ war der Himmel nur ein Lied, inzwischen kann Lynch uns den Himmel zeigen. Wohl kein Zufall, dass er dazu erst nach Polen kommen musste – Katholizismus, ick hör dir trapsen…

Mittwoch, 30.05.2007

Amazing Grace

Ricky Bobby: Dear Lord Baby Jesus, or, as our brothers in the South call you: Jesús, we thank you so much for this bountiful harvest of Domino’s, KFC, and the always delicious Taco Bell. I just want to take time to thank you for my family, my two beautiful, beautiful, handsome, striking sons Walker and Texas Ranger, of T.R., as we call him, and of course my red-hot smoking wife, Carley, who is a stone-cold fox…

Cal Naughton, Jr.: … Mmm…

Ricky Bobby: … who if you would rate her ass on a 100, it would easily be a 94. Also wanna thank you for my best friend, Cal Naughton Jr., who’s got my back no matter what.

Cal Naughton, Jr.: Shake and bake.

Ricky Bobby: Dear Lord Baby Jesus, we also thank you for my wife’s father, Chip. We hope that you can use your baby Jesus Powers to heal him and his horrible leg. It smells terrible and the dogs are always bothering with it. Dear tiny infant Jesus, we —

Carley: Hey, you know, Sweetie, Jesus did grow up. You don’t always have to call him „baby“. It’s a bit odd and off-puttin‘ to pray to a baby.

Ricky: Well, look, I like the christmas-Jesus best and I’m saying grace. When you say grace, you can say it to grownup Jesus, teenage Jesus, bearded Jesus, whoever you want.

Carley: You know what I want? I want you to do this grace good, so that God will let us win tomorrow.

Ricky Bobby: Dear tiny Jesus in your golden-fleece diapers, with your tiny, little, fat, balled-up fists, pawing at the air.

Chip: He was a MAN… He had a BEARD!

Ricky Bobby: Look: I like the baby version best, do you hear me? I win the races and I get the money.

Carley: Ricky, finish the damn grace.

Cal Naughton, Jr.: I like to picture Jesus in a tuxedo T-Shirt, ‚cause it says, like: „I wanna be formal, but I’m here to party, too.“ Cause I like to party, so I like my Jesus to party.

Walker: I like to picture Jesus as a ninja fighting off evil samurai.

Cal Naughton, Jr.: I like to think of Jesus like with giant eagles‘ wings, and singin‘ lead vocals for Lynyrd Skynyrd with like an angel band and I’m in the front row and I’m hammered drunk!

Carley: Hey Cal, why don’t you just shut up.

Cal Naughton, Jr.: Yes, ma’am.

Ricky Bobby: Okay. Dear 8-pound, 6-ounce, newborn infant Jesus, don’t even know a word yet, just a little infant and so cuddly, but still omnipotent, we just thank you for all the races I’ve won and the 21.2 million dollars, wooh!

Carley: Wooh!

Cal Naughton, Jr.: Wooh!

Walker and Texas Ranger: Ahh!

Ricky Bobby: Love that money! That I have accrued over this past season. Also, due to a binding endorsement contract that stipulates I mention Powerade at each grace, I just wanna say that Powerade is delicious, and it cools you off on a hot summer day. And we look forward to Powerade’s release of Mystic Mountain Blueberry. Thank you, for all your power and your grace, dear baby God, Amen.

[Talladega Nights: The Ballad of Ricky Bobby, USA 2006, Regie: Adam McKay]

Mittwoch, 23.05.2007

Zeitschriften-Hinweis

„Die Deutschen sind wieder wer, zumindest im englischen Kinoleben. “The Life of Others” schaffte es auf Anhieb in die Box-Office-Top-Ten! Und “Downfall” war auch sehr interessant! Und über “Goodbye Lenin” lachen wir noch heute – konzedieren sogar Leute, die sonst wenig am German sense of humour finden. Ach ja, und die Scholl-Story. Der wohlwollende TimeOut-Kritiker sieht schon die goldenen 70er wieder heraufziehen. Namen wie Herzog, Schlöndorff fallen. Die geschichtsfaule Selbstbeschaulichkeit des neudeutschen Films, die Anekdotisierung des Grauens, die fernsehaffine Gefühlsstromlinie stören im Vereinten Königreich nicht groß. Denn solcher Historienduseligkeit gibt man sich hier selber auch gern hin, als sei es eine Unterart der Gärtnerei, und spricht ironiefrei von “wir”, auch wenn schon Jahrhunderte ins Land gezogen sind.

