Telefon (2)
1974 – Il profumo della signora in nero
Es gibt nach groben Schätzungen 1,8 Millionen Szenen in Filmen und Fernsehserien, in denen telefoniert wird. Die meisten Bilder, auf die ich stieß, stammen aus Horrorfilmen. Wie kommt das?
Olaf Möller schrieb dazu (in: Gdinetmao – Abweichungen vom deutschen Film): „Die Bande des Schreckens war vielleicht der Schlüssel-Wallace, der war so heftig mit seiner abstrusen Telefon-Pistole, dass ich bis heute den Hörer immer ein wenig abseits halte.“
Werner Herzog hat übrigens, nach eigenen Angaben, sein erstes Telefongespräch mit 17 geführt.
Es gäbe von Sorry Wrong Number eine direkte Verbindung zu den Slasherfilmen 30 Jahre später, sagt Karyn Kusama. Kein Wunder, denn aufmerksames Horchen ist der nackten Angst sehr nah.
„Gerade weil der Gesprächspartner körperlich nicht zugegen ist, ist die telefonische Verbindung eingeschränkter, aber echter; unwirklicher, aber präziser; provisorischer aber spontaner; nebuloser, aber intensiver. Im allgemeinen achtet man bei einem Telefongespräch genauer auf das, was man selbst und der andere sagt, ist mehr bei der Sache. Gefühle, Emotionen und Eindrücke erhalten durch das Telefon mehr Gewicht. Eine gute Nachricht erfreut einen mehr, weil man sie in der größeren Intimität und Abgeschiedenheit unmittelbarer aufnimmt. Eine Unglücksbotschaft nimmt das unerträgliche Ausmaß an, das ihr die Phantasie des Hörers verleiht.“ (Federico Fellini, 1965)
Der Telefonerfinder Alexander Graham Bell, dessen Frau und dessen Mutter taub waren, hatte den Wunsch, man solle sich am Apparat melden mit: „Ahoi, Ahoi.“
Das erfuhr ich von Bob Dylan (nicht persönlich, sondern in einer seiner famosen Radiosendungen).
Die vergessene Bedeutung öffentlicher Telefonzellen wird durch eine Anekdote aus dem Leben Boris Karloffs illustriert: „The long hours in painful monster make-up Karloff endured led him to become a founding member of the Screen Actor’s Guild union. He believed the most powerful studio heads in Hollywood were so opposed to the unionizing of their actors that they tapped his telephone, so he would always walk around with his pockets filled with loose change in order to discuss the Guild on pay phones.“ (Mike Segretto)
Ich stelle mir vor: Die Lokomotivgewerkschaftler (deren Mails von Bahnchef Mehdorn ungestraft gelesen und gelöscht wurden), argwöhnisch ausweichend in öffentliche Telefonzellen, die Taschen voller Kleingeld.
Ich habe mir nicht notiert, wo ich all diese Bilder geklaut habe. Ich mache mir Vorwürfe deswegen.
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In eigener Sache: der Hinweis, dass 3sat heute Die Quereinsteigerinnen ausstrahlt, um 3:50 Uhr in der Nacht (für Frühaufsteher bedeutet das: am Montagmorgen).
Ob es wohl möglich ist, einen Film im Fernsehprogramm so gut zu verstecken, dass niemand, wirklich absolut niemand ihn sieht? Ich glaube, das ist unmöglich.