Montag, 12.10.2015

Dunkle Wahrheit

1923 - Coeur Fidèle - Jean Epstein

1926 Rien que les heures - Alberto Cavalcanti

1926 Jean Epstein - Mauprat

1927 The Show - Tod Browning

1932 - Chandu The Magician - William Cameron Menzies

1934 - Rapt - Dimitri Kirsanoff

1934 Of Human Bondage  - John Cromwell

1935 - Tokyo no eiyu - Hiroshi Shimizu

1936 - The Prisoner of Shark Island - John Ford

1939 Charlie Chan at Treasure Island - Norman Foster.

1939 Charlie Chan at Treasure Island - Norman Foster..

1940 - The Girl In The News - Carol Reed

1940 Contraband Powell

1947 Black Narcissus

1947 John Mills, The October Man, Roy Baker

1951 The Late Edwina Black - Maurice Elvey

1952 - What Price Glory - John Ford

1955 Marianne de ma jeunesse - Julien Duvivier

1957 - The Three Faces of Eve -  Nunnally Johnson 1

1957 - The Three Faces of Eve -  Nunnally Johnson 2

1957 - The Three Faces of Eve -  Nunnally Johnson 3

1957 - The Three Faces of Eve -  Nunnally Johnson - 4

1958 - The Return of Dracula - Paul Landres

1961 Claudelle Inglish - Gordon Douglas

1961 Der Fälscher von London - Harald Reinl

1961- Der Fälscher von London - Harald Reinl

1962 - Confessions of an Opium Eater - Albert Zugsmith

1965 Tausend Takte Übermut - Hofbauer

1966 - Persona - Bergman

1967 Torture Garden Freddie Francis

1968 Deadfall - Bryan Forbes

1969 - Engel die ihre Flügel verbrennen

1969  Pit Stop - Jack Hill

1974 - Teens in the Universe - Richard Viktorov

1976 - Idole - Klaus Lemke

1977 - Derrick Tod des Wucherers - Brynych

1980 - The Changeling - Peter Medak

1994 - L'enfer - Chabrol

2012 - The Grey - Joe Carnahan

2013 - Les recontres d'apres minuit - Yann Gonzalez

1923 – Coeur Fidèle – Jean Epstein
1926 – Rien que les heures – Alberto Cavalcanti
1926 – Mauprat – Jean Epstein
1927 – The Show – Tod Browning
1932 – Chandu The Magician – William Cameron Menzies
1934 – Rapt – Dimitri Kirsanoff
1934 – Of Human Bondage – John Cromwell
1935 – Tokyo no eiyu – Hiroshi Shimizu
1936 – The Prisoner of Shark Island – John Ford
1939 – Charlie Chan at Treasure Island – Norman Foster
1940 – The Girl In The News – Carol Reed
1940 – Contraband – Powell & Pressburger
1947 – Black Narcissus – Powell & Pressburger
1947 – The October Man – Roy Baker
1951 – The Late Edwina Black – Maurice Elvey
1952 – What Price Glory – John Ford
1955 – Marianne de ma jeunesse – Julien Duvivier
1957 – The Three Faces of Eve – Nunnally Johnson
1958 – The Return of Dracula – Paul Landres
1961 – Claudelle Inglish – Gordon Douglas
1961 – Der Fälscher von London – Harald Reinl
1962 – Confessions of an Opium Eater – Albert Zugsmith
1965 – Tausend Takte Übermut – Ernst Hofbauer
1966 – Persona – Ingmar Bergman
1967 – Torture Garden – Freddie Francis
1968 – Deadfall – Bryan Forbes
1969 – Engel die ihre Flügel verbrennen – Zbynek Brynych
1969 – Pit Stop – Jack Hill
1974 – Teens in the Universe – Richard Viktorov
1976 – Idole – Klaus Lemke
1977 – Derrick: Tod des Wucherers – Zbynek Brynych
1980 – The Changeling – Peter Medak
1994 – L’enfer – Claude Chabrol
2012 – The Grey – Joe Carnahan
2013 – Les recontres d’après minuit – Yann Gonzalez

