Donnerstag, 10.11.2011

* Duisburger Protokolle versammelt die Protokolle der Duisburger Filmwoche seit 1977, was eine Geschichte des deutschsprachigen Dokumentarfilms ergibt (und wie darüber gesprochen wurde).

Mittwoch, 09.11.2011

Dienstverpflichtetes Gegenbild

In der großen Ausstellung über den „Naumburger Meister“, wurde auch sein bekanntestes Geschöpf neu in den Blick genommen: Uta von Naumburg. Der Dom und die Figuren im Westchor waren über Jahrhunderte fast unbeachtet geblieben, bis sie im 20. Jahrhundert nicht nur wiederentdeckt, sondern auch missbraucht wurden, in einem Kult des „Ewigen Deutschlands“ im Nationalsozialismus. Eine großartige Studie von Wolfgang Ullrich erzählt – mit vielen spartenübergreifenden Erkenntnissen – davon, wie besonders Uta nicht nur als Bild, sondern auch als „Gegenbild“ auf zynische Weise benutzt wurde, als hoher „Maßstab“ in der Ausstellung „Entartete Kunst“ (zuerst 1937 in München) oder in Fritz Hipplers Propaganda-Film Der ewige Jude (1940). Ullrich schreibt dazu: „In einer Filmsequenz ist die Aussage zu illustrieren, das Judentum sei am gefährlichsten, wenn ‚ihm erlaubt wird, sich in die heiligsten Dinge eines Volkes, in seine Kultur, seine Religion und seine Kunst einzumischen…’ Solange von den „heiligsten Dingen“ die Rede ist, sieht man griechische Tempelsäulen und Statuen, den Bamberger Reiter und Uta, die Köpfe des Adam und der Eva von der Bamberger Adamspforte, Botticellis Geburt der Venus, Michelangelos Fresko Erschaffung Adams aus der Sixtina und eine gotische Mariendarstellung.“

Wolfgang Ullrich schildert die Indienstnahmen, absurden Huldigungen und Projektionen, denen Uta ausgeliefert war. Aber als unentbehrliches Kunstwerk genoss Uta auch besonderen Schutz: „Zusammen mit den anderen Stifterfiguren hatte sie die Jahre ab 1939 hinter Sandsäcken und einer Holzverschalung ‚überlebt’, die als Schutzmaßnahme gegen eventuelle Bombenangriffe und Bombensplitter sogleich nach Kriegsausbruch angebracht wurden, zu einem Zeitpunkt, als man sich um die Zivilbevölkerung wohl noch kaum Sorgen machte. Für die Logik des Krieges bleiben Kunstwerke, anders als Menschen, nämlich Unikate und gelten deshalb auch als wertvoller.“

Wolfgang Ullrich, Uta von Naumburg. Eine deutsche Ikone, Wagenbach Verlag,

Dienstag, 08.11.2011


[28. Februar 1978]

Samstag, 05.11.2011


[26. Februar 1978]

[Anm. der Red.: Aufgrund eines Streiks in Teilen der Redaktion hat die gestrige Ausgabe der NEW FILMKRITIK nicht im gewohnten Umfang erscheinen können. Peter Naus Text „Flammende Herzen“ lag daher nur einem Teil der Auflage bei. Wir drucken den Text hier erneut.]


Die schwierigste Minigolf-Bahn der Welt. (Forstbotanischer Garten, Köln)

Hinter der Sonntäglichkeit des Daseins den Albdruck der Welt zu verspüren, den Blick in einen leeren Briefkasten zu werfen, einen Freitag zu erleben, ohne die gewohnte Lieferung, ohne eine vergilbte Filmkritik aus dem Tagesspiegel! Warum nur, warum muss das sein? Ich weiß den Grund nicht, aber ich weiß einen Trost: Im gerade erschienen Sonderheft 16 von kolik.film widmet sich Jörg Becker in ganz wunderbarer Weise den Texten und Büchern von Peter Nau.

Dienstag, 01.11.2011


[19. Februar 1978]

Freitag, 28.10.2011


[12. Februar 1978]

Dienstag, 25.10.2011


[24. Dezember 1977]

Freitag, 21.10.2011


[3. Dezember 1977]

Donnerstag, 20.10.2011

Strychnin und Tambourin

In den letzten Versen des Markusevangeliums wird „denen, die da glauben“, empfohlen in neuen Zungen zu reden und Schlangen aufzuheben. Ein daraus entstandenes religiöses Brauchtum wurde in West Virginia vor vielen Jahren auf 16mm-Schwarzweißfilm festgehalten. Seit ich Holy Ghost People (1967 Peter Adair, 53 Min.) auf Achive.org fand, erzähle ich ungefragt Freunden und Bekannten, was in diesem ganz unglaublichen Film geschieht, und dass ich so etwas noch nie zuvor gesehen hätte. Von einer noch nie zuvor gefühlten Art von Rührung schweige ich lieber.

Jetzt stieß ich in der Filmsammlung Folkstreams.net auf so etwas wie eine Fortsetzung, ein Remake: In Jesus‘ Name (1991 Al Clayton, 47 Min.), gefilmt auf Hi8-Video in Alabama und in Georgia. Auch hier wird das aufregende Geschehen begleitet von lautem Gesang, elektrisch verstärkter Folkmusic und wildem Tanz. Und egal, was sich über die feinen Unterschiede zwischen beiden Filmen sagen ließe; mag der neuere in Musik und Schnitt einen schnelleren Gang einlegen und vielleicht den kürzeren Atem haben; beide Filme haben auf mich jedenfalls die gleiche Wirkung, in meinem verwirrten Staunen breitet sich warm ein tiefer Respekt aus: vor der Errungenschaft der gemeinschaftlichen Ekstase – als kurzzeitiger Befreiung von der Angst.

In einem schönen Radio-Interview des Senders „npr“ kann man Al Clayton näher kennen lernen.
Und es lohnt sich auf „Folkstreams“ herumzustöbern. Man findet dort eine überwältigende Fülle großartiger Dokumentarfilme. Und viele begleitende Texte, Fotos und sogar Transkripte.
Der Gründer der Plattform ist Tom Davenport, dessen hinreißender Film It Ain’t City Music (1973) dringend gesondert gewürdigt werden muss. In Kürze mehr dazu.


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