2015

Donnerstag, 31.12.2015

2015

Ende 2015, Volker und ich, wir hatten die Listenmail dieses Jahr nicht rausgeschickt (vergessen, lustlos, unleidlich), und einer hat aber eine Liste gemacht, Rainer Knepperges:

Auf Leinwänden in Aachen, Barcelona, Bologna, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Mannheim, München. Und zuhause. (14:14)

Eszter Balint > Louie: Elevator (2014 Louis C.K.)
H.B. Warner > The King of Kings (1927 Cecil B. DeMille)
Herr Weber > Erotic Blue 3 (2015 Herr Weber)
Michael Cera > Crystal Fairy (2013 Sebastian Silva)
Karin Viard > La Famille Bélier (2014 Eric Lartigau)
Die unsichtbare Spur (2015 Bruno Sukrow)
Lloyd Bridges > Little Big Horn (1951 Charles Marquis Warren)
Marlene Dietrich > No Highway in the Sky (1951 Henry Koster)
A Canterbury Tale (1944 Powell & Pressburger)
Helga Feddersen > Vier Stunden von Elbe 1 (1968 Eberhard Fechner)
Peter Falk > Mikey and Nicky (1975 Elaine May)
Miranda Hart > Spy (2015 Paul Feig)
Beverly Washburn > Pit Stop (1969 Jack Hill)
Ann Sheridan > Woman on the Run (1950 Norman Foster)
Jazz on a Summer’s Day (1959 Bert Stern, Aram Avakian)
Fünf Stereodamen (2013 Maria Ittel)
United 93 (2006 Paul Greengrass)
Elgar – Portrait of a Composer (1962 Ken Russell)
Paul Rudd > Ant Man (2015 Peyton Reed)
Ingrid Bergman > The Bells of St. Mary (1945 Leo McCarey)
Silvie Winter > Liebe so schön wie Liebe (1970 Klaus Lemke)
Zasu Pitts > Alum and Eve (1932 George Marshall)
Dave Allen in Search of the Great English Eccentric (1974 Robin Brown)
Hans Söhnker > Frau nach Maß (1940 Helmut Käutner)
Meryl Streep > Silkwood (1985 Mike Nichols)
Michelle Pfeiffer > Lady Hawk (1985 Richard Donner)
Tom Hanks > Bridge of Spies (2015 Steven Spielberg)
Jennifer Lawrence > Joy (2015 David O. Russell)

Freitag, 18.12.2015

Karten, Pläne (VI)

Remake Remix
Cüneyt Arkın

Man hänge alle Negative seiner Filme aneinander und die Welt wäre zweimal umrundet. Das sagt dieser Mann mit einem Lächeln.
Wie es möglich gewesen sei, wöchentlich einen Film zu drehen, wollte schon Bogdanovich wissen – von Allan Dwan. Dessen Antwort war: Er habe alle neuen Griffith-Filme angeschaut und mit den eigenen Schauspielern kopiert, so sei dann jedes Mal ein ganz neuer Film entstanden.
Zwischen unendlich vielem, was man über das türkische Kino erfahren und über das Kino der Welt begreifen kann, zeigt Remake Remix Ripp-Off (2014 Cem Kaya) auch, wie in der Not ein Kamerawagen zu bauen ist: Mit vier Stücken Seife an Stelle der Räder.
Im Zustand höchster Konzentration übergeht dieser erstaunliche Film nichts: Nicht die Zensur, nicht die Löhne der Filmarbeiter, nicht die Traurigkeit eines Regisseurs, der nie einen wirklich guten Film gemacht zu haben glaubt.

Cem Kaya stellt außerdem die Rätselfrage: Warum ist das allerpopulärste Vergnügen manchmal das bestgehütetste Geheimnis eines Landes?

1935  The Farmer Takes a Wife - Victor Fleming
The Farmer Takes a Wife (1935 Victor Fleming)

Hier wird mit einer Zahnarztzange auf den Erie-Kanal gezeigt.

Auf einer Wegstrecke beheimatet zu sein, davon erzählen die Binnenschifffahrtsfilme. Ein schönes Genre.

“And you’ll always know your neighbour / And you’ll always know your pal / If you’ve ever navigated on the Erie Canal”

1936 Everything is thunder - Richterich three miles from Aachen
Everything is thunder (1936 Milton Rosmer), „three miles from Aachen“.

