Faszinierend gestern Abend, wie gut gelaunt Klaus Biesenbach durch die von ihm zu verantwortende Ausstellung „Fassbinder: Berlin Alexanderplatz“ lief, deren konzeptuelles Niveau von den gänzlich kunstfernen Bemühungen der Dauerausstellung des Filmmuseums am Potsdamer Platz souverän überboten wird. Vielleicht darf man aber auch einfach nur nicht den Fehler machen, den Installation gewordenen Scherz Ernst zu nehmen. Der Macher jedenfalls hat sich erfreulicherweise einen gut abgehangenen Sinn für Humor bewahrt, wie der rezeptionspädagogische Paratext der Ausstellung beweist: „Sie können sich die extrem lange Dauer des Films individuell einteilen, sich Folgen erneut anschauen oder die Ausstellung mehrfach besuchen.“
Sonntag, 18.03.2007
Dienstag, 13.03.2007
langtexthinweis
* Michael Baute: Februar 07
Montag, 05.03.2007
Nouvelle Vague Allemande: more

„Ich mag ja den Ausdruck 'Nouvelle Vague Allemande' lieber [als 'Berliner Schule']“
Christian Petzold, Berlinale Presse-Konferenz zu YELLA
gesehen auf: Babylon Berlin [Mitte]
Samstag, 03.03.2007
Im Film im Fernsehen
Viermal ist in Raymond Depardons Film SAN CLEMENTE (F 1982) der Fernsehapparat im kargen Aufenthalts- und Essraum der psychiatrischen Anstalt zu sehen.
Beim ersten Mal läuft ein amerikanischer Western, ein Pferd bäumt sich auf, vielleicht ist es verletzt, ein zweites Pferd steht daneben, ein Cowboy den beiden Tieren gegenüber. Er zögert kurz, dann ist ein Schuss zu hören. Man sieht aber nicht mehr, wohin der Schuss abgefeuert wurde.
Beim zweiten Mal ist das Fernsehen zunächst im Off, wir hören nur den Ton, der ebenso gut aus einem anderen Raum der weitläufigen, auf einer Insel vor Venedig gelegenen Anstalt kommen könnte. Jemand spricht ein Gebet, in dem er dazu auffordert, sich zu bedanken. Beim Staatspräsidenten, bei den Sicherheitskräften, bei allen Gendarmen und Carabinieri, aber auch bei denen, die seinen Vater ermordet haben. Als die Kamera hochschwenkt auf den Fernseher und damit das Gesprochene als etwas anderswohin als in diesen Aufenthalts- und Essraum Gerichtetes erkennbar macht, erinnern die Bilder an die vom Staatsakt für Hanns Martin Schleyer. Ich musste an Aldo Moro denken, aber der wurde bereits 1978 ermordet.
Als das Fernsehen zum dritten Mal zu sehen ist, läuft wieder ein amerikanischer Film. Es ist nicht gut zu erkennen, worum es geht, aber es sieht aus, als seien da Gefängniszellen und Leute, deren Schlagstöcke außen an den Gitterstäben entlang rasseln. Wenig später wird Depardons Filmteam von einem Patienten gefragt, für welches Studio sie drehen würden: Paramount? 20th Century Fox? Warner? Ob der Fragende derselbe ist, der sein Radio wie ein Maschinengewehr umgehängt hat und immer Surfmusik hört, habe ich vergessen.
Die vierte Ferseh-Szene, die mit dem betenden Priester, ist kurz, aber das, was er über das Blut des Herrn sagt, greift hinaus auf die Bilder vom kühlen langen Gang, in dem die Leute auf- und abgehen, von rätselhaft-unsichtbarem Beschäftigungseifer gelenkt.
Später sieht man eine leicht bekleidete Frau, die ihrem ebenso leicht bekleideten Partner ins Ohr haucht, wie schön es war und dass sie vorher noch nie einen Höhepunkt gehabt habe. Der Gesichtsausdruck des Volkspolizisten, der im Gegenschuss gezeigt wird, ist schwer zu beschreiben, hat aber wohl etwas mit Sehnsucht zu tun. Im erstaunlich vollen Kinosaal lachen an dieser Stelle viele, aber das Lachen wird von der Schönheit des Moments zurückgewiesen und fällt vor der Leinwand schlaff in den Zuschauerraum.
Es gibt in diesem Film außerdem eine irritierende Sequenz, die mir wie eine real existierende Traumsequenz vorkam. Diesmal ist kein Fernsehapparat zu sehen, sondern der Frühstücksraum des Volkspolizeireviers in der Brunnenstraße. Es sitzen mehrere Polizisten in Uniform um den Tisch herum. Einer von ihnen hat seinen Kopf auf den Tisch gelegt. Er schläft, und gleich neben seiner Mütze liegen mindestens 20 Bananen.
