2007

Donnerstag, 05.07.2007

Bob Rafelson

Mit 15 war er Rodeoreiter in Arizona, mit 17 Matrose auf Transatlantikschiffen, mit 19 Jazz-Schlagzeuger in Acapulco und Radio-DJ in Japan, 1966 erfand er „The Monkees“. Gemeinsam mit Bert Schneider gründete er die Produktionsfirma BBS, eine Geburtsstätte des „New Hollywood“. Seinem Regiedebüt HEAD folgten in großen zeitlichen Abständen Filme quer durch alle Genres. In etwa jedem zweiten: sein Freund Jack Nicholson. Er wolle in seinem Leben nur zehn Filme machen, so gut wie FIVE EASY PIECES, das hat Rafelson vor 35 Jahren gesagt. „So malte er nur wenig und langsam, (…) am liebsten schöne Weiber nach der Natur oder solche männlichen Köpfe, deren Inhaber Geist, Charakter und etwas Erlebnis besaßen, (…) Heiße Sinnlichkeit, und eine geheimnisvolle Trauer waren ziemlich die Elemente seiner Tätigkeit.“ (aus: „Der grüne Heinrich“ von Gottfried Keller)

Im neuen REVOLVER-Heft gibt es ein Interview mit Bob Rafelson, auf das Franz Müller und ich ganz stolz sind. Aber das Folgende hat er uns nicht erzählt.

Bob Rafelson: I once had a conversation with Eric Rohmer who… I can’t remember which picture it was, it might have been CLAIRE’S KNEE, where he visited the set a year before he shot the picture and spent two days planting tulips in a garden bed around the house because he wanted a certain color to work its way into the frame.

Peter Tonguette: That’s extraordinary.

Bob Rafelson: Just by the way, at the time he and I had met he was sort of running out of Lincoln Center and I was sitting somewhat forlorn on the steps while a picture of mine was screening and a picture of his was screening. And I think I might have met him before, but I didn’t recognize him, and he just looked nervous and he bummed a cigarette from me. He was very shy and I said, “Are you Eric Rohmer?” And he sort of gave me a half-assed answer, like he could be or maybe he isn’t or who was I. I said, “I’m Bob Rafelson.” He said, “Oh, FIVE EASY PIECES?” “Yes,” I said. And I said, “Would you like to see my neighborhood? I was born just a few minutes from here.” And he said, “Yes.” So we got into a taxi and started to drive around and very slowly he removed an artificial moustache he was wearing and folded it into his wallet. [Laughter] And under that was the real Eric Rohmer. And we spent the whole night walking through my neighborhood and talking about our life stories and then—I think this was during the screening of Marvin Gardens—he wound up spending several years with the sister of my co-author. So that was the relationship. And we talked a little bit about framing and color and precision.

Mittwoch, 04.07.2007

1/100

Die Geschichte vom experimentellen Psychologen, der, befragt nach dem großen und kostspieligen Gerät, das im Zentrum seines Forschungsprojekts zur Mediennutzung stehen sollte, antwortete, es diene dazu, die Augenbewegungen und Hirnströme zu messen und wenn er, der Literatur- und Medienwissenschaftler, sich einmal probehalber daran anschließen lassen möge, werde das Gerät problemlos nachweisen können, dass ihm die hochgeschätzten Filme von Godard in Wirklichkeit gar nicht gefallen.

Langtext-Hinweise

* Robert Bramkamp: Danièle Huillet. Filmemacherin im Film

15. Juni 2007, Einführung zur gleichnamigen Filmreihe im Zeughaus-Kino. Mit zwei Filmausschnitten von Straub/Huillet-Interviews (1988 und 1997).

* Eine Hexe, die eine Menge Energie verbraucht

Ein Gespräch, das Robert Bramkamp 1997 mit Danièle Huillet und Jean-Marie Straub über ihren Film „Von Heute auf Morgen. Oper in einem Akt von Arnold Schönberg“ führte.

Dank an Robert Bramkamp.