Für den britischen Kriegsgefangenen und die Deutsche, die ihn liebt, gibt es einen Fluchtweg raus aus Deutschland.
Es reicht dem Schlepper ein Bierdeckel. Drei Meilen außerhalb von Aachen liegt Richterich. „A“, Pfeil, „R“. Beängstigend abstrakt ist diese Zeichnung.

mysterious mr.moto 1

mysterious mr.moto 2

Mysterious Mr.Moto (1937 Norman Foster) via

Mr. Moto war, von Peter Lorre dargestellt, die Antwort auf die Frage: Wer soll in einem guten Krimi die mysteriöseste Gestalt sein? Eindeutig: der Detektiv.

Gerecht wäre, Norman Foster (1903 – 1976) würde als Film-Noir-Erfinder mit Retrospektiven rund um den Globus geehrt. Auf die Fährte des gleichnamigen Architekten gehört hingegen das Warnschild „langweiliger Irrweg“.

L’Assassinat du Père Noël 1941 Christian-Jaque
Harry Baur in L’Assassinat du Père Noël (1941 Christian-Jaque) via The Cine-Tourist

“Ich gäbe viel darum, wenn ich mir die historische Betrachtung der Welt wieder abgewöhnen könnte. (…) Die Geschichte stellt alles so dar, als hätte es nicht anders kommen können. Es hätte aber auf hundert Arten kommen können.“ (Elias Canetti, 1950)

1942 Desperate Journey  - Raoul Walsh
Desperate Journey (1942 Raoul Walsh)

Auch Thomas Klimowski sammelt auf dem Feld Kartografie und Kino

Die Spur führt nach Berlin
Die Spur führt nach Berlin (1952 Franz Cap)

Streifenwagen rasen rund um den Delphi-Filmpalast. Ein deutscher Nachkriegsfilm, als wär’s ein amerikanischer Polizeifilm. Ein Berlin, das aussieht wie Chicago ohne Häuser. Mit Barbara Rütting als Russin. Und das wilde Finale zeigt die Reichstagsruine als graffitigeschmücktes Schlachtfeld.

Unter Franz Caps Regie war Barbara Rütting auch Die Geierwally (1956), die cool durchs überhitzte Drama schreitet; die in kalter Atmosphäre fiebrig glüht. Vom vergessenen František Čáp würde ich gerne mehr sehen. Beispielsweise Mafia – Die ehrenwerte Gesellschaft (1966).

1953 Operation Diplomat - John Guillermin
Operation Diplomat (1953 John Guillermin)

Der geheime Ort, wohin ein Diplomat entführt wurde, muss gefunden werden – mit Hilfe der Erinnerung an Klänge, entlang der blind zurückgelegten Wegstrecke.

Bad Day at Blackrock1 1955 Sturges
Bad Day at Black Rock (1955 John Sturges)

Finger, Pfeile, Stifte, Zirkel… Hier ist es mal ein Zug, der zeigt. Und der Ort ist so übersichtlich, dass niemand einen Plan vermisst.

1956  Bigger Than Life - Nicholas Ray

1956 - Bigger Than Life - Nicholas Ray
Bigger Than Life (1956 Nicholas Ray)

Historische Landkarten zieren die Wände im Haus des manisch-depressiven Mannes (James Mason). Seine Frau (Barbara Rush) hofft, die heiteren Erinnerungen in ihrem Fotoalbum könnten gegen die finstere Inspiration ankommen, die er aus der Bibel bezieht.

1957 The One That Got Away a

1957 The One That Got Away b
The One That Got Away (1957 Roy Ward Baker)

Um so liebevoller ein Plan vor unseren Augen skizziert wird, um so mehr sagt uns die Erfahrung: Das Vorhaben wird nicht gelingen.

In La Bonne Année (1973) zeigt Claude Lelouch den Plan eines Juwelenraubs als Plansequenz. Vom Hubschrauber aus gefilmt: Der Probedurchlauf einer Fluchtfahrt – mit dem Mercedes zum Hafen und weiter mit dem Motorboot übers Meer. Das Tatsächliche dient Lelouch zur Anschauung des vage Vorstellbaren.