1976 - Taxi Driver - Scorsese

1976 Taxi Driver - Scorsese
1976 – Taxi Driver – Martin Scorsese

Freitag, 09.10.2015

Akerman

„Es ist zu spüren, ob es in Büchern oder Filmen Wahrheit gibt. Selbst wenn die Wahrheit undeutlich bleibt, vor allem, wenn sie undeutlich bleibt. Wenn sie undeutlich bleibt und es zu spüren ist, dass es Wahrheit gibt, geht unterirdisch und langsam, manchmal sehr langsam etwas vor sich, und gerade wenn du nicht groß darüber nachdenkst, erscheint plötzlich diese Wahrheit und das ist ein außerordentlicher Augenblick und er stellt sich nicht alle Tage ein und er ist gut, er ist so gut, dass du dich mit einem Mal leicht und ruhig fühlst.“
Chantal Akerman (19502015), Ma mère rit, Paris 2013, S. 37.

Donnerstag, 24.09.2015

Fontainhas

Pedro Costas Zyklus über den Lissaboner Slum Fontainhas ist in seiner Bedeutung nur mit Satyajit Rays Apu-Trilogie zu vergleichen. Es sind Filme, die Härte, Schönheit und Intelligenz auf höchst überraschende Weise miteinander verbinden.
Man hat Filme gesehen, die sich dem Elend intim nähern. Man hat Filme gesehen, die das Elend stilisieren. Aber Filme wie diese, die äußerste Faktizität mit höchster Stilisierung verschmelzen, sind neu. Das liegt wesentlich an der ungeheuer aufwändigen Methode, mit der Costa seit No quarto da Vanda (2000) arbeitet (und dank der neuen Digitaltechnik arbeiten kann): Die Protagonisten, allesamt Bewohner des Slums, liefern ihm Geschichten und Sätze zu und in einem Monate währenden Prozess wählt Costa den Raum, die Komposition, das Licht, die Farbe, die Montage, in denen diese Geschichten und Sätze zu leben beginnen. Das hat ihn in seinem neuesten Film Cavalo Dinheiro (2014) von Fontainhas weg, in ein traumartiges Labyrinth geführt. Es lässt sich über Costa sagen, was André Suarès über Dostojewski gesagt hat: Er ist der „Mann, der von der Realität her den Traum nicht schädigt, und nicht vom Traume her die Wirklichkeit“ (Übers. Franz Blei).
Der Zyklus stellt damit alles in Frage, was politischer Film einst sein sollte: Diese Filme sprechen nicht von Ursachen, sie sprechen nicht von Auswegen. Aber sie lassen die Armen sprechen, sie geben ihnen Würde, sie geben dem Elend einen Raum (darüber schreibe ich ausführlich in der Novemberausgabe von konkret).
Wer in Berlin wohnt, hat ausnahmsweise einmal Glück gehabt und kann vom heutigen Donnerstag bis Sonntag sämtliche Fontainhas-Filme im Arsenal anschauen. Der Regisseur ist anwesend.

Montag, 21.09.2015

Hamburger Filmmacher Cooperative (1968 – 1972)

Im Kino im Sprengel in Hannnover läuft, zusammengestellt von Peter Hoffmann, vom 25. September bis 5. Dezember 2015 ein umfangreiches und gut dokumentiertes Programm zur Hamburger Cooperative. Also Filme, die auf den Hamburger Filmschauen liefen und die größtenteils über die Cooperative verliehen wurden: Filme der Hamburger Filmschauen 1968 und 1969, und als letzter Programmblock die Hamburger der Filmschauen ’70 und ’71. Dazwischen bezieht die Retrospektive auch das Vorfeld und das ausgedehnte Umfeld des in der Hamburger Coop repräsentierten ‚Anderen Kinos’ mit ein. (Klaus Wyborny / Die Cinegrafik Produktion – Helmut Herbst, Franz Winzentsen u.a. / Der radikale Underground – Wien, Zürich, Köln / Hellmuth Costard / Politische Filme der Filmmacher Coop / Filme vom Dörnberg und vom Kasseler Filmkollektiv / Filme von Werner Nekes und Dore O. / Filme von Lutz Mommartz und Bernd Upnmoor.)
Vieles ist unbekannt oder so gut wie (oder kennt jemand die ‚politische Filmarbeit’ am ‚Jugendhof Dörnberg’?), anderes kann wiederentdeckt werden, und mein Lieblingsfilm Na und? (1967) von Marquart Bohm und Helmut Herbst ist auch dabei.