Noch etwas zu VOLKSPOLIZEI: Die Merkwürdigkeit der Anreden. Da sind die „Genossen“, aber dieser Begriff ist für diejenigen reserviert, die in der Partei sind. Die anderen werden, für mich überraschend, fast immer als „Bürger“ angesprochen. Zwar ist in diesem Begriff des Bürgers das Bürgerliche, gegen das sich die DDR als ganze entwarf, fast vollständig getilgt, aber erstaunlich bleibt es doch, dass man sich keinen anderen Begriff ausdachte. Andererseits hätte man die Deutsche Reichsbahn nach 1949 ja vielleicht auch nicht unbedingt weiterhin Deutsche Reichsbahn nennen müssen.
Freitag, 02.03.2007
Donnerstag, 01.03.2007
Kino-Hinweis

[Boogie Doodle, USA 1940]
Im März im Arsenal: Filme von Norman McLaren.
Insgesamt 9 Programme, davon eines auf 35mm, die übrigen leider auf DigiBeta.
Heute, 21.00 Uhr: The Best of Norman McLaren (Wiederholung 4.3.)
Mittwoch, 28.02.2007
Männerphantasien
„So ein Oscar“, staunt Florian Henckel von Donnersmarck, „das ist schon etwas Phallisches“. Er wiegt die glänzende Goldstatuette in der Hand, befühlt sie, hebt sie hoch, kann den Blick kaum von ihr wenden. „Die symbolisiert Manneskraft.“ Und dann lässt er sie tatsächlich rumgehen, damit sie jeder mal anfassen kann. „Ganz schön schwer, was?“
„Da mit meiner Frau zu sitzen, die mir immer die Stange gehalten hat.“
„Wir sind Weltmeister!“, ruft er, seinen Oscar in die Luft schwenkend.
„Sechs Jahre lang war ich im Kampfmodus“, beschreibt er heiser seinen Weg hierher und drückt seine schwangere Frau Christiane dabei fest an sich. „Jetzt, glaube ich, kann ich erst mal aufhören, zu kämpfen.“
„Es ist etwas ganz Besonderes, einen Oscar für sein Land zu gewinnen. In Friedenszeiten schaffen das sonst wahrscheinlich nur Sportler – oder der Papst. Deutschland liegt auf Weltniveau. Und das haben wir auch mit diesem Oscar bewiesen.“
„Mir kam es so vor, als ob mein Leben da erst echt geworden wäre“, versucht er die Gefühle jener Minuten zu beschreiben.
Trotz seiner ungezwungenen Art ist das alte schlesische Adelsgeschlecht nicht zu übersehen, von dem er abstammt. Als er von der wohltätigen Stiftung seiner Familie spricht, schwingt Stolz in der Stimme mit.
Jetzt wird Florian Maria Georg Christian Henckel von Donnersmarck selbst das Leben eines Anderen führen.
Montag, 26.02.2007
Preisverleihung
„Der 2,06 Meter große Sohn eines Lufthansa-Managers, der aus einer alten Adelsfamilie stammt, wuchs in New York, Berlin, Frankfurt und Brüssel auf. In Leningrad erwarb er die Lehrbefähigung für die russische Sprache.“ (FAZ)
Aber zu etwas Wichtigerem: Pascale Ferrans Film „Lady Chatterley“, der zu den drei bis fünf schönsten Filmen gehört, die ich auf der Berlinale gesehen habe, hat 5 Césars gewonnen: Marina Hands für ihr Schauspiel, Marie-Claude Altot für die Kostüme, Julien Hirsch für die Kameraarbeit, Pascale Ferran, Roger Bohbot und Pierre Trividic für die Adaption, außerdem Ferran für den besten Film. Man muss von solchen Preisen nichts halten (obwohl ich mich vor Jahren bei „L’esquive“ auch drüber gefreut habe); entscheidend ist aber wohl, dass Ferran, die vorher große Schwierigkeiten hatte, ihre wenigen Filme zu finanzieren, jetzt weitermachen können wird. Im Gespräch in den November-Cahiers sagte sie, nach den nächsten Projekten gefragt: „Die Produktionsverhältnisse in Frankreich sind so, dass ich ich zum ersten Mal das Gefühl habe, dass es ganz davon abhängt, wie der Film ankommt. Könnte ich von einem Film auf DV träumen, mit dem großen Luxus, den eine extreme Armut erlaubt? Oder darf ich mir etwas vorstellen, das etwas teurer ist?“
Samstag, 24.02.2007
Because of wayward activity: Many things
– … and it’s because of wayward activity, activity based upon unproductive thinking, Bob meets Mr Redman.
– It’s a good title.[…]– Where’s the setting? Are they indoors or out?
– Aaah, they might be in a room——
– Yaahh———[…]
– … and this one looks built up too—
– Ja, there’s different things in there
– Ja——
– It’s real money in it——
– Oh, interesting!
– „Bob burns tree“
– Is there anything embedded in that one?
– Many things.
– Ahhhh——David Lynch talks to Kristine McKenna, eCahiers
Freitag, 23.02.2007
Langtexthinweis
* Daniel Eschkötter: Berlinale 2007 – Nachträgliche Notizen