Quatermass Quatermass II
The Quatermass Xperiment (1955 Val Guest), Quatermass II (1957 Val Guest)

the day the earth caught fire 1961 Val Guest
The Day the Earth Caught Fire (1961 Val Guest)

Val Guest hat einige ausgesprochen beängstigende Katastrophenfilme und einige ausgesprochen alberne Komödien gemacht. In beiden Genres kommen, glaube ich, die gleichen Tugenden zum Einsatz. Joe Dante ist ein großer Fan von Guests The Abominable Snowman (1957). Sehr gut gefiel mir auch Dangerous Davis – The Last Detective (1980).

A Shot in the Dark 2

A Shot in the Dark 3

A Shot in the Dark 4
Peter Sellers und Graham Stark in A Shot in the Dark (1964 Blake Edwards)

Nicht mehr nur von Globen, sondern auch von Globussen sprechen zu dürfen, ist lautmalerische Anerkennung der Gefahren der Rotation.

1965 That Darn Cat - Robert Stevenson
That Darn Cat! (1965 Robert Stevenson) via

Für den 15. Hofbauerkongress (7. – 11.Januar 2016) und die 66. Berlinale-Retro (11.-21. Februar) lässt sich gemäß der Mengenlehre eine Schnittmenge imaginieren: Das Spukschloss im Salzkammergut (1966 Hans Billian).

Mehr über 1966 im neuen SigiGötz-Entertainment

1966 - The Beatles, Hamburg, Polizeischulungsfilm
The Beatles am 26. Juni 1966 in der Ernst-Merck-Halle (hergestellt vom Filmtrupp des Kommandos der Schutzpolizei -111-)

Im Kontrast zu den Ekstasen der „Beat-Anhänger“ stellt sich die Polizei in dieser dokumentarischen Eigenproduktion als nüchtern und pragmatisch dar, zumindest im Tonfall des Kommentars gelingt ihr dies. Zu sehen sind vor der ausverkauften Konzert-Halle viele Neugierige, die der polizeilichen Aufforderung „sich nach Hause zu begeben“ nicht folgen, und deshalb den Einsatz des Schlagstocks zu spüren bekommen. Über Lautsprecher wird an die Vernunft der Leute appelliert, die mit Wasserwerfern um den Dammtorbahnhof herum gescheucht werden. 117 Festnahmen. Und schon am folgenden, regnerischen Morgen ermöglicht ein „vereinfachtes Jugendverfahren“ die Urteilssprüche gegen die „Störer“.
Ein Film, der verwirrt. Ob dieses seelenruhige Pro-Eskalations-Training noch die Handschrift des Polizeisenators Helmut Schmidt trug, oder ob sich darin Kommendes ankündigte, kann ich nicht sagen.

1968 - Banditi a Milano (Carlo Lizzani )
Banditi a Milano (1968 Carlo Lizzani)

Im Filmclub 813 sah ich Lizzanis Banditen von Mailand.
Darin gerät das, was andere Action-Krimis im Hintergrund abhandeln, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Die Passanten, die zufällig eine Kugel abbekommen.

Atlantic ocean floor, National Geography 1968
Heinrich C. Berann: Atlantic Ocean Floor, National Geographic, 1968

Zu sehen, dass auf dem Grund des atlantischen Ozeans etwas Seltsames liegt, kontinentgroß. Es könnte ein Krokodil sein. Oder auch zwei.

Freitag, 27.11.2015

Ein Toast auf Aimé !

Ozu at the Bar

Ein kleines Dossier zum neuen Film von Jean-Marie Straub – L’AQUARIUM ET LA NATION

Montag, 23.11.2015

Hinweis

Morgen, Dienstag 24.11., findet ab 20.30 Uhr eine »Night for James Agee« statt, im Image Movement, Oranienburger Strasse 18, die »Book Release + Film Screening + Reading« beinhaltet. Weiteres dazu im Kommentarfeld unten.

Freitag, 13.11.2015

Paul Sharits

»Paul Sharits, July 8 [1982]: shot with a shotgun in the doorway of some dingy Buffalo bar. Mistaken identity, the mistook him for somebody else. Spleen removed.
Paul Sharits, 1981: went to a friend’s house. Couldn’t remember where his friend hid the key, tried to get into the house through the roof window. Fell down. Broke his pelvis.
Paul Sharits, 1980: stabbed in Buffalo bar, during an argument with a stranger. I was with Paul in a New York bar once when he turned to a young woman who was there with a man and he said, „Why are you with that guy? Have a drink with me.“ The woman ignored him. That time he was lucky.