Dienstag, 15.09.2015

Cinéma Cinémas

Zehn Jahre gab es dieses Kino-Magazin auf Antenne 2 (1982-1992) – es war auch hier, über Kabel auf TV5 (glaube ich) zu sehen. (Ich habe ab 1986 ein bisschen geguckt und war immer wieder mal ganz entzückt.)
Claude Ventura: „Wir wollten in das Magazin unsere Emotionen und Träume vom Kino reinpacken, fernab jeder Idee von Promotion. Es gab für uns keine didaktischen Absichten, kein Nachrichten-Erfordernis, keinen Aktualitäts-Imperativ, wir folgten dem Schlag unserer Herzen …“
Michel Boujut: „ … Entscheidend für unseren Zugang war dieser Hang zur Fiktion, denn der bestimmte alles Übrige und stellte unsere Identität her. Das gab den Anreiz, den richtigen Blickwinkel zu finden, eine Ambiance herzustellen, Situationen zu erfinden. Eine Suite in einem Hotelpalast, ein Bahnhofquai, ein Swimming Pool, ein fahrendes Auto, ein Waschsalon oder eine nächtliche Bar – die Klischees schüchterten uns nicht ein, solange sie die Farben des Traums hatten und unserer Vorstellungswelt entsprachen.
Cinéma Cinémas bestand aus Resonanzen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, zwischen dem Hier und dem Anderswo, vor allem aber dem Echo zwischen den beiden Küsten des Atlantiks. Es galt, ein Gleichgewicht zu finden zwischen rohem Dokument und besonderem Portrait, Begegnung und Chronik, Interview und essayistischem Fragment. Unsere Ermittlungen und Nachforschungen führten uns unweigerlich auf die Spur der geliebten Phantome von gestern (Louise Brooks, Gene Tierney, Faulkner, Goodis, Capra, Ford, Hitchcock, Welles, Cassavetes und anderen), aber auch der Cineasten, Szenaristen und Schauspieler von heute, den kleinen und den grossen, denjenigen, die man vergisst, und denjenigen, die man beweihräuchert.“

Neben dem Kernteam Anne Andreu, Michel Boujut (die markante Kommentar-Stimme der Beiträge), Claude Ventura gab es auch den in Kalifornien stationierten Philippe Garnier und verschiedene weitere Mitarbeiter (André S. Labarthe, Guy Girard, Christian Meunier, Alain Nahum u.a.m.). Nicht zuletzt die Mitarbeit der Regisseure selber, die ‚screen tests’ mit Schauspielern beisteuerten, einen ‚Filmbrief’ / ‚Lettre d’un cinéaste’ inszenierten (Luc Moullet, Alain Cavalier etwa) oder, wie Godard, dem Team die Türöffner-Szene mit Eddie Constantine / Lemmy Caution aus Alphaville als ‚jingle’ überliessen.
(Ich habe zitiert und übersetzt aus dem Booklet zu „La Collection Cinéma Cinémas“, INA 2008 – eine Auswahl von 12 Episoden von je einer Stunde auf vier DVDs.)

Donnerstag, 03.09.2015

Kinohinweis Zeughaus – Der Mann aus dem Osten und Der Tod des Goldsuchers

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Der Mann aus dem Osten ist ein unbekannter Klassiker, kommerziell nie ausgewertet. Eine Bombe unterm Asphalt, die bei filmhistorischen Ausgrabungen früher oder später hochgeht. Weil ihr Zünder sich nicht entschärfen lässt“, schreibt 2009 Rainer Knepperges in der Cargo, 19 Jahre nach der Premiere von Christoph Willems‘ Film. Vielleicht auch wegen dieses Gefahr ankündigenden Menetekels hat es dann sechs weitere Jahre gedauert bis die Filmarchäologie wieder auf den Film stieß. Neulich, Ende Juli, war „Der Mann aus dem Osten“ schon einmal im Arsenal wieder zu sehen, Matthias Dell kündigte das damals in der taz an, und führt da auch das oben begonnene Zitat aus dem Cargotext von Rainer weiter: „Als Christoph Willems 1990 seinen Film vorführte, habe hinterher Schweigen geherrscht, berichtet Dominik Graf: ‚Alles, was man zu dem Film sagen konnte, erschien falsch. Nichts stimmte. Nur der Film.'“

