Einträge von Stefan Ripplinger

Dienstag, 23.09.2008

Immersion

Als ich nach Nolans neuem „Batman“ ein wenig zu eilig dem Ausgang zustrebe, habe ich das Gefühl, mein Parka flatterte hinter mir im Luftzug.

Mittwoch, 30.07.2008

Absolutes Rauchverbot

Journalist: Do you go to the movies?
John Ford: No, never. Because you can’t smoke.

(Bertrand Tavernier, „Notes of a Press Attaché: John Ford in Paris“ (Positif, 82/1967), in Gerald Peary, Jenny Lefcourt, Hg., John Ford. Interviews. Jackson 2001)

Freitag, 18.07.2008

Ein ganzer Film in einem Bild

Hiroshi Sugimotos Fotografien, die gerade in Berlin zu sehen sind, wirken auf den ersten Blick statuarisch und verdichten doch allesamt Zeit. Die Bilder von Wachsfiguren verwandeln sich zurück in die Gemälde, die diesen Puppen als Vorlagen dienten, und erwachen zugleich zu einem gespenstischen Leben, als ob sie Schnappschüsse wären. Lebloses, das zu leben beginnt, ist unheimlich, ist Kino. Kino ist das Thema in dem Zyklus „Theatres“ (1978–2001). Belichtet wurde jeweils für die Dauer eines Films. Der Kinosaal oder der Drive-in nimmt reiche Textur an wie die Pyramiden oder Dome auf den Fotografien des 19. Jahrhunderts, die Leinwand leuchtet. Die Verdichtung der Filmzeit ist Licht. „Different movies give different brightnesses. If it’s an optimistic story, I usually end up with a bright screen; if it’s a sad story, it’s a dark screen. Occult movie? Very dark.“

Freitag, 04.07.2008

Zwei Tragödien in je einem Satz

Ein Vagabund verliebt sich in die Frau eines fetten Spießers, den er umbringt, nur um festzustellen, dass er ihn geheiratet hat. („Ossessione“)
Ein Mann will Cash in einer bargeldlosen Welt. („Point Blank“)
à suivre

Samstag, 21.06.2008

Mr. Ford & Mr. Rogers

Unter dem 3. Oktober und gegen ihn habe ich auf diesen Seiten einen Aufsatz über Johns Ford Filme mit Will Rogers geparkt, „Away, Away, Away“ oder „Ford, Ford, Ford“, ihn seither um Hintergründe zu Rogers und Stepin Fetchit sowie um eine Bibliographie und dies und das vermehrt und nun bei der Jungle World untergestellt.

Donnerstag, 12.06.2008

Tierfilm

Neben vielem anderen ist Murnaus „Sunrise“ auch ein Tierfilm; Ochsen dominieren das Idyll, Hühner müssen wie das Kind versorgt werden, Pferd und Hund wittern den Mordplan, das Wildschwein betrinkt sich mit den Landleuten im Luna Park und tritt als Gespenst auf. (Ich frage mich, ob die Tiere dem stockdummen Plot von Hermann Sudermann oder der überragenden Bildphantasie Murnaus entspringen, bin aber geneigt, Murnau alles Schöne und Interessante zuzuschreiben.)

Samstag, 31.05.2008

Passagen

Bei Manoel de Oliveiras „Palavra e Utopia“ (2000) musste ich an John Huston denken. Schon der Vorspann, eine Fahrt unter Baumwipfeln, erinnert ein wenig an den berühmten Anfang von „The African Queen“, aber frappierend sind die metonymischen Kürzel für die Reisen des unermüdlich missionierenden Jesuitenpaters Vieira, um den es in dem Film geht. Er reist von Brasilien nach Portugal, Schwenk über Meerwasser von links nach rechts, er reist von Portugal zurück nach Brasilien, Schwenk über Meerwasser von rechts nach links – genauso wie in „Prizzi’s Honor“ (1985), die von links nach rechts, von rechts nach links fliegenden Flugzeuge. Ich war dann etwas enttäuscht, als Vieira zum letzten Mal nach Brasilien aufbricht und die Kamera nicht übers Meer schwenkt. Aber als er am Ende gestorben ist, folgt in der genauen Entsprechung zur Fahrt unter den Wipfeln eine über Wasser, als ob er immer noch unterwegs wäre.

Sonntag, 25.05.2008

Bildhauer

Man hat die Handkamera bei Cassavetes für ein Mittel der Verlebendigung, für eine kunstlose Verneigung vor der Kunst der Schauspieler gehalten, aber in „The Killing of a Chinese Bookie“ (1976) ist deutlich zu sehen, dass sie modelliert und verewigt, sie schält Ben Gazzaras Haupt aus dem Dunkel, als ob es das eines Cäsars wäre.

Samstag, 24.05.2008

Living-room

Die Wahrheit über das Kino, das konservieren soll, was verloren geht, in einer Szene von „Fra Diavolo“ (1933): Stanlio fragt Ollio, ob er ihn nach seinem Tod begraben oder ausstopfen soll. Was er denn mit „ausstopfen“ meine, fragt Ollio empört. – „I thought it would be nice to keep you in the living-room.“ Die Szene handelt auf ihre Weise auch von Liebe.

Freitag, 16.05.2008

Remake

Die uninteressanten Künstler sprühen von Ideen, die interessanten kauen auf einem und demselben Gedanken herum. So sind im Grunde alle Fords und alle Ozus Remakes von früheren Fords und Ozus, aber in manchen Fällen ganz explizit; Ford drehte mit „The Sun Shines Bright“ (1953) „Judge Priest“ (1934) noch einmal, Ozu mit „Ukigusa“ (1959) noch einmal „Ukigusa Monogatari“ (1934). Beidemale ist der zweite unendlich viel reicher und differenzierter als der erste, der wie die Skizze zum Gemälde erscheint. Und doch fehlt der Verbesserung etwas, was der Entwurf hat, eine gewisse Lässigkeit, Unbekümmertheit, vor allem Unvollkommenheit.


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