Auch dem Besuch aus Berlin ist es aufgefallen, daß überall “The Life of Others”-Plakate hängen. Aber auch das gute deutsche Kino ist vertreten, sage ich irgendwie entschuldigend, und ergänze: Immerhin bringt das Goetheinstitut gerade eine Reihe über die Berliner Schule. Was für eine Schule?, fragen die Berliner.“ (Redaktion „filmtext“, Auslandsdependance London)

Seltener geworden, aber nicht nur deshalb einen Hinweis wert: neue Texte bei filmtext.com.

Sonntag, 20.05.2007

Straub / Huillet / Pavese (III) – Verteidigung der Zeit

Quei loro incontri

Am Dienstag, dem 22. Mai, zeigt 3sat um 23.35 Uhr QUEI LORO INCONTRI (JENE IHRE BEGEGNUNGEN) von Danièle Huillet & Jean Marie Straub ( siehe Dossiers I / II ). Zuvor, um 23.10 Uhr, wird – als Einführung – VERTEIDIGUNG DER ZEIT von Peter Nestler gezeigt. Einiges dazu, und ein Ausblick hier.

Samstag, 19.05.2007

Montag, 07.05.2007

Umzug

Bisher waren wir bei blogger und antville, ab jetzt geht es hier weiter. Auch das Archiv mit allen Einträgen seit November 2001 ist umgezogen.

Großer Dank an Erik Stein für die technische Unterstützung.

Freitag, 04.05.2007

A Trace in the Desert in the Form of a Circle next to a Naked Tree

Erinnerungen an UMUT (1970, Serif Gören/Yilmaz Güney), gesehen vor gut einer Woche: Der Droschkenfahrer, gespielt vom Regisseur Yilmaz Güney selbst, der sein Pferd verliert und den ohnehin ziemlich aussichtslosen Job nicht weitermachen kann. Er rackert sich ab, um Geld für ein neues Pferd aufzutreiben, aber überzeugend sind diese Manöver nicht, zumal die Stadtverwaltung die anachronistischen Gefährte per Dekret verbieten will.

Das harte Schwarz-Weiß und wie die Realität einer Stadt im Umbau in die Bilder hineinsickert: Brachen, halbfertige neue Wohnblocks, Kräne, dagegen die engen Slums, in denen der Droschkenfahrer mit seiner Familie wohnt.

Es waltet eine merkwürdige Grammatik im Film. Später, im Gespräch, wird einer von uns zurecht fragen, ob das denn überhaupt eine Grammatik sei. Stimmt: Es waltet vielleicht keine Grammatik im Film, nicht einmal eine merkwürdige. Mir kam es zum Beispiel vor, als habe Güney eine bestimmte mittlere Einstellungsgröße einfach weggelassen. Die einfachsten Sequenzen bekommen dadurch etwas Unbeholfenes, Stolperndes. Wenn er die beiden Kinder auf dem Weg zum Einkauf filmt, sieht man sie einmal von Nahem und dann, unvermittelt, aus einem ganz exzentrischen Kamerawinkel vom Dach eines Gebäudes aus. Vergleichbares passiert häufig, und es hat eine Desorientierung zur Folge, die zwar gar nicht unangenehm ist, von der man allerdings nicht weiß, welcher Überlegung sich dieser Einfall verdankt. Überhaupt: Das Verhältnis von Einfall und Überlegung. Wahrscheinlich ist das nicht besonders gut, wenn einer zu viele Einfälle hat für seinen Film. Aber genau dies scheint Güneys Film selbst nach einer Weile zu merken, weshalb er sich nach 50 Minuten zur radikalen Einfallsaskese entschließt.