Morgen, Freitag 4. September 2015, läuft der Film nun im Zeughaus. 18.30 Uhr. Frederik Lang hat ihn da für die „Wiederentdeckt“-Reihe programmiert, zusammen mit dem ebenso – aber ganz anders – phänomenal verblüffenden, einfachen und unvorhersehbaren letzten Westberliner Abenteuerfilm Der Tod des Goldsuchers. Darin ist u.a. das alle Vorstellungen von richtigem Filmschauspiel vaporisierende Dreamteam Irina Hoppe und Florian Koerner von Gustorf zu sehen, die man danach nicht mehr vergessen und immer immer immer wieder wieder wieder sehen will. Ludger Blanke hat den Film an der dffb geschrieben, inszeniert und 1989 fertiggestellt. (Und vor 14 Jahren, 12 Jahre nach der Premiere, dieses Weblog angefangen.)

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Donnerstag, 27.08.2015

dokfilmwoche

Sie lesen gerade einen Hinweis auf die dokfilmwoche. Sie beginnt heute im fsk Kino und im Sputnik und geht bis zum nächsten Mittwoch und ich möchte ihnen einen Besuch empfehlen. 19 Filme, größtenteils aus den letzten zwei Jahren, von denen ich nur drei kenne. Kein übergreifendes Thema, bzw. vielleicht doch das im Vorwort genannte Interesse an »peripheren Perspektiven« – und die Miniaturankündigungen zu den Filmen (größtenteils von Sebastian Markt verfasst), diese so heikle Textform des konzisen Erfassens, machen mich wahrscheinlich auch deshalb erwartungsfroh. Immer wieder habe ich davon gelesen, aber ich habe noch nie einen Film von Rainer Komers gesehen (drei, von 1999, 2010 und 2014 werden gezeigt); ich habe viel Gutes gehört von André Siegers »Souvenir«, und von Ruth Beckermanns »Those Who Go Those Who Stay« und von Thomas Heises »Städtebewohner«, von Ivette Löckers »Wenn es blendet, öffne die Augen«; und auf einem Festival sah ich »Stop the Pounding Heart«, den ich sehr mochte (tiefstes Texas!, Pubertätsbeobachtungen!, Tiere!).
Der zweite Film, den ich aus dem Programm kenne, ist Chris Wrights und Stefan Kolbes »Pfarrer« (*). Vor einem Jahr habe ich dazu ein Video-Essay-Seminar gemacht, in Weimar, und zwei der vier dort entstandenen Filme über »Pfarrer«, motivische Lektüren und Annäherungen, werden am Sonntag nach der Vorführung um 16 Uhr im fsk gezeigt. Ich bin dann auch da.

Sonntag, 23.08.2015

Konstruktiver Realismus

Die Konstruktion von King Vidors Wild Oranges (1923) ist bewunderungswürdig, weil sie das Allerunwahrscheinlichste wahrscheinlich werden und das Wahrscheinliche das Allerunwahrscheinlichste bewirken lässt.
Es beginnt mit einem Stück Zeitung auf einem Weg, das hochweht. Pferde scheuen vor dem Papier, gehen durch, eine Frau stürzt aus der Kutsche, bricht sich das Genick, und das Zeitungsblatt treibt ungelesen weiter, den Weg der ewigen Kontingenz hinab. Nicht selten verketten sich Umstände unglücklich, und an einer solch unglücklichen Verkettung werden wir notwendig sterben, aber so beiläufig, ja kühl wie hier stellt sich der Vorgang doch selten dar.
Noch seltener ist dies: An einer Bucht leben in einem verfallenden Herrenhaus ein alter Mann und seine Enkelin. Seit dem Bürgerkrieg leidet er an klappernder Furcht und hat diese Furcht auf seine Enkelin übertragen. In der Nähe des Hauses befindet sich aber auch ein Sumpfland voller hungriger Alligatoren und streunt ein Zwei-Meter-Mann umher, der eine alte Frau umgebracht hat.
Nun könnte einer sagen, auch wenn der Bürgerkrieg, der die Furcht auslöste, lange vorüber ist, gibt es doch gute Gründe, sich zu fürchten, denn Großvater und Enkelin werden von tödlichen Gefahren umlauert. Doch so ist es nicht. Die Alligatoren lassen sich umgehen und der Koloss ist „part man and part child“, tumb, aber solange ungefährlich, solange er nicht gereizt wird.
Er wird aber gereizt, nämlich eifersüchtig, weil der Bräutigam der Frau aus der Anfangsszene, von ihrem Tod in die Einsamkeit der See getrieben, mit seiner Yacht „Yankee“ in dieser Bucht vor Anker geht und auf die Enkelin trifft. Der Zufall, schreibt Balzac, ist die „zweite Vorsehung“. Und so beginnt ein Horror, der seinesgleichen sucht und ebenso überraschend und logisch endet, wie er begonnen hat.
Das Unwahrscheinliche wahrscheinlich zu machen, ist Konstruktion. Das Wahrscheinliche unwahrscheinlich zu machen, ist Kunst. Dieser Film hat beides, er begründet das erstaunliche Genre des konstruktiven Realismus.