Sonntag, 01.07.2007

Langtext-Hinweis

* Johannes Beringer: Andi Engels Kino-Enthusiamus

Freitag, 22.06.2007

Für Berry

STECKBRIEF 7-73 (HE RAN ALL THE WAY) Shelley Winters und John Garfield. Morgen früh um 3:05 in der ARD, gute Zeit für diesen ganz großen kleinen Film von 1951. Musik: Franz Waxman. Kamera: James Wong Howe. Unter den Drehbuchautoren: Dalton Trumbo (uncredited, blacklisted). Regisseur John Berry floh im selben Jahr vor der Kommunistenjagd (als man in seine Wohnung eindrang) durchs Fenster. „A friend of mine said, ‚It might not be six months [in jail], it could be for years. You’ve got to know that you could crack.‘ I think I’m enough of a resister. I don’t think I would have cracked. Anyway, he told me to go out on the road for a while — some guys had already been sentenced. So I went, as if I were a dangerous criminal. I did that for six weeks. Then I made my way to France.“ Das Kino MacMahon zeigte, als er 1999 in Paris starb, noch mal zu seinen Ehren HE RAN ALL THE WAY.

Donnerstag, 21.06.2007

Frage an den Leser

Stellen Sie sich vor, Ihnen fiele im Elektrofachhandel „Der BRD-Film-Kanon 1949-1990 als DVD-Edition im Schlangenlederschuber“ in die Hände. Interessiert läsen Sie die Liste der Filme: ALRAUNE (Arthur Maria Rabenalt, 1952); DER CORNET (Walter Reisch, 1955); BARBARA – WILD WIE DAS MEER (Frank Wisbar, 1961); DIE ENDLOSE NACHT (Will Tremper, 1963); OLD SHATTERHAND (Hugo Fregonese, 1964); EIN ARBEITERCLUB IN SHEFFIELD (Peter Nestler, 1965); PLAYGIRL (Will Tremper, 1966); MÄDCHEN MIT GEWALT (Roger Fritz, 1969); NICHT FUMMELN, LIEBLING (May Spils, 1969); BRANDSTIFTER (Klaus Lemke, 1969); ENGEL, DIE IHRE FLÜGEL VERBRENNEN (Zbynek Brynych, 1969); ROCKER (Klaus Lemke, 1971); CHAPEAU CLAQUE (Ulrich Schamoni, 1973); PAUL (Klaus Lemke, 1974); DIE HAU SCHAU (Arend Agthe, 1975); AMORE (Klaus Lemke, 1978); MONARCH (Manfred Stelzer & Johannes Flütsch, 1979); JOHNNY FLASH (Werner Nekes, 1986); SUKKUBUS (Georg Tressler, 1988);
DER MANN AUS DEM OSTEN (Christoph Willems, 1990); LEBEN BRD (Harun Farocki, 1990). Nehmen wir einmal an, Sie wären mit der Auswahl nicht restlos glücklich. Das mag ja sein. Die kommende Ausgabe von Sigi Götz Entertainment wird einen weitaus umfassenderen und verbindlich gültigen Sub-Kanon des deutschen Films vorstellen. Die heutige Frage aber gilt nun lediglich dem Filmtitel, den Sie in der Liste am meisten vermissen und der Sie, wäre er im „BRD-Film-Kanon 1949-1990“ enthalten, spontan zum Kauf der ganzen DVD-Edition im Schlangenlederschuber verführen würde? Gefragt ist nach einem einzigen Film. Überlegen Sie gut, Sie haben Zeit.

Mittwoch, 20.06.2007

* Als zöge man sich klobige Holzpantinen an die Füße zum Tanzen.