Schluss jetzt: Keine Einfälle mehr! denkt der Regisseur. Doch, diesen einen noch, bittet der Film. Na gut, lenkt der Regisseur ein, aber ehrlich gesagt sind jetzt beide ein bisschen unzufrieden, Film und Regisseur. Der Hauptdarsteller vermittelt.

Mit einem etwas zwielichtigen Typen, der von Beginn an in regelmäßigen Abständen von einem Schatz daherredet, verlassen der Droschkenfahrer und ein Freund die Stadt und machen sich auf die Reise. In der Nähe eines Flusses, zwischen zwei Brücken, gleich neben einem nackten Baum, sei dieser Schatz zu finden. Das ist eigentlich alles, und der Plot wirkt jetzt so karg wie die Wüstenlandschaft, durch die der Film sich mit den drei Figuren und zwei Eseln bewegt. Dieses Zurückschrauben von narrativen Einfällen führt ärgerlicherweise dazu, dass ich als Zuschauer auf einmal glaube, die Einfälle produzieren zu müssen, die der Film mir bisher im Überfluss aufgezwungen hatte und jetzt plötzlich vorenthält. So wie man, wenn das Gegenüber nach einem langen Gesprächsbeitrag schweigt, sich aufgefordert fühlt, nun doch bittschön selbst mal was zu sagen.

Einer dieser Einfälle war der, dass diese Leute mit ihrem Spleen etwas von den Gestalten haben, die man aus Kiarostami-Filmen kennt und dass dieser Film daher auch etwas mit Kiarostamis Filmen zu tun haben müsse. Man kann aber an dieser Kiarostami-Assoziation studieren, dass es nicht automatisch gut sein muss, wenn einem zu einem Film etwas einfällt. Im Gegenteil. Die Bilder aus den Kiarostami-Filmen, an die ich mich erinnerte, waren für das Nachdenken über UMUT überhaupt nicht hilfreich. Diesem Kiarostami-Einfall gegenüber musste ich mich verhalten wie gegenüber einer lästigen Fliege, die sich mit sicherem Instinkt immer dort niederlässt, wo sie besonders stört.

Ich war deshalb dankbar, als der Droschkenfahrer beginnt, einen großen Kreis aus Steinen neben dem Baum auszulegen. Er benutzt seinen Daumen wie eine Wünschelrute, und die bisher eher folkloristische Musik wird von einer türkischen Krautrockvariante abgelöst. Vielleicht lag es an dieser Musik, vielleicht an der Art, wie dieser Steinkreis und der mit der Spitzhacke arbeitende Mann gefilmt sind, jedenfalls ist dieser Film von 1970 plötzlich ganz woanders als bisher, er hat sich vollständig gelöst von der Zeit, der Geografie und der sozialen Realität, die seine erste Hälfte bestimmte. Statt an Kiarostami dachte ich jetzt an Robert Smithson und Jan Dibbets und an die Earth Art Ausstellung, Cornell University, Ithaka 1969. Erdmassen, die bewegt werden, Wahrnehmung von Landschaft als potentieller Skulptur. Mit einem Schatz hatte dieses Loch nichts mehr zu tun, es war ein Beitrag zu etwas ganz anderem als der Erzählung dieses Films oder der Filmgeschichte.

Dass dieser Gedanke nicht weit führt und mit Recht als herbeigeholt bezeichnet werden kann, ist unerheblich. Mir rettete er in diesem Moment Güneys Film, denn einen solchen Schizo-Spagat zwischen neorealistischem Melodram und hochabstrakter türkischer Land-Art Adaption hatte ich in dieser Form noch nicht gesehen.

Donnerstag, 03.05.2007

Veranstaltung

8. Mai 2007, Akademie am Hanseatenweg 10, 10557 Berlin, 19.00 Uhr, Kunst und Öffentlicher Raum – Beispiel Filmkritik: Journalismus und Public Relation in den Medien – mit Rainer Rother, Heike Melba Fendel, Andres Veiel, Günter Rohrbach, Jan Schulz-Ojala, Anke Zindler, Gregor Schwering, Ulrich Greiner, Rüdiger Suchsland und Claudia Lenssen


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