Sonntag, 16.08.2015

Schnittmengen, Bruchstellen

In Wiesbaden, der Landeshaupt-, Kur- und Filmstadt, war 1954 die große Welt zu Gast. Zsa Zsa Gabor logierte mit ihrem Liebhaber Porfirio Rubirosa, allen Illustriertenlesern als Playboy bekannt, im ersten Haus am Platz. Sie spielte die Hauptrolle in dem von Karl Ritter inszenierten Film „Ball der Nationen“; jeder in der Filmbranche kannte Karl Ritter, der schon 1925 Mitglied der NSDAP geworden war, als den Regisseur NS-ideologisch durchwirkter Filme wie „Unternehmen Michael“ (1937), „Stukas“ (1941), „Kadetten“ (1941) oder „GPU“ (1942). Ritter sah das 1970 ganz anders: „Ich persönlich habe keine Propagandafilme gemacht.“ „Ball der Nationen“ ist kein gelungener Film, wegen einer schrillen Koinzidenz aber nicht unwichtig. Zur selben Zeit drehte John Brahm in denselben Ateliers „Die goldene Pest“. Brahm war 1933 über England in die USA emigriert und hatte dort eine Reihe von wenig bekannten B-Filmen gedreht. Was mögen Brahm und Ritter übereinander gedacht, was miteinander geredet haben, falls sie sich getroffen haben?

Gerhard T. Buchholz ist der Produzent der „Goldenen Pest“. Er war ursprünglich Maler und Bühnenbildner und hatte als Vertragsautor der Ufa auch an dem Drehbuch des antisemitischen Films „Die Rothschilds“ gearbeitet. Nach 1945 produzierte er Gegenwartsstoffe wie „Weg ohne Umkehr“ (1953) oder „Viele kamen vorbei“ (1955/56). Weil „Die goldene Pest“ mit einer Bundesbürgschaft abgesichert war, bemühte sich Buchholz, nur nicht als Zeitkritiker mißverstanden zu werden. Es geht um ein deutsches Dorf, das durch die Nähe zu einer amerikanischen Garnison und einer den jungen Soldaten quasi natürlich innewohnenden Vergnügungssucht zu einer Lasterhöhle wird. Dafür gab es ein zeitgenössisches Vorbild, das aber im Film nicht erwähnt werden darf. „Die Geschichte des deutschstämmigen US-Sergeanten, der in seine Heimat zurückkehrt und hier in Deutschland auf so verworrene Verhältnisse stösst, die alle der Dämon Geld heraufbeschworen hat, ist ein rein menschliches Filmthema. Dass es zwischen Amerikanern und Deutschen angesiedelt ist, hat im Grunde wenig zu sagen“, flunkert Regisseur John Brahm im Presseheft.

Maja Figge hat in ihrem sehr klugen Buch „Deutschsein (wieder-) herstellen“ mit dem Sezierbesteck der Theorie herausgearbeitet, dass der Gangster (Heinz Hilpert), dem das moralische Desaster in dem Dorf angelastet wird, antisemitisch konnotiert ist. Ich möchte das ergänzen: der Chauffeur des Gangsters wird von Alexander Golling gespielt, der in Ritters „Ball der Nationen“ den Pressesprecher der russischen (sprich: kommunistischen) Delegation darstellt. „Ball der Nationen“ kam vor „Die goldene Pest“ in die Kinos; die Zuschauer könnten doch nahezu zwangsläufig in dem Chauffeur den in eine neue Maske geschlüpften Vertreter des Kommunismus erkennen, so dass wir es in der Kombination Gangster (Jude)/ Chauffeur (Kommunist) eigentlich mit einer jüdisch-bolschewistischen Verschwörung zu tun haben.