Sonntag, 17.06.2007

If it’s the Madonna who says so

In Tag Gallaghers 900-seitiger Rossellini-Biographie erfährt man Einiges über den Entstehungs- und Rezeptionskontext seines vermeintlich reaktionären letzten Kinospielfilms Anno uno, der vergangene Woche im Arsenal lief und von Lukas Foerster nicht zu unrecht verteidigt wird. Rossellinis Film über Alcide de Gasperi war vom Parteichef der Christdemokraten Amintore Fanfani und dem mindestens nationalkonservativen Industriellen Edilio Rusconi initiiert worden. Rossellini entwickelte Anfang der 1970er erstaunlich disparate Projekte und Kooperationen: mit dem American Film Institute war ein Film über die Amerikanische Revolution in Vorbereitung, der Washington, Paine und Turgot in ein ideengeschichtliches Gespräch verwickelt hätte; es gab ein Diderot- und ein Marx-Projekt; 1973 hoffte Rossellini, dass der Shah von Persien, Mohammed Reza Pahlavi, einen Film finanzieren würde, der den Arbeitstitel „Die Geschichte des Islam“ trug; durch Vatikan-Kontakte war Rossellini Anfang der 1970er Jahre auch bereits mit dem TV-Produzenten Father Patrick Payton im Gespräch, der am Messias-Projekt interessiert war. Gallagher behauptet, Payton sei unvermittelt in Rossellinis Hotelzimmer aufgetaucht und hätte, während sich die Geliebte des Regisseurs, Silvia D’Amico, auf dem Bett räkelte, Rossellini mitgeteilt, dass ihm die Madonna erschienen sei, mit der Botschaft: „You must make a film on the Messiah and the director has to be Rossellini.“ Darauf Rosselllini: „Well, if it’s the Madonna who says so…“. Silvia D’Amico war es auch, die in Anno uno als executive producer fungierte. Die D’Amico-Familie wurde dem Visconti-Clan zugerechnet; um mit Silvia D’Amico zu leben, der er ausgerechnet am Sterbebett von Anna Magnani näher gekommen war, verließ Rossellini nicht nur seine Frau Sonali, sondern brach auch mit einer ganzen Reihe politischer Freunde, die ihn nun auf der falschen Seite wähnten und sich mit dem Gasperi-Projekt doppelt bestätigt sahen. Die Unterschrift bei Rusconi, den die Linke als Neo-Faschisten betrachtete, war die lukrativste in Rossellinis Karriere. Hinzukam, dass der überzeugte Antikommunist Gasperi, der unter Mussolini über ein Jahr inhaftiert war, bevor er sich dann in die Bibliothek des Vatikans zurückzog, von der italienischen Linken als historische Schlüsselfigur des bürgerlichen Transformismo betrachtet wurde, der die Ideale der Resistenza in eine zwar post-faschistische, aber kapitalistische Gegenwart überführt, also verraten hatte (in Anno uno spricht Gasperi – ob den Diskursen der Zeit oder Rossellinis Haltung geschuldet – von Jesus als dem „ersten Proletarier“). Anno uno steht der historischen Figur Alcide De Gasperi wohl eindeutig zu unkritisch gegenüber – beispielsweise was seine Rolle bei der Inhaftierung ehemaliger Resistenza-Mitglieder und der Freilassung von Größen des faschistischen Regimes anbetrifft. Davon unberührt bleiben jedoch Szenen wie jene im ruralen Süditalien, die Gasperi in einen Raum stellt, der seine demokratische Performanz ästhetisch und politisch einklammert, ihm den rationalen Kern, das Bemühen um gelingende Verständigung aber gerade nicht im Namen einer scheinrevolutionären Idee abspricht: der Rahmen des Bildes als Grenze einer Sprache, auf die auch die Linke nicht verzichten kann.

Freitag, 15.06.2007

Vermischte Nachrichten

* Heute und morgen im Zeughauskino Berlin: 6 Filme mit Danièle Huillet, ausgewählt von Antonia Weiße und Jörg Frieß. Danièle Huillet. Filmemacherin im Film.

* Seit gestern im Filmtheater Friedrichshain und Cinéma Paris: 7. Französische Filmwoche, unter anderem mit „Dans Paris“ und „Lady Chatterley“.

* „Lady Chatterley“ kommt auch, in der 40 Minuten längeren TV-Fassung, am kommenden Freitag auf arte (22.06.07, 20.40 Uhr).

* Nebenan in Christoph Hochhäuslers parallel film-blog findet zurzeit so etwas wie eine kleine David Lynch-Debatte statt.

Montag, 11.06.2007

Ousmane Sembène (1. Januar 1923 – 9. Juni 2007)

* David Murphy: An African Brecht


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