[…]

Paul Sharits, 1990: smoke was noticed in Anthology’s lobby. Manager called the Fire Department. The smoke was coming from the toilet room. There was Paul Sharits with a fire thrower in his hands and a young woman in strange garb. Paul was burning holes in her dress. He had decided to become a fashion designer. He was producing his first dress.«

[Jonas Mekas: Anecdotes from the Life of Paul Sharits… As Far as I Remember]

– veröffentlicht in PAUL SHARITS, dem imposanten, 2642 g schweren, jetzt erschienenen „Katalog und Werkverzeichnis“, hg. von Susanne Pfeffer, London: Koenig Books / Friedericianum 2015

Donnerstag, 12.11.2015

Pickfords Werke

Mary-Pickford-Fans aus dem Raum Saarlorlux, die die Retrospektiven 1965 in Paris und 2015 in San Francisco verpasst haben, können sich am 20./21.11. in der Kinowerkstatt St. Ingbert einige ihrer schönsten Werke anschauen. Ich führe jeweils kurz in die Filme ein.

Samstag, 07.11.2015

Wolf-Eckart Bühler

Nächste Woche in München, von Donnerstag bis Sonntag, vom 12. bis 15. November: die Filme von Wolf-Eckart Bühler, hoffentlich in Anwesenheit von Wolf-Eckart Bühler. Wer sich für die Geschichte der Zeitschrift „Filmkritik“ interessiert, für Filmkritik allgemein, auch dafür, wie das Fernsehen einmal Filmgeschichte vermittelte, und für einen Menschen, der viel zu erzählen haben dürfte, der sollte sich rasch noch auf die Suche nach einem Sparpreis der Bahn begeben.

Mittwoch, 04.11.2015

Chris Marker: Kommentare

Bei Brinkmann und Bose sind vor einiger Zeit die „Commentaires“-Bände Chris Markers in deutscher Übersetzung erschienen:

Chris Marker. Kommentare 1 + Kommentare 2
Aus dem Französischen v. Erich Brinkmann u. Rike Felka

Bd. 1: Br., 176 Seiten, ca. 300 Abb., 28 EUR, ISBN 978-3-940048-21-9
Bd. 2: Br., 176 Seiten, ca. 300 Abb., 28 EUR, ISBN 978-3-940048-22-6

Die französischen Erstausgaben erschienen 1961 und 1967 und seit Jahrzehnten vergriffen. Hier drucken wir mit freundlicher Genehmigung des Verlags einen Auszug aus Bd. 2 ab; die ersten Minuten von Si j’avais quatre dromadaires (1966).

Montag, 26.10.2015

Fastentuch 1472

Sich mit einem fremden Objekt befassen – nicht aus dem Weltraum, sondern aus dem eigenen Kulturraum, dem europäisch-deutschen (Zittau im Dreiländereck Deutschland, Tschechien, Polen). Ein irdisches Objekt also, von dem wir uns geschichtlich so weit entfernt – uns ihm entfremdet – haben, dass es uns tatsächlich vorkommt wie von einem andern Stern. Ein Objekt allerdings, das eine ganz vertraute Geschichte erzählt, in Bildern und Worten spricht, die an etwas rühren, das uns von altersher bekannt sein müsste.
Mehrfache Arbeit, die dieser Film leistet: er bringt uns optisch / kinematographisch die Bilderzählung nahe, die auf dem Grossen Zittauer Fastentuch in einer Folge von neunzig Bildern dargestellt ist – und findet eine Sprache für dieses (aus dem Alten und dem Neuen Testament) Dargestellte. Er begibt sich in die Bilder hinein, spricht aus ihnen heraus, transponiert den darin enthaltenen Ausdruck samt den Legenden in ein heute verständliches Deutsch. Dann bestimmt er – historisch, materiell, ideell – den Charakter dieses Objekts, situiert es durch Interviews mit Personen, die dazu massgeblich etwas zu sagen haben, aus heutiger Perspektive neu.
Das macht, dass uns dieses fremde Objekt sehr nahe kommt – und doch der notwendige (weil gegebene) Abstand gewahrt bleibt. Ein mittelalterliches Weltbild eröffnet sich, das ganz im Glauben lebt, innig ist, von naiver Frömmigkeit. Den da dargestellten biblischen Figuren haftet überwiegend der Gesichtsausdruck eines kindlichen Staunens an, wie wenn der oder die (anonymen) Maler einfach die schöne Einfalt aufgegriffen hätten des gläubigen Volkes um sie herum.