Andererseits wurde Golling, so Wikipedia, wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus, auch der „braune Fürst von München“ genannt. Vielleicht ist es auch nicht ohne Bedeutung, dass Zsa Zsa Gabor in „Ball der Nationen“ unter anderem folgende Zeilen singt: „Wir fragen nicht die andern/ wir tun, was uns gefällt/Wir gehen eigne Wege/ uns gehört die weite Welt.“ Komponist Werner Bochmann sei, so schreibt „Der neue Film“, in der Wahl der Texte eben wählerisch.

Ich gebe zu, das ist jetzt alles sehr verwirrend. Zsa Zsa Gabor demonstriert in „Ball der Nationen“, wie es einfacher gehen könnte. Reporter Percy Buck (Gustav Fröhlich) hat auf einer Staffelei ein Großfoto seiner angebeteten Zsa Zsa; sie schneidet das Gesicht heraus und plaziert ihr eigenes in die Fehlstelle. Die Bruchstellen zwischen dem Glamourbild und dem lebendigen Gesicht sind überdeutlich, aber Percy ist überwältigt vor Glück.

 

Donnerstag, 23.07.2015

Gastfreundschaft oder Gewalt

In den letzten Wochen lernte die halbe Welt Deutschland von seiner wahren Seite kennen. So erging es auch dem bekannten Kameruner Filmemacher Jean-Pierre Bekolo, der nach Deutschland eingeladen war und im Konsulat zu Yaoundé (Jaunde) sein blaues Wunder erlebte. In seinem Offenen Brief an den deutschen und die westlichen Konsuln in Afrika, „Das Konsulat – Ort von Feindseligkeit oder Gastfreundschaft?“, schreibt er:
„Gerade landen Schiffe mit Tausenden Migranten an den Küsten Europas. Mal tut der Westen so, als wäre er blind, mal gibt er sich als Opfer einer Invasion, obwohl diese doch nur ein Rückfluss ist, natürliche Gegenbewegung zu jener, in der die Westler seit Jahrhunderten ihre Grenzen bis zu uns ausgedehnt haben, wir von ihrer Gewalttätigkeit, ihrer Ausbeutung ereilt worden sind und die ansässige Bevölkerung ihre Verachtung zu spüren bekam. Da lohnt es sich, einen Blick auf die Gewalt zu werfen, der ein Immigrationswilliger bereits ausgesetzt ist, wenn er sich noch zu Hause, jedoch in dem Sonderraum des Konsulats befindet.
Das Konsulat ist die Türschwelle, Grenze zwischen zwei Welten, Tür, an die man klopft und die sich öffnet und jenem Kontrollwillen ausliefert, in welchem dein Gastgeber deine Papiere verlangt, weil er anhand ihrer feststellen will, wer du bist, und prüft, ob du es verdienst, eingelassen zu werden. An dieser Türschwelle könnte das anfangen, was bei allen Völkern der Erde bekannt ist: die Gastfreundschaft, die sowohl Migranten einschließen sollte, die von Afrika Abschied nehmen, um ohne Visum in Europa zu scheitern, als auch solche, die offiziell um ein Visum ersuchen, und schließlich solche wie mich, die eingeladen worden sind.
Weil ich zu einem renommierten Berliner Künstlerprogramm geladen wurde, in welchem ich, wenn nicht der erste afrikanische Filmemacher, so doch der erste aus Kamerun bin, stelle ich mich mit Dutzenden anderer Kameruner, die nach Deutschland wollen, vor dem deutschen Konsulat zu Yaoundé in die Schlange. Auch wenn die Erfahrung der Demut nie ganz unwillkommen ist, erstaunt es mich doch sehr, dass es gar keinen anderen Weg gibt, um in dieses Konsulat zu gelangen, keinen, um unbelästigt von schamlosen Blicken eine Anfrage zu stellen und mit Anstand empfangen zu werden. Read the rest of this entry »


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