Schon die Bezeichnungen, mit denen wir diese Welt charakterisieren, entfernt sie von uns, macht den Abstand und die ‚Verlorenheit’ klar. (Es sei denn, wir gucken ein bisschen unseren Kindern und vielleicht den Simpeln und Toren zu.) Aber lautet die Lektion nicht vielmehr: verloren waren nicht die Menschen dieser vergangenen Welt, verloren sind vielmehr wir. Wir haben uns (mit unseren heutigen Fantasmen, im Bann der „Technosphäre“, dem „Diktat des Augenblicks“) gut erheben über ein ‚geschlossenes Weltbild’ (das immerhin für eine gewisse Geborgenheit bürgte) – in ein paar Jahrzehnten schon wird man unser heutiges Weltbild als genauso antiquiert ansehen. ‚Was haben die sich bloss eingebildet, damals!’ (Vorausgesetzt irgendeine Art Urteilsvermögen ist noch in Kraft in der künftigen Menschheitsgeschichte.) Und wenn man sich vor Augen hält, dass der Abstand zum Fastentuch-Weltbild (vor dem Hintergrund der ‚Schöpfungsgeschichte’, den ca. 4,6 Milliarden Jahren Evolution auf dem Planeten) eigentlich nicht mehr ist als ein Wimpernschlag, will einem scheinen, dass diese Art Überstürzung und Überhebung nur im Nichts (woher wir gekommen sind) enden kann.

Fastentuch 1472 – Film von Bernhard Sallmann (D 2015, 93 Minuten).
Der Film läuft am 28., 29. und 31.10.2015 auf der Dok-Leipzig. Und am 24. November 2015 in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin.

Dienstag, 20.10.2015

Fünf Punkte, mit denen „Der Marsianer“ ein interessanterer Film hätte werden können

1: Die Handlung wird ausschließlich über die im Film überall vorhandenen GoPros [Achtung: Werbelink] erzählt, wobei darauf verzichtet wird, die GoPro-Einstellungen jedes Mal durch ein darüber gelegtes Raster sowie eingeblendete Schrift kenntlich zu machen. Besonders die Over-shoulder-Kamera, die immer prominent im Bild zu sehen ist, liefert eine dynamische Perspektive, die im aktuellen Film aber kaum eingesetzt wird.

2: Aufgrund der großen Distanz entsteht bei der finalen Rettungsaktion am Schluss eine zwölfminütige Verzögerung beim Funkverkehr vom Mars zu Erde. Diese wird für den Zuschauer des „Marsianers“ natürlich nur kurz erwähnt, aber nicht ausgespielt. Dabei wäre das Insistieren auf den zeitlichen Realismus hier die Gelegenheit gewesen, endlich mal jemanden beim Warten zu zeigen. Mark Watney verbringt über ein Jahr alleine auf dem Mars, statt Kontemplation setzt Scott aber ausschließlich auf Aktion.

3: Als sie auf der Erde mitbekommen haben, dass Mark Watney lebt, fragen sie sich, was er jetzt wohl tut. Daraufhin gibt es einen Schnitt auf einen weiteren schlauen Logbuch-Eintrag des Marsianers, anstatt ihn endlich mal beim Onanieren zu zeigen.

4: Es ist sehr ermüdend fast zweieinhalb Stunden Matt Damon beim Schauspielversuch zuzuschauen. Die Rolle ist für die meisten Schauspieler eine undankbare, weil kaum zu lösende Aufgabe. Warum hier nicht auf vorhandene Passgenauigkeit zurückgreifen und die Rolle des Marsianers mit zwei Schauspielern besetzen? Für den ersten Teil und die dort herrschende Verzweiflung böte sich Nicolas Cage an. Und im zweiten Teil hätte der ausgemergelte und fusselbärtige Mark Watney von Willem Dafoe gegeben werden können.

5: Filmhandlung kann subtil mit Popsongs kommentiert werden. Im „Marsianer“ werden die Songs aber allein aufgrund der überdeutlich passenden Lyrics ausgewählt. Zum Abspann läuft „I will survive“ von Gloria Gaynor! Hier hätte man die Lyrics von jedem Song mittels Karaoke-Untertiteln zum Mitsingen im Film einblenden können, um den Aspekt des Handlungskommentars deutlicher herauszuarbeiten.

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